Ganz schön vielseitig …
Das müssen Reiter und Pferde sein, die in Vielseitigkeits-Prüfungen starten.
Hier kommt’s nicht nur auf das Dressur- oder Springreiten an, sondern auch auf die Bewältigung von Hindernissen im Gelände. Entwickelt wurde dieser Sport vor allem durch den Bedarf an Militärpferden, in der Wende des vergangenen Jahrhunderts. So konnte ihre Eignung als Armee- bzw. auch als Zuchttier überprüft werden.
Heute gilt der ehemals als Military-Reiten – inzwischen als Vielseitigkeitsreiten – bezeichnete Sport den einen als Königsdisziplin des Reitens, anderen dagegen als eine der gefährlichsten Reitsportarten schlechthin. ‚’Stallgeflüster‘ besuchte eine junge Dame, die schon mit zehn Jahren begann, sich dieser Sportart zu widmen. Seit Januar diesen Jahres verstärkt sie den Bundenachwuchskader Junioren U 18. Ida Marie Schmitz aus Reichelsheim ist heute siebzehn Jahre alt und kann schon auf eine Reihe von Erfolgen zurückblicken.
Ida Marie wurde schon als Kleinkind von ihrer Mutter immer mal wieder auf’s Pferd gesetzt – wie das bei Kindern von Reitern so üblich ist. „Mit acht bekam ich mein erstes Pony“, erzählt sie uns, „mit zehn dann ein neues. Es war Zufall: Dieses Pony konnte sowohl Dressur gehen als auch springen und war auch schon in der Vielseitigkeit unterwegs gewesen. Meine Mutter – sie ist u.a. auch Trainerin – legte immer besonderen Wert darauf, dass ich mit meinem Pferd ein möglichst abwechslungsreiches Training absolviere. Springen gehörte ebenso dazu wie das Dressurreiten. Aber dann war es dann eher ein Zufall, dass ich mit einer Stallpartnerin zum Training auch auf die Geländewiese bei Altenstadt fahren durfte. Und sowohl das Pony als auch ich fanden daran viel Spaß.“
„Die ersten Geländeprüfungen sind wir 2016 geritten. 2017 habe ich dann erstmals an der ‚’Goldenen Schärpe‘, einem bundesweiten Wettbewerb teilgenommen. Dazu gehörten eine Dressurprüfung, eine Stilspringprüfung und ein Stilgeländeritt, jeweils auf E-Niveau, sowie Theorie, Vormustern und ein Zwei-Kilometerlauf, der aber nicht benotet wird.“
Besonders fit in diesem Sport muss nicht nur das Pferd sein, sondern auch sein Reiter. Und dass Ida Marie sportlich ‚was drauf hat‘, das zeigte sie nicht nur in Vielseitigkeitsprüfungen sondern auch im Vierkampf. Gemeinsam mit ihren Mannschaften stand sie bereits auf dem hessischen Meistertreppchen in E-, und A-Prüfungen ganz oben, war einmal Vize-Meisterin in A. Am Bundeswettkampf nahm die Schülerin schon zwei Mal teil und wurde mit ihrer hessischen Mannschaft dort Vize-Meister in A. Mittlerweile hat sie sich vom Vierkampf als Aktive weitgehend verabschiedet – aber unterstützt noch den Vereinsnachwuchs beim Training oder auf Wettkämpfen.
2017 meldete der Kreisreiterbund Wetterau stolz, dass die elfjährige in der Frankfurter Festhalle mit ihrem Pony ‚’Sir Little‘ den ‚’Kombinierten Wettbewerb‘ – Nachwuchspreis der Nürnberger Versicherung für sich entscheiden konnte.
2018 startete die kleine Reiterin dann erneut in der Goldenen Schärpe und im Bundesnachwuchschampionat 2019 zunächst noch mit dem Pony, 2020 dann bereits mit einem Großpferd. Eine beeindruckende Serie für ein so kleines Mädchen. Doch damit nicht genug – kleine Mädchen wachsen und dann wird das Pony zu klein. Im Winter 2019/20 folgte dann der endgültige ‚’Umstieg‘ auf ein Großpferd. Das ist für viele junge Reiter eine gewaltige Umstellung.
Doch Ida Marie meisterte auch diese Veränderung mit Bravour und freute sich mit der hessischen Mannschaft über das gewonnene Bundesnachwuchschampionat 2021. Eine reife Leistung für eine fünfzehnjährige, deren neues ‚’Großpferd‘ auch noch unter die Youngsters im Sport gehörte. Tango, ein Trakehner mit Vollblutvater war zu dieser Zeit nur gerade sechsjährig-jährig und machte mit seiner neuen Besitzerin bereits in der ersten Saison einen tollen Job: erste Platzierungen und Siege in Geländepferde A-Prüfungen, dann das gleiche auf L-Niveau und damit nicht genug: auch Siege und Platzierungen in Vielseitigkeits A und L.
Kein Wunder, dass die junge Ida Marie schon früh in den Kader eingeladen wurde. Zunächst in den D- und E-Kader, (heute: Regionalkader) schließlich in den Landeskader und seit neuestem auch in den Bundeskader.
Inzwischen spielt die junge Dame auch auf internationalem Parkett mit ihrem jungen Pferd: Zwei erste internationale CCI2*-S absolvierten Tango und seine Reiterin 2022 in Luhmühlen und Marbach. Dabei qualifizierten sie sich gleich für die Deutschen Jugendmeisterschaften. Diese allerdings verpassten die Beiden, da Tango sich eine schmerzhafte Verletzung am Kronenrand beigebracht hatte.
Doch direkt nach dem ‚’Genesungs-Urlaub‘ zeigten die beiden wieder dass sie es ‚’drauf haben‘ und wurden bei den Hessischen Meisterschaften VL dritte unter den Junioren. Inzwischen habe die beiden auch schon ein wenig Auslandserfahrung gesammelt, in Polen beim CCI2*-L für Junioren und im holländischen Kronberg.
Angesichts so vieler reiterlicher Aktivitäten fragt man sich natürlich wie ein junges Mädchen da noch mit Schule, Freunden und Freizeit klar kommt. Denn schließlich fordert auch die elfte Klasse der Gymnasialen Oberstufe in Friedberg einen vollen Einsatz, wenn das Abitur in zwei Jahren vor der Tür steht. Ida Marie sieht das jedoch gelassen. „Ich bin eine gute Schülerin und kann Pferde und Schule gut miteinander verbinden. Warten wir mal ab, wie das kurz vor dem Abitur wird. Aber ich habe seit meinem elften oder zwölften Lebensjahr immer auch ein zweites Pferd geritten, das war überhaupt kein Problem.“
Ein zweites Pferd hat sie auch jetzt noch bekommen, dem sie sich widmen muss. Denn schließlich ist der ‚kleine Kerl‘ auch erst sechs Jahre alt. Trotz ihrer Trainingsstunden mit Sabrina Deußer im Springen, der Betreuung durch Jörn Warner in der Vielseitigkeit und Geländetraining bei Bernd Petruschke hat es die siebzehnjährige geschafft bis vor einiger Zeit auch noch Cheerleading zu tanzen. Freunde? Ja, das hat sie auch. „Meine Freunde haben volles Verständnis dafür, dass ich nur wenig Freizeit habe. Aber wir schaffen es immer auch mal etwas zu unternehmen.“
Da kann man der Schülerin nur wünschen, dass sich die Erfolge auch in Zukunft so fortsetzen wie bisher und ‚’Stallgeflüster‘ noch oft über neue tolle Ergebnisse berichten kann.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm