Ein Fest der Pferde: Hengstparade in Moritzburg
Inmitten von Sachsen, nur dreizehn Kilometer von der Landeshauptstadt:Dresden entfernt, liegt die kleine Gemeinde Moritzburg. Eine Gemeinde, die sich an dem Tag, an dem ‚Stallgeflüster‘ dort ist, im Ausnahmezustand befindet. Alle Zufahrtsstraßen in den kleinen Ort, der früher einmal Eisenberg hieß, sind gesperrt: Es ist Hengstparade.
Manch einer mag den Namen ‚Moritzburg‘ mit dem sächsisch-thüringischen schweren Warmblut, dem ‚Moritzburger‘ verknüpfen – das ist zwar richtig, keineswegs jedoch alles, was das sächsische Landgestüt zu bieten hat. Denn das ist eine Menge, wie wir uns sehr schnell selbst überzeugen konnten.
Die Eingangskontrollen sind, dank Corona, streng, es gilt die Drei-G-Regel. Also finden sich hier auch Test-Stationen an denen die Menschen Schlange stehen, weitere Schlangen finden sich an den Eingängen und hatten sich bereits auf den Zufahrtsstraßen zu den Parkplätzen vor dem Ort gebildet. – Auf gut Deutsch: Hier ist richtig was los. Und dennoch klappt die Organisation fast perfekt: „In diesem Jahr sind nur 5.000 Zuschauer zugelassen“, stellt Dr. Kati Schöpke, Landstallmeisterin des Gestüts fest. In anderen Jahren waren es rund 7.000 Besucher, die sich auf den Tribünen rund um den ‚Paradeplatz‘ sammelten. Dabei findet die Hengstparade nicht nur an einem Tag oder Wochenende statt, sondern an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden.
Kurz vor Beginn des Geschehens treffen wir Anja Imke. Sie ist zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Gestüts und führt uns ein wenig durch die Stallungen, in denen bereits die Pferde für die Vorführungen gesattelt und eingeschirrt werden. Gepflegt und schön ist es hier – kein Wunder, denn die Ursprünge des Gestütes gehen auf die Jagdleidenschaft Augusts des Starken (1670–1733) und den durch ihn veranlassten Umbau des Schlosses zum Jagdschloss zurück.
Die Pferdezucht begann 1828 in den nunmehr königlichen Jagdstallungen. Gleich gegenüber dem Gestüt liegt malerisch auf der anderen Seite des Sees das Schloss, das 1934 der kleinen Gemeinde endgültig ihren heutigen Namen verlieh. Von den Stallungen bzw. einem Teil von diesen, geht es in Richtung ‚Paradeplatz‘, denn hier beginnt um 13.00 Uhr die Vorführung. Schicke weiße Tribünen auf allen drei Seiten des Platzes erinnern ein wenig an Aachen. Allerdings sind nicht alle fest montiert sondern wieder abbaubar informiert uns Imke.
Pünktlich um 13.00 Uhr ertönt die Musik des Polizeiorchesters Sachsen und direkt nach der Ansprache des Sächsischen Staatsministers für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft eröffnet der Fanfarenzug des Gestüts mit insgesamt dreizehn Pferden festlich die Vorführung. Ein wenig Gänsehaut-Feeling verursacht das schon. Bemerkenswert vor allem: Die Soli des Kesselpaukers, Gestütsoberwärter Dirk Burda, auf Lipsius, der die seitlich angebrachten Kesselpauken und die furiosen Soli seines Reiters stoisch zu Kenntnis nimmt. „Burda hat mit Lipsius auch viel geübt, Bodenarbeit gemacht und um Vertrauen geworben“, verrät uns Anja Imke.
Gleich darauf folgt eine rasante Springquadrille mit acht Spring-Talenten des Landgestüts. So reiht sich an diesem Nachtmittag ein Höhepunkt an den nächsten – einer beeindruckender als der andere. Da weiß der Erzähler kaum, worüber er berichten soll, ist es die Traberwagenquadrille der Schweren Warmblüter, die Vorführung der Lehrlinge mit Pfeil und Bogen, die Darstellung des Märchens von Aschenbrödel (es wurde hier in Moritzburg verfilmt) oder vielleicht doch besser die ungarische Post und die Haflinger Hengste?
Das Landgestüt betreut sowohl die Zucht erfolgreicher Sportpferde, sowohl mit Dressur- als auch Spring-Veranlagung, die Zucht von Rheinisch-Deutschen Kaltblütern als Arbeitspferden, die der Haflinger, die seit den fünfziger Jahren vor allem in den nahe gelegen Mittelgebirgslagen zum Arbeitseinsatz kommen sowie natürlich die des legendären Sächsisch-Thüringischen Schweren Warmbluts. Die Hengstparade bietet ein wahres Feuerwerk von schicken Pferden unterschiedlichster Rassen.
Ganz gleich, ob man Dressur-, Spring-, oder Fahr-Fan ist, hier findet jeder einen Programm-Punkt in dem exzellent gezogene und gerittene Pferde das Herz höher schlagen lassen. Und wer sich so gar nicht für den üblichen Reitsport interessiert, der findet garantiert Spaß an den Push-Ball spielenden Pferden oder der Graditzer Stutenherde, die sich’s auf dem Paradeplatz ebenso gut gehen lässt, wie zu Hause auf den Koppeln.
Alles in Allem – ein Nachmittag, so voll von tollen Bildern, dass auch der abgebrühteste Zuschauer nicht weiß, welches Bild der Höhepunkt des Tages war.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm