Flop oder Top: die Entscheidung fällt im Kopf
Elke Funk ist eine der bekanntesten Mental-Coaches im internationalen Reitsport. ‚Stallgeflüster‘ traf die Diplom Sozial-, Trauma-Pädagogin und Pferdewirtschaftsmeisterin in Dillenburg im Rahmen des Vielseitigkeitsforums. Funk, die hier Vorträge sowie Workshops anbietet, weiß wovon sie spricht, wenn sie mit Reitern spricht – schließlich war sie selbst im Grand Prix-Bereich mit ihren Pferden international unterwegs.
Funks Credo: „Genauso, wie ein Sportler seinen Körper trainiert, seine Technik zur Perfektion bringt, ist es möglich, sein Gehirn zu seinem ‚Werkzeug‘ zu machen, um im richtigen Moment die Bestleistung abrufen zu können“. Doch auch dies erfordert Training – und davon nicht zu wenig, so verdeutlicht sie es uns und den Zuhörern.
„Reiten ist eine schnelle und vor allem körperliche Sportart, bei der nicht nur die Tagesform des Menschen von Bedeutung ist, sondern auch die des Vierbeiners. Die Befindlichkeit eines Tennisschlägers wird kaum Einfluss auf ein Turnier haben – ein eigenwilliges Pferd hat das sehr wohl“, erklärt sie dem Publikum.
Gerade deshalb ist es im Reitsport besonders wichtig, sich das Gehirn, in dem viele Reaktionen durch das Unterbewusstsein gesteuert werden, zum ‚Werkzeug‘ zu machen. Wie das geht? Dazu stellt sie in Kürze einige wichtige Techniken vor.
Zunächst einmal stellt Funk die Frage nach der Motivation, die den Menschen zum Pferdesport bringt. „Denn, reitet jemand nur, weil Eltern oder Geschwister ebenfalls reiten, dann fehlt es oft an der für große Erfolge nötigen intrinsischen Motivation. Im Zweifelsfall wird ein solcher Reiter irgendwann in ein ‚Motivationsloch‘ fallen und keine Lust mehr auf Erfolge verspüren.“
Das heißt im Klartext, wer aus seinem Innersten heraus, reiten will und nicht ausschließlich die Erfolge als Grund für diesen Sport definiert, der kann sich durch begleitendes mentales Training selbst zu Höchstleistungen bringen.
Als Beispiel für diese ‚innere Leidenschaft‘ erzählt Funk von ihrer eigenen Meisterprüfung. „Ich lebte damals in Berlin und hatte den Wunsch meine Prüfung als Pferdewirtschaftsmeisterin zu machen. Das war für mich – obwohl ich schon einen Beruf hatte – unglaublich wichtig. Das Problem an der praktischen Prüfung: Ich hatte zwar Grand Prix-Erfahrung – aber lediglich im Dressurreiten. Und um die Meisterprüfung zu bestehen, muss man auch einen Parcours springen. Gelegenheit zum Training gab es für mich in Berlin nicht – mein ehemaliger Spring-Trainer als junges Mädchen, lebte in Hessen.“
„So bereitete ich mich auf den M-Parcours in Münster hauptsächlich durch ständiges, intensives visualisieren vor. Die Prüfung wollte unbedingt bestehen, und bin im Geist, immer wieder den Parcours durchgegangen, Sprung für Sprung – vom Absprung bis zur Landung. Und am nächsten Tag habe ich den Parcours so geritten, wie ich es mir vorgestellt hatte und die Prüfung mit einer ordentlichen Wertnote geschafft.“
„Das alles hatte mit meiner Einstellung dazu zu tun. Die Einstellung, das Bild, das man im Kopf hat, bewirkt im Sport eine ganze Menge. Habe ich ein positives Bild, wie ich sauber und gut einen Sprung absolviere, versetzt allein schon dieses Bild meinen Körper in eine positive Spannung, die auch mein Pferd spürt. Das Springen wird leichter.“
„Denke ich stattdessen daran, was alles passieren kann, ich komme schräg, die Galopp-Sprünge passen nicht wird meine Spannung eher ängstlich, ich reite nicht mehr souverän. Deshalb ist es wichtig, sich immer wieder positive Momente, gute Ritte etc. vorzustellen und sie im Detail im Kopf zu erleben. Damit spielen wir unserem Gehirn in gewisser Weise einen Streich: Je lebhafter und öfter wir uns positive Situationen in allen Details in Erinnerung zurückrufen und sie damit praktisch noch einmal ‚erleben‘, desto weniger wird unser Gehirn unterscheiden können, ob wir diese Ritte auch tatsächlich real erlebt haben. So werden sie langfristig als ‚reale‘ positive Erlebnisse in unserem Unterbewusstsein abgespeichert.“ „Das ist eine wichtige, wenn auch anstrengende Technik im Mental-Training“, erklärt Funk. Aber auf diese Weise, so erzählt sie, hat sie ihr eigenes Pferd, das im Training nicht zu stark belastet werden konnte, gleichzeitig geschont und war doch in der Lage während der Prüfung die exakt richtigen Hilfen zum rechten Moment zu geben. Schließlich hatte sie jede Aufgabe schon hunderte Male in ihrem Kopf geritten – ihr Körper reagierte automatisch mit korrekten Hilfen, denn diese waren im Unterbewusstsein exakt gesichert. Bewusste Entscheidungen, für die in einer Prüfung keine Zeit ist, müssen nicht mehr getroffen werden, denn bestimmte Reaktionen oder Aktionen werden durch das Unterbewusstsein automatisch abgespult.
Neben der Technik der Visualisierung, wie Funk diese sich immer wieder wiederholenden positiven Bilder nennt, berichtet sie über eine Reihe weiterer im Mental-Training eingesetzter Hilfsmittel. Dazu gehören u.a. der Aufbau positiver Emotionen, Atemübungen, die zu besserer Konzentration führen, Übungen zur Synchronisation der beiden Gehirnhälften und natürlich last but not least: Der Umgang mit der Angst. Ein wichtiges Thema gerade im Reitsport, denn Unfälle oder ungute Situationen entstehen im Umgang mit dem Fluchttier Pferd häufiger einmal. Hier kommen ihr fundiertes Wissen als Trauma-Pädagogin zum Einsatz und, wie sie berichtet, konnte sie schon manchem Reiter nach einem Unfall wieder in den Sattel helfen.
Intrinsische Motivation – das ist das, was uns vorantreibt, uns Höchstleistungen auch im Sport abliefern lässt. Bestes Beispiel dafür ist Elke Funk selbst. Dieser Antrieb hat sie zu Höchstleistungen im Sport, zu einer bestandenen Meisterprüfung geführt und lässt sie Marathon-Läufe absolvieren. Auch ihr heutiger Beruf als Mental-Coach ist von dieser Motivation geprägt – das spüren die Zuhörer mit jedem Wort. So kann sie ihren Zuhörern ‚etwas Mitgeben‘, Hilfe bieten und Sportler bei der Erlangung ihrer Ziele unterstützen. Und das ganze ebenso wirkungsvoll und effektiv, wie bei sich selbst.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm