Im Portrait: Westerntrainerin Julia Schwehn aus Herborn
Das Motto der Trainerin A Westernreiten: „Stillstand ist Rückstand“ und „Wer rastet der rostet.“ Bei der 43-jährigen Julia Schwehn aus Herborn- Seelbach sind das nicht nur Sprüche. Schaut man allein auf die Liste ihrer letzten Fortbildungen wird einem schnell klar, dass man es hier mit einer absoluten Powerfrau im Pferdesport zu tun hat
In diesem Jahr absolvierte die gelernte Industriekauffrau, die das Reiten als ihr Hobby bezeichnet, erfolgreich die Prüfung zur Trainerin A-Westernreiten (FN/EWU). Sie besitzt zudem die Zusatzqualifikation für Reiten als Gesundheitssport und ist Sattelberaterin für PK (Peter Kreinberg)-Sättel. Sie hat die Zusatzqualifikationen „FN-Bodenarbeit“ und „Sitz und Gleichgewichtsschulung“ und bildet sich auch im Bereich Voltigieren weiter. Daneben ist Julia Schwehn aktive Turnierreiterin. Mit ihrem Pferd Kings Blue McCue wurde sie beispielsweise 2014 Hessen-Trophy-Champion in der Disziplin Trail in der Leistungsklasse 1 und erreichte die Bronze Medaille bei der EWU-Hessenmeisterschaft in Fritzlar. 2011 wurde sie mit ihrem Wallach Hessen Champion in der Disziplin Junior-Trail, wie bereits 2010 in der Jungpferde-Trail. Die Westernfrau findet es schade, dass für viele ihrer Trainerkolleginnen und -kollegen nach der Prüfung Schluss ist mit deren Fort- und Weiterbildung. Sie meint, da sei auch von den Trainern selbst mehr Engagement bei der eigenen Fortbildung gefragt.
In ihrem Reitverein mit dem Namen: „Fairplay 4 Horses“ in Herborn-Seelbach gibt Schwehn Western-Reitunterricht für Freizeit- und Westernreiter. Darüber hinaus erteilt sie zweimal in der Woche Voltigierunterricht für eine große Kindergruppe. Lehrgänge gibt die gebürtige Herbornerin beispielsweise in den Western-Reitabzeichen, TGT-Bodenschule, Roundpen-Schulung, Fallkursen oder Reiten als Gesundheitssport, sowie „Besser Sitzen“ und Trail-Kurse. Wichtig ist ihr nicht nur der faire Umgang mit dem Pferd, sondern auch der Spaß der Reitschüler. Bei ihren ersten eigenen Reitstunden auf Schulpferden habe sie sehr negative Erfahrungen gemacht. „Es gab keinerlei Anleitung beim Satteln der Pferde, ich fühlte mich allein gelassen und beim Abteilungsreiten herrschte großer Druck auf die Teilnehmer. Auf dem Pferd kam ich mir vor, wie auf einem Schlitten, den ich nicht steuern kann“, erzählt Schwehn im Gespräch mit „Stallgeflüster“. Die Pferde hätten ihr damals leid getan. Nach drei Unterrichtsstunden wechselte sie die Reitanlage. Sie habe sich damals geschworen, den Unterricht später anders zu machen. Bei ihrer Orientierung hin zur „richtigen“ Reitweise half ihr zweites Pferd Saida, eine Schimmelstute, mit der Schwehn höchst erfolgreich an Reiter-Rallyes teilnahm. Bereits seit ihrer Kindheit fühlte sich die Reiterin zu Pferden hingezogen, durfte bei Nachbarn oder Freunden auch einmal aufs Pferd, bevor die Eltern ihr mit 11 Jahren das erste eigene Pferd kauften. Mit dem Welsh-Pony Ratja ging es erst einmal ins Gelände. Sich einfach vom Pferd durch die Natur tragen lassen, war für das Mädchen das Größte. Über die klassische Dressur, die altkalifornisch-iberische Reitweise und einem „Mischmasch“ aus Freizeit- und Westernreiten kam Schwehn schließlich zum Westernreiten und fand hier das, was sie an anderen Sparten der Reiterei vermisste. „Die Vielfalt hier hat mich fasziniert-Ich wollte mehr davon lernen“, so die Trainerin. 2001 nahm sie an einem Lehrgang bei George Maschalani in Erbach teil. „Der hat mich dann gescheit aufs Pferd gesetzt“, schildert Schwehn, die bis heute Kurse bei Maschalani besucht. Der Trainer aus dem Odenwald habe ihr gezeigt, wie wichtig ein ausbalancierter Sitz für das Reiten ist, „egal bei welcher Reitweise.“ Maschalani motivierte Schwehn auch, 2002 ihre Trainerin-C-Prüfung im Westernreitsport zu machen. Dies war dann allerdings nicht die letzte Prüfung als Ausbilderin. „Danach wollte ich immer mehr, um das Pferd besser zu verstehen“, so Schwehn und fügt hinzu: „Ein Leben allein reicht wohl nicht, um alles über das Reiten zu wissen.“ Man müsse manchmal einfach das Ganze betrachten und verstehen, was ein Pferd braucht. Die Trainerin, die neben Maschalani bei Peter Kreinberg, Oliver Wehnes oder Henning Daude trainiert, bezeichnet sich selbst als „Sitzfetischist.“ Habe der Reiter einen ausbalancierten Sitz, sei auch das Pferd unter dem Reiter glücklich.
Sie reite auch selbst bis heute Turniere, weil sie zeigen wolle, dass man keine „Rollkur“ benötigt, um ein Pferd erfolgreich zu reiten. Schwehn liegt sehr daran, den Leuten die leichte Art des Westernreitens näher zu bringen. In diesem Jahr trat sie beispielsweise mit einigen Kolleginnen bei der Hengstparade in Dillenburg auf. In der Schaunummer wurden die Disziplinen Western Horsemanship, Ranch Riding, Trail und Western Riding vor 5000 begeisterten Zuschauern gezeigt. „Westernreiten kann so schön sein. Wir hatten alle totalen Spaß bei dem Auftritt.“ Dass für die zierliche Frau der Spaß am Umgang mit dem Pferd im Vordergrund steht, merkt man gleich, wenn man sie mit ihrem Pferd McCue oder mit den Schulpferden sieht. Und auch ihre Kinderkurse im Voltigieren scheinen nicht nur der Trainerin Spaß zu machen. Seit Jahren gibt es Wartelisten für die Teilnahme an den Kursen.
„Stallgeflüster“ / Tanja Radermacher