Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen oder…
…Wer im Herbst sät, kann im Frühjahr ernten
„Grünlandpflege ist ein Thema, das oft zu kurz kommt, obwohl Grünlandbestände multifunktionale Aufgaben im Arten- und Gewässerschutz erfüllen -und als wertvolle Futterfläche zur Produktion von Winterkonserven (Heu/Silage) oder als Weide genutzt werden. Letzteres dient jedoch nicht allein der Futterversorgung, sondern bietet auch Raum für Bewegung und Sozialkontakt. Besonders für Pferde sind intakte Grünlandnarben daher die Basis einer artgerechten Tierhaltung.“
Die Gesprächspartnerin, die uns das sagt, ist keine geringere als die Grünlandberaterin des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen Katharina Weihrauch. Regelmäßig ist die Agrar-Ingenieurin für Landwirte aller Fachrichtungen unterwegs, von der Milchviehhaltung bis hin zum Lama-Zuchtbetrieb und berät im Hinblick auf Verbesserung bzw. Optimierung des Grünfutters für den jeweiligen speziellen Bedarf der gehaltenen Tierart.
„Optimale Pferdehaltung“, so erklärt sie uns, „stellt besondere Anforderungen an das Grünland, denn Pferde sollten im Gegensatz zum Milchvieh, nicht auf zuckerhaltigen Gräsern, wie beispielsweise reinen Weidelgrasbeständen, weiden.“ Dennoch kann das deutsche Weidelgras durchaus zur Verbesserung – auch einer Pferdeweide – beitragen. „Dichter Grasbewuchs mit einem geringen Lückenanteil verhindert das Einwandern von Problempflanzen, denn dort, wo Gras wächst, haben Unkräuter wie beispielsweise der stumpfblättriger Ampfer aber auch Giftpflanzen wie das Jakobskreuzkraut, keine Chance. Außerdem bieten Untergräser eine trittfeste Narbe, was bei Pferden, aufgrund ihrer Bewegungsfreude, besonders wichtig ist.“
„Als Futtergräser eignen sich für Pferde vor allem Obergräser. Sie liefern ausreichend Struktur bei deutlich geringeren Energiegehalten und damit das passende Raufutter für Pferde. Allerdings: Diese für Pferde so bekömmlichen Obergräser sind deutlich trittempfindlicher als die dicht wachsende Wiesenrispe oder das deutsche Weidelgras. Außerdem vertragen sie keinen tiefen Verbiss, da ihre Reserve-Organe nämlich höher liegen als die bei Untergräsern. Das sich die Nutzung direkt auf die Bestandszusammensetzung auswirkt, kann man auch im eigenen Garten beobachten: Dort, wo regelmäßig alle ein bis zwei Wochen kurz gemäht wird, bildet sich ein dichter Rasenteppich, der besser einer intensiven Trittblastung stand hält. Hat man Ecken, die eher selten gemäht werden, so findet man sehr bald hochwachsende Obergräser mit langen Stielen – Pferdefutter. Auch die Wiesen, auf denen Heu gewonnen wird, werden nur etwa zwei Mal im Jahr gemäht. So können sich die Obergräser regenerieren, wenn nicht zu tief gemäht wurde. Gleiches gilt auf der Pferdeweide: Obergras kann in Ruhe nachwachsen, wenn es nicht zu tief und zu häufig abgefressen wird. Bei einer zu intensiven Beweidung hilft auch die Aussaat teurer zuckerarmer Kräuter-Mischungen wenig, da die neu gekeimten Pflanzen umgehend wieder aus dem Bestand verschwinden werden. Stattdessen ist es sinnvoller, sich im Vorfeld zu überlegen, wie man die Flächen so aufteilt, dass sie möglichst nur 2-3 mal im Jahr abgefressen werden.“
„Optimal“, so Weihrauch, „ist die Unterteilung der Pferdekoppeln in Funktionsbereiche d.h. Futter- und Bewegungsfläche.“ Auf größeren Weiden macht es Sinn am äußeren Rand einen Weg/Trail auszuzäunen. Von dort wird die innenliegende Futterfläche schubweise beweidet und nach dem abfressen wieder ausgezäunt, um ausreichend Regenerationszeit zu gewährleisten. Die Bewegungsfläche, zu der auch die Winterausläufe zählen, können durchaus mit strapazierfähigen Untergrassorten angesät werden. Die Flächen dienen nicht der Pferdeernährung, sondern sind begrenzte Areale, auf denen sich die Weidetieraktion (rennen, spielen etc.) konzentriert. Die Ernährung wird in der Weidesaison durch entsprechend extensiv (2-3 mal) genutzte Flächen und im Winter über das zufüttern von Heu sichergestellt. Nach diesem Prinzip wird auch in Aktivställen gearbeitet. Hier entspricht der oft großzügig bemessene und abwechslungsreich gestaltete Paddock der Bewegungsfläche, während die Fütterung über Raufen oder begrenzten Weidegang oft rationiert erfolgt. Die Futterflächen (Weiden und Heuwiesen) sollten bereits im Herbst bearbeitet werden – Narbenlücken können ab August/September nachgesät werden. Außerdem bietet sich der Herbst für die Mistdüngung oder, je nach Ergebnis der Bodenuntersuchung, auch zum Ausgleich des Boden-pH durch eine Kalkung an. Bodenproben, die etwa alle 5 Jahre angefertigt werden sollten, geben Aufschluss über die Nährstoffversorgung, von der wiederum Düngeempfehlungen abgeleitet werden können. Denn: jeder Bissen, den das Pferdes aufnimmt, enthält Nährstoffe, die der Pflanzenaufwuchs zuvor dem Boden entzogen hat. Kalk gleicht abgesunkenen pH-Werte wieder aus, wodurch das Bodenleben und damit letztlich auch die Bodenfruchtbarkeit gefördert wird. D. h. auch die Aufnahme von Stickstoff, Phosphor und Kali durch die Pflanze wird verbessert. Bei verstärktem Auftreten von sogenannten Zeigerpflanzen für niedrige pH-Werte wie Hahnenfuß, Moos aber auch Spitzwegerich, sollte zuerst eine Bodenprobe gezogen werden. Sprechen Sie hierfür den Landhändler oder den Maschinenring in ihrer Nähe an.“
Dennoch gibt es auch Fälle, in denen Unkraut wächst, obwohl im Boden alles in Ordnung ist. „Unternutzung und mangelnde Weidepflege ist ein großes Problem, besonders bei Hobbypferdehaltern“. Typisch hierfür ist das Auftreten von Brennnesseln und Diesteln, die sich oft ausgehende von sogenannten Nestern, in der ganzen Fläche ausbreiten können. „Das passiert vor allem dann, wenn für die Pferde zu viel Fläche vorhanden ist und der Mensch mit der Pflege nicht hinterherkommt“, weiß Weihrauch aus eigener Erfahrung. Sie besitzt selbst zwei Pferde, einen Huzulen und einen Ardenner. „Als ich meinen Resthof kaufte und die Pferde hierher brachte, habe ich mich über jedes Stück Land, das ich angeboten bekam, gefreut. Doch schließlich stellte ich fest: Die Pferde konnten die Flächen nicht sauber abfressen und ich hatte mit der Nacharbeit alle Hände voll zu tun. Ich gab also Weidefläche ab und konzentrierte mich auf die optimale Pflege einer deutlich kleineren Futterfläche“ Rechnerisch lässt sich der Bedarf an Weidefläche wie folgt herleiten. In der intensiven Grünlandwirtschaft können von 1 Hektar (10.000 qm) Futterfläche etwa 2 RGV (Raufutterfressende Großvieheinheiten) ernährt werden. Dies Entspricht etwa 1000 kg Lebendmasse oder etwa 2 Großpferden a 500 kg, die über das gesamte Jahr (12 Monate) von der Fläche ernährt werden können. Wird ausschließlich geweidet und Winterfutter z.B. zugekauft, muss der Aufwuchs während der Vegetation, also in etwa ½ Jahr (Mai – Oktober) abgegrast werden. Für 1 Hektar intensiv geführter Weide wären dann 4 Großpferde ein angemessener Besatz. Werden die Tiere zugefüttert (beispielweise nachts im Stall oder erhalten Ergänzungsfutter z.B. Luzerne-/Heucobs), verkleinert dies die notwendige Weidefläche zusätzlich. Bei weniger intensiv geführten Grünlandflächen, die z.B. keine weitere Düngung erhalten, sollte, ja nach Wüchsigkeit des Standortes und in normalen Jahren mit ausreichend Niederschlag, ein Weidetierbesatz von 1-1,2 GV nicht unterschritten werden. Alles, was weit darunter liegt bedeutet zu viel Futterfläche und führt dazu, dass die Bestände unternutzt/ nicht gleichmäßig abgefressen werden, Bereiche zunehmen in denen gar nicht mehr gefressen wird (Brennnesselnester, Brombeerhecken, Gehölzstrukturen etc.) und viel Weiderest zurückbleibt, wodurch die Grasnarbe zunehmend lückig wird. Damit ist die Grundlage für das Einwandern weiterer Problemarten z.B. Giftpflanzen, geschaffen und die Fläche beginnt zu verwahrlosen. Das Ergebnis sind ungepflegte Weiden, die nicht nur unschön aussehen, sondern auch dem Anspruch an eine artgerechte Futtergrundlage nicht mehr gerecht werden. “
Wir danken Katharina Weihrauch für diese verständlichen Erklärungen eines für den Laien doch recht komplexen Themas und freuen uns bereits heute auf neue Tipps zur pferdegerechten Grünlandpflege.
Kontakt:
Katharina.Weihrauch@llh.hessen.de
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
„Stallgeflüster“ / E. Stamm