Gesundheit
In der Zeitschrift „Auf ein Wort“ vom niedersächsischen Landgestüt Celle fanden wir einen Artikel von Dr. Helmut Ende, der uns bei „Stallgeflüster“ so gut gefiel, dass wir ihn Ihnen nicht vorenthalten wollten. Deshalb baten wir Dr. Ende um die Erlaubnis, ihn nachdrucken zu dürfen.
Mäuse machen Pferde blind
Jedes zehnte Pferd leidet unter periodischer Augenentzündung
Das ist die häufigste Erblindungsursache beim Pferd, die allerdings seit 2002 nicht mehr als Hauptmangel eine Rolle spielt.
Nicht allen Pferdeleuten ist aber bekannt, dass sie nach wie vor große Schäden anrichtet: ein betroffenes Pferd ist nahezu unverkäuflich – auch dann, wenn es sich nur um das Anfangsstadium der Krankheit handelt. Heute weiß man viel über diese von Fachleuten ERU genannte „EQUINE REZIDIVIERENDE UVEITIS“ und jeder Pferdehalter sollte ein Grundwissen haben. um zwei Dinge zu tun:
1. Er muss seinen Tierarzt bei ersten Anzeichen sofort informieren und
2. Er muss dringend gegen die Mäuse als Krankheitsüberträger etwas tun.
Dieser Artikel soll das nötige Wissen vermitteln
Pferdekauf und Augenproblem
Wenn sich heute ein Pferdeverkäufer vor juristischen Problemen bezüglich der ERU schützen will, lässt er eine gründliche tierärztliche Verkaufsuntersuchung durchführen.
Werden dabei Krankheitshinweise für eine ERU festgestellt, dann sollte der Käufer besser auf keinen Fall das Pferd erwerben. Der Käufer kann bei Kenntnis der ERU-Anzeichen den Kaufpreis verringern und muss dann aber das Risiko einer Erblindung des Pferdes selbst tragen. Er muss mit einer ständigen Verschlechterung von Monat zu Monat oder von Jahr zu Jahr rechnen und er muss evtl. eine mehrere tausend Euro teure Augenoperation in Kauf nehmen, die leider nicht immer erfolgreich verläuft.
Erste Krankheitsanzeichen
für eine ERU
Häufig (leider nicht immer) zeigt das Pferd deutlich vermehrten Tränenfluss und es ist sichtbar lichtscheu. Solch ein Pferd kneift das betroffene Auge zu; oft fällt eine milchartige Verschleierung der Hornhaut auf und evtl. können vom Augenrand her kleine Blutgefäße in Richtung Augenzentrum einsprossen. Bei genauerer Betrachtung erkennt man. dass die Pupille des betroffenen Auges deutlich kleiner wird und nicht mehr großflächig oval ist. Sie zeigt auf Lichteinwirkung keine Reaktion. Weitere Hinweise auf eine schon länger bestehende ERU sind helle Bereiche in der Pupillenöffnung. Je schneller bei irgendeiner Auffälligkeit der Tierarzt informiert wird, desto größer sind die Heilungschancen.
Die ERU kommt in drei typischen Formen vor:
1. Die „VORDERE UVEITIS“
2. Die „HINTERE UVEITIS“
3. Die sogenannte „PANUVEITIS“
Bei der vorderen Uveitis sind – wie der Name bereits sagt – die vorderen Augenanteile betroffen; ein Beispiel hierfür ist die „vordere Synechie“, eine Verklebung der Iris mit der Hornhaut.
Die hintere Uveitis ist für den Pferdebesitzer daran erkennbar, dass das Auge schmutzig gelb-grün schimmert.
Die Panuveitis betrifft alle inneren Augenstrukturen. Oft schrumpft allmählich der gesamte Augapfel, der sich dann in die knöcherne Augenhöhle zurückzieht. Der gesamte Pferdekopfwird entstellt.
Heute kennt die Wissenschaft die häufigsten Ursachen für diese unangenehme Erkrankung: gewisse Bakterien (Leptospiren) gelangen bei der Futteraufnahme ins Pferd, wenn Mäuse oder Ratten im Pferdestall ihren Harn abgesetzt haben. Bei jedem Pferdehalter sollten sofort die Alarmglocken klingeln, wenn kleine schwarze kümmelähnliche Krümel im Stall sich als Mäusekot entpuppen und nun damit zu rechnen ist, dass jedes zehnte Pferd im Bestand ein Augenproblem bekommen wird.
Sind die Leptospiren einmal in das Auge eingetreten, befinden sie sich in einer „geschützten Zone“. Ein Pferdeleben lang sind diese nun im inneren Auge nachweisbar und können krankheitsverursachend wirken.
Was richten die Mäuse sonst noch an?
Diese Bakterien sind übrigens auch beim Menschen für vielerlei Krankheiten verantwortlich. die sich in Müdigkeit und mehrtägigem Fieber äußern. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich und damit rückt die Maus als Überträger dieser Zoonose in den Vordergrund.
An der Tierärztlichen Fakultät in Wien haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die Feldspitzmäuse das Bornavirus auf Pferde übertragen. Dieses Virus schädigt das Gehirn und ist für die Entstehung von Dummkoller verantwortlich.
Mäuse bekämpfen, aber wie?
Mäuse sind hochintelligente Säugetiere, die man zu den ältesten Haustieren des Menschen zählen muss. Aber offenbar hat die häusliche Nähe dieser grauen possierlichen Mitbewohner schon seit Jahrhunderten vielen Menschen missfallen, obwohl der Zusammenhang zwischen krankem Pferdeauge und der Maus im Hafersack erst seit weniger als hundert Jahren wissenschaftlich erwiesen ist. Erfinder haben immer neue und perfektere Methoden für einen kontinuierlichen Mäusekrieg entwickelt. Die Kriegswaffen sind Lebend- und Totfallen sowie Giftgasmethoden, Schussapparate und Klebstofffänger.
Dem Leser sollen hier die wichtigsten Grundsätze der Mäusebekämpfung beschrieben werden, auch wenn er sicher sein kann, dass es einen mäusefreien Pferdestall wohl nie geben wird – auch dann nicht, wenn alle hier genannten Bekämpfungstechniken perfekt angewandt werden sollten.
ZUR MÄUSEPSYCHOLOGIE
Nie läuft eine Maus mitten durch ein einsehbares Gelände. Sie wählt den dunkleren Weg und dabei läuft sie meistens nah an der Wand entlang und vermeidet es, einen Umweg zu nehmen.
Mein Tipp:
Stellen Sie die Falle möglichst nah an die Wand und dunkel Sie die Stelle mit einem davor gestellten Gegenstand ab! Lenken Sie die Maus in Richtung der Falle, indem Sie „Wegränder durch Bretter oder Säcke vorgeben!
Mäuse mögen gerne muffige, stickige Ecken; sie meiden die Nähe eines offenen Fensters und frisch gestrichener Wände. Sie lieben eine unordentliche Stallecke, in die man den Dreck gefegt hat und in der auch alte Säcke, Putzlappen. Futterreste und kaputte Ledersachen herumliegen. Je älter solche Dreckecken sind, desto größer ist ihre Anziehungskraft – für Mäuse.
Mein Tipp:
Ich finde diese von vielen Menschen missachteten, aber possierlichen Lebewesen schützenswert oder Sie befinden, dass Ihnen die Pferdegesundheit wichtiger als der Mäuseschutz ist. In letzterem Fall greifen Sie zum Stallbesen und nehmen in Kauf, von allen Mäusen als tierfeindlich bezeichnet zu werden.
DAS MÄUSEFALLEN-SORTIMENT
Von den unendlich vielen Fallentypen soll hier nur auf das Prinzip in Bezug auf die Psyche des fallenaufstellenden Menschen eingegangen werden. Man könnte die Fallen folgenden Menschen zuordnen:
1. Leute mit ausgeprägtem Jagdinstinkt und Tatendrang bevorzugen Totschlagfallen. in denen man das erledigte Objekt direkt sehen kann. Man muss es dann aber auch selbst entnehmen und entsorgen.
2. Leute mit Jagdinstinkt, die sich um das erlegte Tier nicht weiter kümmern wollen. nutzen eine Totschlagfalle aus Pappe zum einmaligen Gebrauch. die man mit dem erlegten Objekt komplett in der Toilette oder im Haushaltsmüll entsorgen kann. Ob man dabei gegen irgendein Tierkörperbeseitigungsgesetz verstößt. muss noch überdacht werden. Solche DIN A4 großen Spezialfaltpappen aus einem Material. das sich in der Toilette auflösen kann. faltet der jagdbesessene „Mäusehalter“ am Schreibtisch sitzend den aufgedruckten Symbolen entsprechend zusammen. wobei sicherlich in Vorfreude auf den baldigen Jagderfolg seine flink schaffenden Hände beflügelt werden.
3. Leute, die keinesfalls mit dem toten Tier direkt etwas zu tun haben wollen, legen Gift aus, das i.a. ein blutgerinnungshemmendes Mittel enthält. Die Maus stirbt dann nach Stunden oder Tagen in einer fernen dunklen Ecke. wo sie langsam, üblen Geruch verbreitend eintrocknet. Man hat berichtet. dass diese unwaidgerechte Jagdmethode bei manchen Verursachern zu psychischen Schäden geführt hat.
4. Leute, die grundsätzlich sehr tierfreundlich sind und Mäuse sehr niedlich finden und ihnen ein langes Leben wünschen, nutzen gerne eine Lebendfalle. So etwas kann funktionieren wie eine Fischreuse mit einem Eingang. den man aber in anderer Richtung nicht nutzen kann. Andere Lebendfallen haben eine Türklappe. die sich durch das Körpergewicht schließt. wenn die Maus den Raum betritt; oder sie schließt sich, wenn die Maus einen Stab mit einem Köder anstößt. Ganz raffinierte Lebendfallen locken die Maus durch ein Türchen, das sich sofort nach dem Durchgang der Maus wieder verschließt. Diese rutscht dann auf einer Wippe in einen Behälter und öffnet mit ihrem Gewicht erneut das Eingangstürchen für eine nachfolgende Maus. So können sich dann in dem Behälter bis zu 12 Mäuse auf einmal einfinden.
Allerdings sollte man bezüglich der Freilassung bedenken, dass Mäuse sehr heimatliebend sind. Zum Auswildern sollte man daher besonders weit fahren. Markierte Mäuse haben nachweislich 14 Kilometer Weg zurücklegt, um ihre Heimat, in der sie aufgewachsen sind, wieder zu erreichen.
5. Leute, deren Vorfahren einmal bedeutende Militärs waren, nutzen Schussfallen, deren Patrone dann ausgelöst wird, wenn die Maus Erde vor sich herschiebt.
6. Leute, deren Vorfahren vor Generationen einmal einen Justizvollstreckungsberuf ausgeübt haben, nutzen eine Galgenfalle, in der die Maus erdrosselt wird, wenn sie einen Faden durchbeißt oder an einem Draht mit Speck zerrt.
7. Leute, die effektiv aber auch tierschutzwidrig vorgehen. nutzen den in Deutschland nicht erhältlichen Mäuseklebstoff, der die mit NuteIla angelockte Maus festkleben lässt.
8. Leute, die gern hoch technisiert wenden Hochspannung an. Die Maus wird getötet, wenn sie von NuteIla angelockt mit Vorder- und Hinterbein auf unterschiedliche Elektroden tritt.
9. Leute. deren Vorfahren Uhrmacher waren, wählen eine Falle mit einer Uhrfeder. die eine Maus nach der anderen zu ihren bereits gefangenen Kollegen in einen Behälter schleudert.
Katze
Ganz oben in Sachen Effektivität steht die Katze, soweit sie von Geburt an die richtigen Gene in sich trägt. Sie darf allerdings nicht vom Menschen mit Futter verwöhnt sein und muss sowohl viel Geduld haben als auch aggressiv sein. Katzen sind oft sehr menschenbezogen und erstreben des Menschen Lob.
Mein Tipp:
Zeigen Sie Interesse an der von der Katze erbeuteten Maus und entsorgen Sie diese nicht achtlos im Müll.
MÄUSE IM LAUBWALD
Erd- und Rötelmäuse haben sich in den letzten Jahren stark vermehrt und fügen den Laubwäldern großen Schaden zu. Sie nagen bei den jungen Bäumchen die Rinde ab, so dass diese dann nicht mehr weiter leben können. Offenbar gibt es alle sechs Jahre einen Boom von diesen Mäusen, so dass aufwendige Bekämpfungsmaßnahmen erforderlich sind. Glücklicherweise aber gibt es natürliche Gegner für Mäuse und das sind Füchse, die pro Jahr etwa 3000 Mäuse fressen können. Die von Menschen gesteuerte Bekämpfung im Wald und Feld erfolgt im Allgemeinen mit Zinkphosphidkörnchen, die im Abstand von 5 Metern ausgelegt werden oder direkt in die offenen Mäuselöcher auf Feldern eingebracht werden.
Trotz moderner, vielfältiger Bekämpfungsmaßnahmen vermehren sich die Mäuse in der menschlichen Umgebung immer mehr, so dass in Großstädten regelmäßig Berufsmäusebekämpfer auftreten müssen. Der Wirkstoff des heute am meisten angewendeten Fraßgiftes ist ein blutgerinnungshemmender Stoff, der erst ein bis zwei Tage nach dem Fressen seine Wirkung zeigt, so dass die übrigen Mäuse keinen Zusammenhang sehen zwischen der Futteraufnahme und dem Tod ihrer Kameraden. Der Wirkstoff Cumarin muss von den Herstellern ständig ein wenig verändert werden, denn der Mäuse- und Rattenorganismus bildet Resistenzen aus, so dass die Wirkung allmählich nachlässt.
Diese Giftstoffe sind für andere Haustiere nur wenig giftig: trotzdem können bei Hunden und Katzen je nach Menge des aufgenommenen Giftes Schäden auftreten. Das Gift wird deshalb in Köderboxen ausgelegt, die einen kleinen Ein- und Ausgang für die Mäuse haben, der von den größeren Haustieren nicht genutzt werden kann.
NICHT ALLE MÄUSE
BEKÄMPFEN
Die Feldwaldmaus = Springmaus steht auf der Liste der gefährdeten Tierarten. Menschen dürfen sie also nicht bekämpfen. Hier wird manchmal ein Trick angewandt: ein spezieller Landeplatz am Rübenfeldrand wird zurecht gemacht, damit Greifvögel sich mit den durch Nougatcreme und Kakaopulver angelockten Mäusen „erlaubt“ auseinandersetzen können.
PORTRÄT
DR. HELMUT ENDE
(Fachtierarzt für Pferde)
Dr. med. ver. Helmut Ende, Fachtierarzt für Pferde ist Gründer der Tierärztlichen Klinik für Pferde und Kleintiere in Isernhagen.
Er unterrichtet wöchentlich einmal die auszubildenden Pferdewirte in der landwirtschaftlichen Berufsschule.
Sein Hobby ist einerseits das Präparieren von Pferdeorganen, die er gerne auf Pferdemessen und in der Berufsschule zeigt; andererseits das Sammeln von Mausefallen, die er in seiner Wohnung in 3 großen Schränken gelegentlich Sammlerfreunden präsentiert.
Es ist strittig, ob er mit den 236 unterschiedlichen Fallenmodellen die größte Mausefallensammlung in Niedersachsen oder der BRD hat; jedenfalls wird berichtet, dass er nicht widerspricht, wenn jemand behauptet, er habe die bedeutendste Mausefallensammlung.
Quelle: „Auf ein Wort“ vom
niedersächsischen Landgestüt Celle