Rottaler Pferde
Allein in Deutschland stehen mehr als 130 Nutztierrassen auf der Roten Liste der gefährdeten bzw. vom Aussterben bedrohten Nutztierarten. Warum solche alten Rassen, die in punkto Leistung, insbesondere Milch- und Mast- oder Legeleistung mit den modernen Leistungsrassen nicht mithalten können, für die Zukunft erhalten? Weil sie optimal an unsere heimischen Regionen angepasst sind, unsere Kulturlandschaften pflegen, ob in den Bergen, auf Feuchtwiesen oder extensivem Grünland, weil sie genügsam und robust sind und an Orten eingesetzt werden können, wo Maschinen an ihre Grenzen kommen. Sie tragen zur Einzigartigkeit und Erhaltung einer regionalen Kulturlandschaft bei. Darüber hinaus kann ihr Genpool dazu beitragen, die Tierzucht an sich ändernde Bedingungen wie den Klimawandel anzupassen. Ganz oben auf der Liste der gefährdeten einheimischen Nutztierrassen steht bei Pferden das Rottaler-Pferd.
Nur der Initiative und dem Engagement einiger privater Züchter ist es zu verdanken, dass das Rottaler Pferd vor dem Aussterben gerettet wurde. Karl Degenhart ist einer dieser Enthusiasten.
Er hat sich den Rottaler Pferden verschrieben. In seinem Stall steht die weltweit größte Gruppe von etwa 20 Tieren. Der neue Zuchtaufbau setzt auf Töchter von „Original Rottaler Stuten“. Viele Nachkommen entsprechen dem klassischen Erscheinungsbild und dem Charakter des Rottaler Pferdes.
Dennoch stehen die Rottaler Pferde noch immer auf der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen in Kategorie I = extrem gefährdet. Weltweit gibt es derzeit nur um die 80 – 100 Pferde dieser Zucht.
Charakter
Das Rottaler Warmblutpferd ist ein edles Universalpferd. Ein vorzügliches, verlässliches Reit- Fahr- und Freizeitpferd mit schwungvollen, raumgreifenden Bewegungen, das auch gerne springt. Rottaler sind Allroundkünstler sowohl im Freizeitbereich als auch für gehobene Ambitionen.
Rottaler Pferde sind freundlich und gelassen im Wesen, mit gutem Charakter und ausgeglichenem Temperament. Nichts bringt sie so schnell aus der Ruhe. Diese traditionelle Vielseitigkeit soll erhalten werden, das ist oberstes Züchterziel und spiegelt sich in der Zuchtprüfung wieder.
Geschichte
Das Rottaler Pferd ist nachweislich die älteste, neben der ostfriesischen, geschichtlich erwähnte Pferdezucht in Deutschland. Die Entstehung der Pferdezucht kann bis ins 9. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Im Rottal/Niederbayern wurde auf der Grundlage ungarischer Beutepferde mit arabischer Blutführung gezüchtet.
Im Jahr 1558 ließ Herzog Albrecht IV dort wertvolle Zuchthengste auf Klosterhöfen verteilen, die auch für die Bauern Verwendung finden sollten. Die Veredelung der damaligen Landrasse wurde angestrebt. Später wurden die Rottaler als schnelle, ausdauernde Militärpferde als Artilleriezug und Reitpferde hochgeschätzt. Bis in die 1950er Jahre stellte der Rottaler die bedeutendste Warmblutpopulation in Bayern. Im Jahr 1963 wurde das Brandzeichen „R“ in „B“ geändert. Die Umstellung der bayerischen Pferdezucht vom warmblütigen Wirtschaftspferd zum reinen Sportpferd brachte den vielseitigen Rottaler an den Rand der Existenz. Dennoch führt noch heute ein hoher Prozentsatz bayerischer Sportpferde Rottaler Blutanteile.
Im Jahre 1994 wurde das Rottaler Zuchtbuch (22 Tiere) wieder aufgelegt, um dieses Erbe zu bewahren und aus den originalen Mutterlinien ein formschönes, vielseitiges und fruchtbares Pferd zu züchten. Die Population steigt kontinuierlich an und umfasst derzeit ca. 80 bis 100 Tiere. Die Zucht wird staatlich gefördert. Archiv Feuerschwend