Verbandsschleppjagd des PSV Hessen: Der RuF Lich lud ein
Goldene Blätter, Nebel, der aus den Wiesen aufsteigt – so kann der Oktober ein goldener Monat sein. Das ist die Stimmung, bei der es passionierten Jagdreitern in allen Gliedmaßen kribbelt: Zu Pferd durch die goldenen Wälder, im Galopp über Wiesen. Das ganze hinter einer Hundemeute, die mit lautem Geläut vorausläuft, Strecke und Tempo bestimmt.
Jagdreiten ist eine der ältesten Formen der Jagd, früher einmal zur Fleischbeschaffung notwendig, später ein Vergnügen für Kaiser, Könige und Edelleute. Die Jagd auf Wild ist in Deutschland bereits seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts verboten. Dennoch: Die Tradition wird noch immer gepflegt.
Die Jagd-Strecke, bzw. Schleppe (Fährte oder Scent), der die Hunde folgen, wird künstlich gelegt. Der Schleppenleger hat einen Tropfkanister hinter dem Sattel aufgeschnallt aus dem er flüssigen Duftstoff auf die Strecke tropft. In der Taunus-Meute ist es Pansenlauge, bei anderen Meuten Fuchslosung, Heringslake, Fenchel oder auch Anis. Einige wenige Meuten, begnügen sich allerdings auch mit der Naturfährte, d.h. dem Geruch der Pferdehufe des Schleppenlegers. Der Begriff Schleppjagd‘ kommt daher, dass früher die Schleppenleger eine Kugel oder einen Schwamm, die mit Duftstoffen präpariert waren, manchmal auch eine Hirschkeule, an einem Seil hinter sich herzogen. Die Traditionen mit Bläsern, die die Signale geben, das Stelldichein beim Abritt und das Curée (Fütterung der Hunde zur Belohnung) als Abschluss der Jagd sind noch heute die Höhepunkte einer Schleppjagd.
Einmal jährlich findet in guter alter Tradition auch die Verbandsjagd des PSV Hessen statt. So auch in diesem Jahr am letzten Wochenende im Oktober. Ausrichtender Verein war der RuF Lich unter Vorsitz von Hans-Heinrich Walz und Klaus Biedenkopf. Das leicht hügelige Gelände des Vereins zwischen Taunus und Vogelsberg ermöglicht eine landschaftlich wunderschöne Jagdstrecke. Rund siebzehn Kilometer hatte der Verein als Strecke vorbereitet: Dazu gehörten in diesem Fall zwölf Sprünge, naturnahe Hindernisse, die jedoch „einladend aufgebaut waren“, so Klaus Biedenkopf, zweiter Vorsitzender des Vereins.
Die rund 50 aktiven Reiter, die der Equipage und den Foxhounds der Taunusmeute folgten, gliederten sich in drei Felder: Das erste, geführt von der Équipage (Hundeführern) und dem Jagdherrn Rainer Döll nahm alle Sprünge. Im zweiten Feld unter Führung von Prof. Sven Pohl konnten Sprünge auf beiden Seiten umritten werden. Ein drittes Feld war für ‚Einsteiger‘ oder Reiter mit jungen Pferden als Schritt-Trab-Feld unter Führung von Till Schmidt vorgesehen.
Das Reglement beim Reiten in einem Feld ist streng, um Unfälle bei hohen Geschwindigkeiten und an Sprüngen zu vermeiden. Schließlich wird hier nicht hintereinander sondern im Pulk geritten. Zu den Jagdregeln gehört u.a., dass der Master, der das Feld führt, nicht überholt wird, damit die Hunde nicht gefährdet werden und der Master das Feld lenken kann.
Es muss Strich geritten werden, das heißt, das Jagdfeld darf nicht gekreuzt werden. Reiter/-innen, die quer zum Feld reiten, gefährden sich und andere. Wenn das Pferd verweigert, muss der Sprung sofort freigegeben werden, also zur Seite geritten werden, damit kein Stau entsteht und die nächsten Pferde springen können. Ein Pferd, das zum Ausschlagen neigt, muss mit einer roten Schleife im Schweif gekennzeichnet werden.
Geteilt wurde die siebzehn Kilometer lange Strecke in Lich durch zwei Stopps, bei denen sich Reiter, Pferde und Hunde erholen und eine Erfrischung zu sich nehmen konnten. Natürlich begleitet von Klängen bzw. Signalen der Seenbachtaler Jagdhornbläser. Sie blasen noch heute die traditionellen Signale, die vor Jahrhunderten das Handy ersetzten, weithin zu hören waren und über den Stand der Jagd informierten. Auch für die rund 350 Zuschauer und Gäste hatte der Verein gesorgt: Sie konnten von Autos aus oder auf einem der fünf teilnehmenden Gespannen (darunter zwei Planwagen) die Jagd verfolgen.
Um elf Uhr hatte man sich an diesem etwas nebligen aber trockenen Sonntag zum Treffen (Stelldichein) zusammengefunden, ein farbenfrohes Schauspiel für Gäste und Zuschauer. Die rot leuchtenden Jacketts der Reiter, die bunten Foxhounds, die schon ungeduldig warteten, dass es endlich losging, während Dr. Michael Weiler noch die Grüße und das Dankeschön für die Ausrichtung der Jagd des PSV an den Verein überbrachte. Dann um zwölf Uhr – endlich für die Hunde – das Hornsignal zum Aufbruch.
Schnell waren die Hunde an diesem Sonntag – war das Ende der Jagd für 15.30 Uhr geplant, kamen die Reiter, die den Hunden folgten, deutlich vor dieser Zeit zurück und die Bläser verkündeten weithin hörbar das Ende der Jagd und kündigten das Curée für die Hunde an, während die Reiter den traditionellen ‚Bruch‘ in Empfang nehmen durften.
„Der Hintergrund der Schleppjagd in Deutschland ist international geprägt: Man reitet englisch in flottem Galopp hinter schnellen Hunden und über Hindernisse, folgt französischen Zeremonien und Musik-Signalen, die aus der Hirsch- und der Parforcejagd des Mittelalters stammen, und ehrt die Reiter nach deutschen Ritualen aus der grünen Jagd. So erhalten die Teilnehmer im Anschluss an den Ritt und nach der Belohnung der Hunde vom Jagdherrn oder seiner Dame einen ‚Bruch‘ als Andenken überreicht. Vor dem Hubertustag , dem 3.November, besteht dieser aus einem Eichenzweig, danach aus Fichte,“ liest man auf der Internetseite der Taunusmeute über diese Tradition.
Nach dem Dankeschön von Dr. Konstantin Mettenheimer an die Meute, Bläser, Pferde und Reiter sowie den Verein ging’s zum ebenfalls traditionellen gemütlichen Beisammensein mit Speis und Trank in die Licher Reithalle. Hoffen wir, dass die Tradition des Jagdreitens mit spektakulären Herbst-Bildern und Erlebnissen auch künftig noch von vielen Vereinen gepflegt wird und werden kann.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm