Statement des Initiators zur Reiter-Demo Kassel am 17.02.2024
Mein Name ist Tobias Kallenbach, ich bin 35 Jahre alt und lebe seit 2007 in dem nordhessischen Dorf Hombressen (nähe Kassel). Als ich zur Weihnachtszeit 2023 von den ersten Protesten der Bauern und Landwirte gehört habe, wuchs mein Interesse bezüglich der Gründe für diese. Ich fing also an zu recherchieren und sehr schnell wurde mir klar, dass hier eine gewaltige Welle im Anmarsch war. Seit der ersten größeren Aktion am 08.01.2024 bin ich aktiv mit auf der Straße dabei.
Im Nordhessischen Raum um Kassel fiel mir auf, dass die ursprünglich vom Bundesbauernverband ausgehenden Aktionen rasch nachließen und dieser auch mehr oder weniger ignoriert, dass sich bereits mit Beginn der ersten Proteste viele Unternehmen des Mittelstands anschlossen. Die Bauern hatten ursprünglich ihre zwei Forderungen „Vollständige Rücknahme der Streichung der Agrardieselsubvention“ und „Rücknahme der Streichung der Kfz-Steuerbefreiung“ an die Regierung gestellt. Viele weitere Unternehmen schlossen sich an, viele weitere Forderungen aus der Wirtschaft und dem Alltag werden nach außen getragen. Beispielsweise bezahlbare Energiekosten, Mobilität, Steuererleichterungen, Bürokratieabbau, faire Migration, Pflege- und Gesundheitswesen reformieren, etc. So war mein Gedanke als „Cowboy“ und Pferdebesitzer: „Pferdehaltung muss bezahlbar bleiben!“ Unter diesem Motto habe ich den Demonstrationszug am 17.02.2024 bei der Stadt Kassel angemeldet und mit einem Team an Helfern erfolgreich durchgeführt. Die Pferdehaltung ist ein großer Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Mit rund 1,3 Mio. Pferden, 2,3 Mio. Pferdesportlern, 11 Mio. Interessierten, 5.000 Hufschmieden, 7.300 Reitvereinen und 17 Landesverbänden und nicht zu vergessen dem DOSB, sind wir Reiter und Pferdehalter unter anderem der Hauptgeschäftsgegenstand von über 10.000 Firmen/Handwerksbetrieben und Dienstleistungsunternehmen mit insgesamt rund 6,7 Mrd. Euro Jahresumsatz. Abhängig sind wir nicht nur von bezahlbaren Industriewaren, sondern ebenfalls von bezahlbaren Unterstellmöglichkeiten, landwirtschaftlichen Futtermitteln wie Heu, Stroh und vielen weiteren Dingen, die sich bereits stark verteuert haben. Warum sollte man hier also nicht auch für seine Forderungen auf die Straße gehen?! Die Reichweite zu Teilnehmern, die teilweise rund 150km Anfahrt bis nach Kassel hatten, ist gigantisch. Anfangs hatten sich rund 120 Teilnehmer mit Pferd und weitere rund 200 Fußgänger zu dem Protestmarsch 9 km durch Kassels Innenstadt angemeldet.
Als medial bekannt wurde, dass dieser Aufzug geplant ist (auch unter Tierschutzauflagen geprüft!) und von der Stadt Kassel genehmigt wurde, leisteten einige „Möchtegerntierschützer“ ganze Arbeit und prangerten diesen Aufzug negativ an. Unter anderem wurden unqualifizierte Aussagen einer TMA und eines Vereinsvorsitzenden aus einem benachbarten Reitverein in Kassel in der lokalen Presse und auf Social-Media veröffentlicht. Es wurden u.a. Aussagen getroffen, dass es einem Pferd als Fluchttier unter keinen Umständen zugemutet werden darf, sich in einer lauten Großstadt im gefährlichen Straßenverkehr zu bewegen. Die Tiere würden in eine enorme Stresssituation gebracht und sollten nicht für demonstrationszwecke missbraucht werden. Im gleichen Atemzug kam jedoch auch die Aussage, dass die Pferde, die an Festumzügen teilnehmen, handverlesen ausgesucht würden. Auf meine Frage, was der Unterschied zu einem (meist noch wesentlich lauteren!) Festumzug sei, bekam ich nie eine Antwort. Diese negative Berichterstattung im Vorfeld hatte ein schrumpfen der angemeldeten Teilnehmerzahl zur Folge, da sich einige dann nicht mehr getraut haben, sich öffentlich zu beteiligen.
Fakt ist: alle Pferde wurden von unserem Organisationsteam und einem Tierarzt augenscheinlich geprüft. Wir konnten keinen erhöhten Stresspegel oder sonstige „Mängel“ bei den rund 60 anwesenden Ponys und Pferden feststellen. Aus tierschutzrechtlicher Sicht gab es also keine Bedenken. Der Aufzug verlief durchweg in Ruhe und ohne Zwischenfälle. Wir hatten auch im Vorfeld explizit darauf hingewiesen, dass die Reiter selbstkritisch entscheiden sollten, ob sie ihren Schützlingen eine Teilnahme zumuten können.
Seit über 20 Jahren sitze ich mal mehr und mal weniger im Sattel, habe viele verschiedene Pferde, Reitweisen und Umgangs- und Haltungsformen kennen gelernt und bin seit 2020 stolzer Besitzer eines eigenen Pferdes. Ich kaufte mir eine „rohe“ vierjährige spanische Import-Stute, nicht wissend, dass diese trächtig war und wollte sie ausbilden. Im Laufe der Zeit wurden wir ein gutes Team, bis ich das Training aufgrund der Trächtigkeit und späteren „Mutterzeit“ einstellen musste.
Die kleine Flashi (Flashdance) war geboren und forderte von der ersten Minute eine Menge Aufmerksamkeit von mir. Sie ist äußerst intelligent, gelehrig, verschmust, frech und ich habe sie so fest in mein Herz geschlossen, dass ich mich (als die Entscheidung aus zeitlichen und finanziellen Gründen getroffen werden musste) dazu entschied, die Mutterstute in gute Hände weiterzuverkaufen um mich voll und ganz auf die Kleine zu konzentrieren. Man lernt so vieles gemeinsam und ich bin schon wahnsinnig gespannt auf das erste Anreiten im kommenden Winter. Pferde und vor allem das Reiten ist für mich die Freiheit und Lebensfreude pur. Nirgendwo sonst kann ich so entspannt und zufrieden sein wie bei und mit meinem Pferd.
Viele Grüße aus Nordhessen,
Tobias Kallenbach