Lisa Maria Tischer verteidigt erfolgreich ihren Titel bei der Jugend-Europameisterschaft
Der Fahr-Nachwuchs gibt Gas: Erfolgreiche Spring- und Dressur-Reiter stehen häufig im Fokus der Medien.Das beginnt schon beim Nachwuchs – sowohl dem vier- als auch zweibeinigen und setzt sich nahtlos fort. Über den Fahrsport und die erfolgreichen deutschen Fahrer auf internationalen Turnieren liest man eher wenig.
‚Stallgeflüster‘ besuchte deshalb eine vielversprechende Nachwuchsfahrerin, Lisa Maria Tischer, und beobachtete sie beim Training mit ihrer Schülerin Pauline Amend in Neu-Isenburg. Die zweimalige Deutsche Jugendmeisterin Lisa Maria Tischer verteidigte Ende August bei der Jugend-Europameisterschaft Fahren in Aszár Kisber/HUN erfolgreich ihren Titel in der Altersklasse U25 bei den Pony-Einspännern. Sie siegte zum Start der EM in der Dressur, gewann die Geländeprüfung und blieb mit ihrem Pony Golden Dancer auch beim Kegelfahren fehlerfrei.
Schon bei der Ankunft in Neu-Isenburg fiel auf: Fahren ist im Gegensatz zum Reiten doch ein recht aufwändiger Sport: Da steht ein Pony, eine Kutsche, zwei Mädels, die das Geschirr herbei holen, der Papa Thomas, der sich gerade noch einmal die Kutsche anschaut und Mama Kerstin, die noch rasch den Schmutz vom letzten Training abwischt.
„Trotzdem ist Fahren ein Familiensport“, erklärt man uns auf unsere Bemerkung. „Was gibt es schöneres als einen gemeinsamen Ausflug mit der Kutsche zu machen? Reiten kann man immer nur allein.“ Wo Frau Tischer recht hat, da hat sie recht. Und recht flott bei so viel helfenden Händen ist Pony-Dame Claire, die extra zum Training mit Lisa Tischer aus Schwalbach angereist ist, dann auch fertig eingespannt.
„Wollen Sie mitfahren?“, fragt Lisa, zweimalige Jugendeuropa- und deutsche Meisterin die ‚Stallgeflüster‘-Redakteurin vom Beifahrer-Sitz aus. Ein kurzes Zucken – schließlich ist man ja eher den ‚sicheren‘ Sattel unter sich gewöhnt – aber was soll schon passieren, wenn man sich einer Europa- bzw. Deutschen Meisterin anvertraut, auch wenn ihre Schülerin die Leinen führt. Also, los geht’s.
„Wir fahren jetzt nur warm“, erklärt uns die 21jährige Trainerin als wir starten. Danach geht‘s auf den Fahrplatz.“ Also wie beim Reiten auch, zunächst die Aufwärmphase, in diesem Fall mit einem sehr fleißig vorwärts schreitenden Pony. Da ist Zeit ein wenig über den Fahrsport zu reden. „Für uns gibt es im Gegensatz zu Reitern nur wenige Turniere“, erzählt Pauline Amend. „Das hat den Nachteil, dass wir auch nur wenig Nachwuchs haben. Und ich hoffe sehr, dass der Fahrsport durch zu wenig Öffentlichkeit nicht gänzlich zum erliegen kommt.“
Pauline selbst ist erst achtzehn Jahre alt, will in zwei Jahren ihr Abitur machen und doch macht sich die junge Fahrerin schon Gedanken um die Zukunft dieses traditionsreichen Sports. Erfolge hat auch sie schon vorzuweisen, wenn auch noch nicht so wie Trainerin Lisa Tischer. Dennoch war auch sie schon zum Sichtungsturnier für die Europa-Meisterschaften und fährt im hessischen Kader.
Lisa ist mittlerweile 21, studiert bereits an der Frankfurter Uni Wirtschaftswissenschaften und fährt im Bundeskader.
Jetzt ist die Aufwärmphase beendet, die Mädels fahren allein weiter auf den großen Platz. Und endlich darf Pony-Stute Claire antraben. Die zwölfjährige sei manchmal ein wenig hektisch, hatten Lisa und Pauline erklärt. Deshalb wird jetzt an Takt und Losgelassenheit gearbeitet.
Ein für den Fahr-Laien schwierig anmutendes Unterfangen, hat die Fahrerin doch nur die Leinen, Stimme und die Peitsche als Hilfsmittel. „Die Peitsche ersetzt den Schenkel“, erklärt uns Lisas Mutter Kerstin und zeigt, wie Pauline diese ruhig und vorsichtig, um das Pony nicht zu stören, in jeder Wendung von rechts nach links verlagert, um Stellung und Biegung zu erreichen.
Ein wenig dauert es, dann kommt Claire dazu, sich zu dehnen und trabt gleichmäßig, schwungvoll, genüsslich am Gebiss kauend, vorwärts. Ein schönes Bild, die beiden Mädels auf dem Wagen hoch konzentriert auf das Pferd, auf großen Bogenlinien, die zwischendurch mal kurz verkleinert werden. Dass dabei auch Hindernisse auf dem Platz stehen, hat Claire nur zu Anfang ein wenig irritiert – jetzt, gegen Ende des Trainings verlässt sie sich auf ihre Fahrerin, die immer wieder Hinweise von der Trainerin auf dem Beifahrersitz bekommt.
Schließlich ist Schluss mit dem Training – zum ‚Abwärmen‘ darf die Redakteurin wieder mitfahren – dieses Mal gibt es da kein Zögern mehr. Und dann geht’s zurück in den Stall zum Abschirren. Freundlich begrüßt wird Claire, die zu Pauline gehört, von Lisa’s ‚Blondie‘, Great Dancer. Er ist der kleine, hübsche Mann, mit dem sie in den beiden letzten Jahren so erfolgreich national und international unterwegs war. Und, dass er hübsch ist, das weiß er ganz genau, der kleine Charmeur. Also gibt’s noch ein Abschiedsfoto von allen vieren – dann verabschiedet sich ‚Stallgeflüster‘ und wünscht den beiden engagierten Mädels noch viel Erfolg für die Zukunft.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm