Giftpflanzen – Eine lauernde Gefahr für Pferde -Teil 1
Giftpflanzen finden sich überall in der Natur, aber nicht alle sind für Menschen und Tiere in gleichem Maß schädlich.
Jeder Reiter und Pferdebesitzer sollte aber wissen, welche Pflanzen für ein Pferd unverträglich oder sogar tödlich giftig sind. Leider wird die potentiale Gefahr von Giftpflanzen von vielen unterschätzt, weil ihnen entsprechende Fachkenntnisse fehlen.
Außerdem können sich giftige Pflanzenteile unbemerkt unter Heu, Stroh oder Silage mischen, so dass bei den Pferden die instinktiv vorhandene Ablehnung solcher Pflanzen nicht mehr greift. Die hier getroffene Auswahl von Giftpflanzen für Pferde ist eine alphabetische Zusammenstellung der gefährlichsten oder am häufigsten in unserer Gegend vorkommenden Arten.
Adlerfarn (Pteridium aquilinum)
Die gesamte Pflanze ist in hohem Maß giftig für Pferde, weil sie das Enzym Thiaminase sowie verschiedene Blausäureglycoside, Saponin (Pteridin) und Ptaquilosid enthält. Ähnlich wie bei Schachtelhalmgewächsen (Equisetaceae) zerstört das Enzym Thiaminase das lebenswichtige Vitamin B1. Die bis zu zwei Meter hoch wachsende Pflanze kann außerdem die Entstehung von Tumoren oder Krebs begünstigen oder sogar verursachen. Um vergiftet zu werden, müsste ein ausgewachsenes Pferd mindestens zwei Kilogramm über einen Zeitraum von 30 Tagen verzehren, aber auch die tägliche Aufnahme von nur zehn Gramm des Adlerfarns im Heu über mehrere Monate ist tödlich.
Eibe (Taxus baccata)
Blätter, Beeren und Zweige des immergrünen Nadelbaums sind schon in geringsten Mengen wegen des darin enthaltenen Taxin für Pferde hochgiftig. Der Verzehr von 100 Gramm Eiben-Nadeln kann bereits nach wenigen Minuten zum Tod durch Herzversagen führen. Erste Symptome einer Vergiftung sind starker Speichelfluss (Schaum vor dem Maul), Magen-Darm-Entzündung, Durchfall, Blasenentzündung, Krämpfe, Taumeln und Herz-Kreislauf-Kollaps. Bereits des Öfteren gab es Todesfälle, weil abgeschnittene Eibe unbemerkt unter das Raufutter oder die Silage gemischt war.
Eisenhut (Aconitum spec.)
Zu den giftigsten Pflanzen in Mitteleuropa für Mensch und Tier zählt der Blaue Eisenhut (Aconitum napellus), für den es kein Gegenmittel gibt! Das Alkaloid Aconitin, das auch über die Haut aufgenommen werden kann, sorgt in kürzester Zeit für eine Lähmung der Atmung und ein Versagen des Kreislaufs. Seit der Antike ist der Blaue Eisenhut, der vorwiegend auf feuchten Wiesen wächst, als Tötungsgift bekannt. Tödlich für ein Pferd sind etwa 300 Gramm der Wurzeln oder ein Kilogramm der Blätter dieses 50 bis 200 Zentimeter hohen Hahnenfußgewächses (Ranunculaceae).
Ferkelkraut (Hypochaeris radicata)
Das Gemeine Ferkelkraut, ein für Pferde gefährlicher Korbblütler (Asteraceae), über dessen Giftstoffe man noch relativ wenig weiß, sieht dem Löwenzahn sehr ähnlich, wächst bevorzugt auf trockenen und kalkarmen Ton- und Lehmböden und erreicht eine Wuchshöhe von bis zu 70 Zentimetern. Das gelb bis orangefarben blühende Ferkelkraut, das früher häufig jungen Schweinen verfüttert wurde, greift das Nervensystem, den Bewegungsapparat und den Stimmnerv des Pferdes an, sodass der toxisch bedingte Hahnentritt (Australian Stringhalt) sowie Ataxien oder ein nur noch röhrendes Wiehern die Folge sein können.
Fingerhut (Digitalis spec.)
Alle Fingerhutarten sind durch ihren hohen Gehalt an Digitalis für Menschen und Tiere extrem gefährlich. Schon 25 Gramm des getrockneten Roten Fingerhuts (Digitalis pupurea) oder 100 Gramm der frischen Blätter sind für ein Pferd tödlich. Nur zwei Blätter genügen für eine tödliche Vergiftung beim Menschen.
Goldregen (Laburnum anagyroides)
Die gesamte Pflanze aus der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae), die sehr gerne wegen ihres prachtvollen Aussehens als Zierstrauch angepflanzt wird, ist sehr giftig. Die besonders im Samen enthaltenen Alkaloide Cytisin, Laburamin und Laburnin können Schweißausbrüche, Krämpfe, Pulsbeschleunigung, Zittern und sogar Atemlähmung hervorrufen. Rund 250 Gramm der Samenkörner reichen als tödliche Dosis für ein Pferd aus.
Graukresse (Beteroa incana)
Die zehn bis achtzig Zentimeter hoch wachsende Graukresse aus der Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae) kann bei Pferden Apathie, Bewegungsunlust, Steifigkeit, Ödeme an den Gliedmaßen, Hufrehe, Fieber, Fressunlust und eine erhöhte Pulsfrequenz auslösen, was häufig unterschätzt wird. Auch Fehlgeburten sind schon durch Graukresse verursacht worden, die – in großer Menge verzehrt – tödlich wirken kann.
Gundermann (Glechoma hederacea)
Das efeuartige Gewächs gehört zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Eine Dosis von 20 bis 30 Prozent dieser für Pferde stark giftigen Gundelrebe unter dem Grün- oder Raufutter sind tödlich. Erste Symptome einer Vergiftung sind Pupillenerweiterung, Schweißausbrüche, Atemnot, Zittern, starker Speichelfluss und eine erhöhte Herzfrequenz. Viele Menschen dagegen verwenden Gundermann als Heilpflanze.
Herbstzeitlose (Colchicum autumnale)
Die stark giftige Herbstzeitlose, die man leicht mit dem Amaryllisgewächs (Amaryllidaceae) Bärlauch (Allium ursinum) verwechseln kann, wächst auf Wiesen und am Wegesrand. Das vor allem in den Blüten und im Samen (Semen Colchici) enthaltene hochgiftige Alkaloid Colchicin wirkt zwar erst nach einigen Stunden, kann aber bereits bei der Aufnahme von nur 70 Gramm im Heu tödlich sein.
Den zweiten Teil lesen Sie in der nächsten Stallgeflüster-Ausgabe
Jutta Reichwein-Weil und Dr. Bernd Weil