Schweizer Kulturgut in Bremen
Freiberger Pferde gehören in der Schweiz zum immateriellen Kulturgut.
In Deutschland machen sie häufig Schlagzeilen in den Medien durch Aufrufe verschiedenster Tierschutzorganisationen zur Rettung von Schlachtpferden. Doch Freiberger sind nicht gleich Freiberger. ‚Stallgeflüster‘ besuchte Dr. Norbert Solenski in Bremen, um ein wenig mehr über diese interessante Pferde-Rasse zu erfahren.
Dr. Solenski hat sich dem Erhalt und der Zucht des Ur-Freibergers verschrieben, denn die Freiberger-Zucht ging im Lauf der Jahrhunderte unterschiedliche Wege. Heutzutage finden sich nur noch sehr wenige Tiere, deren Gene nicht mit anderen Pferderassen vermischt wurden. Der Grund dafür liegt in der Geschichte dieser im Schweizer Jura heimischen und eng mit dem Jura-Pferd verwandten Pferderasse.
Auf der Basis orientalischer und Comtois-Hengste züchteten die Bauern dort ein kräftiges, gedrungenes Pferd, das sowohl in der Landwirtschaft als auch in den Armeen seinen Dienst erfolgreich verrichten konnte. Während der Französischen Revolution requirierte Frankreich seine Pferde auch in der Schweiz. Dann jedoch setzten die Franzosen immer mehr eigene Rassen in der Zucht ihrer Militär-Pferde ein – die Nachzucht in der Schweiz wurde immer geringer, so dass die Schweizer Bundesregierung schließlich eingriff um den Bedarf an eigenen Militär-Pferden decken zu können.
Doch wie das so eben ist: Das Militär stellt andere Anforderungen als die Landwirtschaft. Man kreuzte leichtere Pferderassen ein, um Reit-, Post- und Wagenpferde zu erhalten. Noch heute sind die Spuren der damaligen Haupt-Vererber bei vielen Freiberger-Pferden zu finden: Rund 70 Prozent der Freiberger lassen sich bis zu dem Hengst Vaillant zurückverfolgen, etwa 25 Prozent auf den Anglo-Normannen-Hengst Imprevue.
Zu Beginn des 20. Jh. schließlich teilte die Schweizer eidgenössische Pferdezucht-Kommission die Freiberger-Zucht in zwei gleichberechtigte Kategorien: Das Kavallerie- und Artillerie-Pferd sowie das Zugpferd mit Masse und Gang.
Nach dem zweiten Weltkrieg dann verdrängten Maschinen das Pferd aus den bäuerlichen Betrieben und die Gestütsleitung des Schweizer Nationalgestüts plante eine Umzüchtung der Rasse, um ein sportlicheres, leichteres Pferd zu erhalten. Man kreuzte Araber, hochblütige Warmblüter und ab den 60er Jahren auch schwedische Warmblüter ein. Die Folge: Nach kaum 20 Jahren war der kaltblütige Urfreiberger nahezu vom Aussterben bedroht.
Doch es regte sich Widerstand. 1997 wurde die Interessengemeinschaft des Original-Freiberger Pferdes (IG-OFM) gegründet, die bestrebt ist, den Freiberger weitgehend in Reinzucht zu erhalten. Auf ihr Bestreben hin wurde im Herdebuch des SFV die Kategorie „Basis“ eingeführt. Tiere, die als Basis-Freiberger gelten, dürfen einen maximalen Fremdblutanteil von zwei Prozent aufweisen. Doch wenn ein solcher Freiberger mit einem Original-Freiberger ohne Fremdblut gekreuzt wird, gilt er nach diesen Bestimmungen wieder als Original Freiberger.
Den Mitgliedern des Eidgenössischen Verbands des reinrassigen Freiberger Pferdes (RRFB) ging diese Regelung jedoch nicht weit genug. 2008 gegründet, legte der Verband fest, dass ein Urfreiberger ein Pferd ist, bei dem seit 1950 kein Fremdblut mehr eingekreuzt wurde.
Und um diese Pferde geht es dem emeritierten Professor der Universität Kiel.
„Meine Urgroßeltern hatten einen Bauernhof“, erzählt er ‚Stallgeflüster‘-Redakteurin Elke Stamm. „Da habe ich schon früh mit Pferden zu tun gehabt. Aber ich wollte immer ein Pferd, das ruhig und gelassen ist, eben einen Partner für die Freizeit. Warmblüter waren nie mein Thema.“ Obwohl Solenski Reiter ist, absolvierte er auch sein Fahrabzeichen – mit Freibergern. Ich fand die
Rasse einfach super ruhig und von der Größe her für mich passend. Obwohl ich damals noch wenig über diese Rasse wusste, habe ich meine erste Freiberger Stute gekauft – Soraya, eine Tochter von Elysée II.
„Ich habe Spaß an der Stute gehabt und dann auch noch die Vollschwester gekauft.“ Mittlerweile besitzt Solenski insgesamt 19 Freiberger, neun Hengste und zehn Stuten – einige davon aus eigener, überaus erfolgreicher Nachzucht. Sie alle sind Urfreiberger mit null Prozent Fremdblutanteil. Und auch der RRFB, der für die Zucht der Urfreiberger zuständig ist zollt ihm und seiner mittlerweile großen Fachkenntnis Anerkennung. In ein paar Tagen erhält er sogar Besuch aus der Schweiz – es geht um die Körung des Hengst-Nachwuchses.
Und natürlich hat der frühere Professor für Regelungstechnik inzwischen auch einen Reiterhof erworben, wo der Nachwuchs im Sommer auf rund vier ha. Koppeln ausreichend Auslauf findet.
„Stallgeflüster“ / E. Appenrodt