Reiten mit Lanze und Säbel: VI. Internationale Deutsche Kavalleriemeisterschaften in der Thüringeti
Ausgerüstet und gekleidet nach dem Regelwerk der Kavallerieregimenter von 1500 bis 1920 – so starteten die Teilnehmer in die diesjährigen Kavalleriemeisterschaften in Crawinkel.
Drei Tage lang maßen sich Reiterinnen und Reiter aus insgesamt fünf Nationen in sehenswerten, spannenden Wettbewerben.
Strahlender Sonnenschein und ein azurblauer Himmel über den sanften Hügeln der Thüringeti brachten die vielen bunten historischen Uniformen erst richtig zur Geltung. Spektakulär neben den Schaubildern des Showprogramms waren u.a. auch viele der Einzel-Prüfungen. Dazu gehörten u.a. Schießen, ein Jagdspringen, eine Lanzen- und Säbelprüfung sowie eine Dressur-Prüfung. Sehenswert und spannend zugleich waren vor allem die Lanzen- und Säbelprüfung. Dabei hatten die Teilnehmer die Aufgabe, diverse Ziele mit der Lanze bzw. dem Säbel zu treffen. Logisch, dass der Parcours zu dem auch ein Sprung gehörte, so gestaltet war, dass die Teilnehmer nicht nur einfach treffen mussten, sondern jeweils von oben oder unten, mit umfassen von Säbel oder Lanze ihr Ziel ‚erlegten‘. Am Ende des Parcours zählten nicht nur die Treffer, sondern auch die Zeit. Hier ging’s also richtig zur Sache. „Die Geschwindigkeit ist vor allem beim Säbel ein ‚Muss‘, denn dieser ist im Gegensatz zu dem, was sich ein Laie vorstellt, nicht scharf, sondern stumpf. Allein die Geschwindigkeit des Pferdes und die Kraft des Aufpralls führen dazu, dass die in Fässern steckenden Weidenruten abgetrennt werden können“, erläutert ein Teilnehmer in der Uniform der bayerischen Kaiserulanen.
„Dazu gehört eine ordentliche Portion Fitness“, erzählt uns Fritz Junginger, der den Reitern nach der Prüfung die Lanze abnimmt und festhält, damit sie ungehindert mit dem Säbel reiten können. „Manch einer, der hier teil nimmt, trainiert nebenher im Fitness-Studio, andere laufen. Aber ohne körperliche Fitness geht nichts.“
Am Rande der Wettkampfstätte bot ein historisches Zeltlager ein buntes Bild. Da gab es englische Uniformen, sowohl die der Kolonial-Truppen als auch die mit Bärenfellmütze aus der Heimat zu sehen. ‘Stallgeflüster‘ traf auf einen amerikanischen Scout aus der Zeit der Sezessionskriege, bunt uniformierte Freiwillige aus dem Elb-National-Husaren-Regiment und Franzosen in der Tropen-Uniform sorgten für einen lebhaften Einblick in frühere Zeiten.
Bunt und militärisch ging es in Crawinkel zu – jedoch ohne den Beigeschmack von Militarismus. „Hier geht es um die lebendige Darstellung der Kavalleriegeschichte, deren Grundlage vielfältige Leistung und Gewandheit in dynamischem Gebrauchsreiten bei langer Gesunderhaltung der der besonders gut ausgebildeten Pferde war“, so der deutsche Kavallerieverband über sich selbst. „Unser vornehmliches Ziel ist die Ausbildung und Entwicklung von Kavallerie- und Campagnereiten auf besonders hohem Leistungsniveau, sowohl des Einzelreiters als auch der geschlossenen Formationen. Im Vordergrund steht die Vermittlung und Wiederentdeckung des Gebrauchsreitens, wie es in Deutschland vornehmlich durch die Kavallerieregimenter in den vergangenen Jahrhunderten gepflegt und getragen worden ist.“
So fanden an diesem zweiten September-Wochenende in Crawinkel nicht nur Einzel-Wettkämpfe sondern auch Mannschafts-Wettbewerbe statt. Das Reiten in geschlossener Formation – davon bekamen die Zuschauer während des Schauprogramms ein Bild: Die große Lanzenquadrille der Bayerischen Ulanen zeigte deutlich, wie anspruchsvoll und exakt Reiten in einer Formation ausgeführt werden kann. Der Applaus zeigte dann auch, dass die Besucher diese Vorführung durchaus zu schätzen wussten. Doch auch Talina Lorei mit ihrem Pferd, Akuna Matata begeisterte das Publikum: Sie zeigte die Dressurprüfung von den olympischen Spielen 1912 in Stockholm. Für erneute Action nach dem Gänsehaut-Programm sorgten dann die magyarischen Nadasdy-Husaren aus dem 10. Jh. Besonders schön: Ein Pas de Deux, den zwei eigens aus Lyon angereiste ‚Kavallerie-Fans‘ auf Leih-Pferden aus der Thüringeti in historischer Tropen-Uniform präsentierten.
Keine Meisterschaft ohne Sieger-Ehrung. Auch diese nach historisch-militärischem Reglement – wieder eine Präsentation anspruchsvoller Reitkunst. Alles in allem: Der Besuch bei den Kavalleriemeisterschaften war wieder einmal ein Tag mit viel ‚Gänsehaut-Feeling‘, gut gerittenen Pferden und ein Erlebnis für sich.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm