Engagement für das, was einem am Herzen liegt
Jedes Jahr freuen sich Forschungseinrichtungen medizinischer und tiermedizinischer Fakultäten über einen Stiftungspreis von Dr. Dr. Ernst von Wnuck. Doch nicht nur die medizinische Forschung profitiert von den Geldern – auch manch privates Engagement und die Stadt Aschersleben wissen die Unterstützung durch die Stiftung zu schätzen. Doch welche Zutaten und welche persönliche Geschichte verbirgt sich hinter einem solchen Engagement? ‚Stallgeflüster‘ sprach darüber mit Dr. Dr. Ernst von Wnuck.
„Nun, ich habe in meinem Leben viel erlebt und viel gelernt“, erzählt der Mediziner, der 1939 in Aschersleben, einer mittelalterlichen Stadt in Sachsen-Anhalt das Licht der Welt erblickte. Nur wenige Monate vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges geboren, wuchs der Junge hauptsächlich bei den Großeltern auf. Einer der Großväter war Landwirt, der andere Pferdehändler. „So hatte seit meiner frühesten Kindheit engen Kontakt zu Pferden. Wenn wir Ausflüge oder Besuche machten, spannte Opa, der Pferdehändler die Warmblutpferde an und los ging’s. Mein anderer Opa ließ uns später die schweren Arbeitspferde reiten, wenn wir mit der Kutsche bei Familienfesten zu Besuch waren.“
Trotz des Krieges bekam der Junge dann schon mit vier Jahren sein erstes Pony ‚Hans‘, später dann eine kleine Kutsche dazu. „Mit Hans hatte ich viel Spaß, er machte brav alles mit, was man wollte. Aber ich durfte natürlich auch die Großpferde reiten. Dazu musste mich dann immer jemand begleiten und so ritt ich dann durch die Stadt und die Umgebung.“
„Nach Kriegsende lebte auf dem Grundstück meines Opas ein Tierarzt für Großtiere. Ihn durfte ich häufig begleiten und so kam es zu meinem Berufswunsch: Ich wollte Tierarzt werden.“ Ernst von Wnuck hatte jedoch als Schüler bereits Aushilfsarbeiten beim Tierarzt in Aschersleben ausgeführt. Aber auch das war schwierig für einen – wie man heute so schön sagt – Teenager aus der russisch besetzten Zone bzw. dann der DDR. „Für einen Studienplatz musste die Abitur-Prüfung in der BRD noch einmal in einem Anerkennungskurs wiederholt werde und ich kannte dort auch niemanden.“
Bereits im Alter von 16 Jahren hatte sich der Schüler Gedanken gemacht, wo er später am besten Veterinär-Medizin studieren könnte. – Ein Cousin war Tierarzt der Veterinär-Churgie Leipzig. Der vermittelte ihm ein Gespräch mit dem dortigen Dekan, der ihm zuriet, nach Hannover zu gehen, dort sei die beste Ausbildungsstätte in Deutschland für Tiermedizin.
„So war die Entscheidung dann schnell getroffen“, berichtet der Mediziner. „Ich bekam samstags mein Abitur-Zeugnis und am Montag war ich weg, trotz aller Bedenken und Vorbehalte von Eltern, Großeltern und Bekannten. Ja, mir war auch bewusst, dass ich nie zurückkommen konnte – schließlich war ich republikflüchtig. Trotzdem war das im Nachhinein gesehen, eine richtige, wenn auch schwere Entscheidung.“
Sesshaft in Hannover wurde der junge Ernst von Wnuck jedoch nicht. Anfang der 60er Jahre ging er während der Semesterferien nach Chicago und arbeitete dort in einer Kleintierklinik. Danach studierte er in Wien. Was ihn jedoch faszinierte war der Wiener Professor Otto Überreiter. Dieser war sowohl Veterinärmediziner als auch Hochschullehrer, Professor für Chirurgie und Augenheilkunde sowie Rektor an der Tierärztlichen Hochschule Wien und Arzt. 1964 erhielt der damals 25jährige Ernst von Wnuck seine Approbation als Tierarzt.
Nach erneutem längerem Studienaufenthalt in den USA und der Medizinal-Assistentenzeit an der Universität Berlin promovierte der junge Mann 1965 in der Veterinär-Medizin und 1969 in der Human-Medizin. Jetzt galt es nur noch für einen so hochqualifizierten Arzt eine passende Anstellung zu finden. Die fand sich in Düsseldorf, als Leitender Arzt in einem Arbeitsmedizinischen Zentrum. Dort konnte er auch Flugtauglichkeitsuntersuchungen für Piloten aller Klassen durchführen, auch für Jumbo-Piloten aus USA, Kanada, England und Deutschland.
Später praktizierte der Internist in Düsseldorf, führte weiterhin Piloten-Tauglichkeitsuntersuchungen durch und ging auch schon einmal Wege abseits der Schulmedizin in Richtung Naturheilverfahren, Hypnose und Elektro-Akupunktur nach Voll und untersuchte Sportler auf Tauglichkeit einschließlich D-Kader. Nebenbei war er selbst mehr als 40 Jahre aktiver Flieger. Forschung und Wissenschaft waren – disziplinübergreifend – seine Themen und sind es noch heute.
„So habe ich mir an meinem 80. Geburtstag gedacht, ich habe Geld gespart und kann damit Forschungspreise stiften und auch für meine Geburtsstadt Aschersleben etwas tun. Deshalb habe ich die Stiftungspreise gedrittelt, je ein Drittel für die medizinische Forschung in der Human-Medizin, eines für die Tiermedizin und eines für Aschersleben. Da ich jedoch nach meiner Kindheit mit Pferden noch immer ein enges Verhältnis zu ihnen habe, habe ich einen Sonder-Fonds für spezielle Pferdeprojekte eingerichtet, wie beispielsweise 2022 den Gnadenhof für alte Hengste in Grünberg und seit neuestem noch Preise für zwei Spitzenhengste.“
Dr. Dr. Ernst von Wnuck ist mittlerweile 84 Jahre alt, lebt ganz bescheiden in einer kleinen Düsseldorfer Wohnung und hat sichergestellt, dass die Förderspreise auch in den nächsten 40 Jahren fortgesetzt werden. Aber ruhig geworden ist er noch immer nicht: Gerade studiert er an der Universität Düsseldorf im sechsten Semester Geschichte und Kunstgeschichte. Wann er wohl auch hier promovieren wird?
„Stallgeflüster“ / E. Stamm