‚Gebt dem Boden zurück, was ihr ihm nehmt‘ – ein Plädoyer für gesunde Weiden im Pferdebetrieb
„Abäppeln muss sein, das ist eine Frage der Koppel-Hygiene“, so die augenblickliche Stimmung unter Reitern und Pferdebesitzern. Es ist eine Maßnahme, die verhindern soll, dass sich Parasiten von Pferd zu Pferd verbreiten können. Doch, wie war das früher einmal? Da wurde Mist als Dünger verwendet.
‚Stallgeflüster‘ sprach über dieses Thema mit Grünlandexpertin Katarina Weihrauch. Sie weist darauf hin, dass in vielen Böden kein ausgeglichener Nährstoffhaushalt vorliegt. Bspw. wird bei gut 60 Prozent aller eingesendeten Grünlandbodenproben ein zu niedriger pH-Wert festgestellt, die Flächen ‚versauern‘.
Woran das liegt? Dem Boden werden mehr Nährstoffe entzogen als man ihm zurückgibt – vor allem in Pferdebetrieben, die statt ihren Mist zu kompostieren, diesen in die Biogas-Anlage entsorgen. „Dort wird der enthaltene Kohlenstoff (C) in Methan (CH4) umgewandelt. Übrig bleiben vor allem die Hauptnährstoffe: Stickstoff, Phosphor und Kali, die der Landwirt dann zurück erhält und als Substrat auf seinen Flächen ausbringen kann. Besonders Betriebe, die Humus im Boden aufbauen wollen, um z.B. die Trockentoleranz ihrer Flächen zu fördern, greifen dann auf andere Kohlenstoffquellen zurück, wie z.B. Kompost.“
Grünland wird von diesem Nährstoffrückfluss jedoch häufig ausgenommen. Das liegt zum einen daran, dass der Nährstoffbedarf von Wiesen und Weiden weniger präsent ist, als im Ackerbau – niemand würde bei Weizen oder Kartoffeln auf Düngung verzichten – und besonders bei intensiv genutzten Pferdeweiden auch daran, dass mit der Düngung auch gewisse Nutzungspausen eingehalten werden müssen. Denn, der ausgebrachte Dünger muss erst vom Regen in den Boden eingewaschen werden, bevor die Flächen wieder beweidet werden können.
Wenn zusätzlich noch die Koppeln sauber und regelmäßig abgeäppelt werden, kommt der Nährstoffrückfluss völlig zum Erliegen, der Boden und damit auch der oberirdische Bewuchs beginnt zu „hungern‘. Auch die Struktur verändert sich, die Lagerdichte wird höher, besonders auf ständig beweideten Pferdekoppeln. Pflanzenwurzeln haben es dann schwer, sowohl im Bezug auf das Tiefenwachstum als auch was die Versorgung mit Wasser und Nährstoffen betrifft.
Weihrauch führt ein Beispiel auf, das wohl jeder kennt: „Wenn ich eine Schüssel mit Mehl fülle und Wasser darauf gebe, sickert dies nicht ein, sondern bleibt erstmal oben. Ganz anders beim Kaffeekochen: Füllt man Wasser ein, sickert es sofort hindurch.“
So ist das auch bei Böden, erklärt uns die Expertin. Je lockerer die Struktur, umso besser kann Wasser, z.B. bei Starkniederschlagsereignissen vom Boden aufgenommen werden/ darin versickern und wird, ähnlich wie bei einem Schwamm, in den Bodenporen gespeichert.
„Ein geschlossener betrieblicher Nährstoffkreislauf, bei dem der Mist kompostiert und anschließend auf den Weiden ausgebracht wird, sollte auch auf Pferdebetrieben wieder mehr Beachtung erhalten. Während der Kompostierung, entstehen innerhalb des Misthaufens hohe Temperaturen, Parasiten sterben ab, so dass aus hygienischer Sicht die Düngung mit diesem Material kein Problem darstellt. Der Boden erhält all das zurück, was ihm durch abfressen und mähen entzogen wurde. Allerdings: Die Auflagen für sogenannte Mistlagerstätten sind hoch und nicht jeder Betrieb kann diese im ausreichenden Umfang vorhalten. “
Was also können Pferdebetriebe tun, um auch im kommenden Jahr gesunde, saftige Wiesen zur Verfügung zu haben?
„Mein Plädoyer“, so Weihrauch, „im Herbst nicht mehr abäppeln, sondern den Mist auf den Wiesen verteilen, z.B. durch das Abschleppen der Weideflächen vor dem Winter“. Allerdings räumt die Expertin ein, dass diese Maßnahme nur für Ställe mit funktionierendem Entwurmungsmanagement sinnvoll ist.
„Nicht abäppeln funktioniert nur, wenn genug Fläche vorhanden ist, dass die Pferde sie nur zwei bis drei Mal im Jahr beweiden. Auch in Ställen mit hoher Fluktuation oder wenn Resistenzen ein Problem beim der betrieblichen Parasitenkontrolle darstellen, empfiehlt es sich Hygiene-Maßnahmen in den Vordergrund zu stellen.“
Eine wichtige Empfehlung, die die Expertin für alle hat, die nicht auf ihre natürlichen Ressourcen (Mist) zurückgreifen können, ist die Gabe von Kalkstickstoff. „Zur Forsythienblüte (ab Mitte März) werden 200 – 400 kg / ha ausgebracht. Weideparasiten werden so drastisch reduziert und der erste Aufwuchs mit Stickstoff versorgt, ohne dabei den pH-Wert abzusenken. Die Nutz-Pflanzen können so besser die Nährstoffe aufnehmen, die sie brauchen.“ Auch hier hat die Expertin wieder ein uns allen geläufiges Beispiel: “Man weiß, dass das Beta-Carotin aus Karotten vom Menschen besser aufgenommen werden kann, wenn es in Zusammenhang mit Fett verzehrt wird (z.B. Butterbrot, Öldressing etc.). Ähnlich wirkt auch der Kalk auf die Verfügbarkeit von Nährstoffen bei Pflanzen.“
Um die richtige Menge an Kalk, die zur Pflege der Wiesen benötigt wird, zu errechnen, empfiehlt Weihrauch regelmäßig Bodenproben zu nehmen. Hilfestellung bieten hier z.B. die Diese können über den Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, bei dem Katarina Weihrauch arbeitetet, in Auftrag gegeben werden.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm