Erstmals in Hessen: Abzeichen-Prüfung für klassisch barockes Reiten
Im Jahr 2020 gab es eine Änderung in der APO: Sie enthält seitdem die Möglichkeit, ein Abzeichen in klassisch barockem Reiten zu erlangen. Die Anforderungen, selbst für das ‚Einsteigerabzeichen’, also das BRA IV, sind hoch. Im August fand erstmals ein Vorbereitungslehrgang mit anschließender Prüfung in Hessen statt.
Genau wie bei den ‚normalen’ Reitabzeichen-Prüfungen gibt es bei der Prüfung zum BRA IV einen theoretischen Teil und mehrere praktische Aufgaben. „Wer hier mitmachen will, muss eine Menge lernen“, berichtet Anne Wölert, die als eine von derzeit bundesweit sieben Trainern die Lizenz zur Ausbildung in dieser Reitrichtung hat. Insgesamt dreizehn Kinder und Jugendliche hatten sich für den einwöchigen Vorbereitungslehrgang und die Prüfung bei ihr angemeldet.
„Für die Theorie sind neben den Kenntnissen und Wissen über die ‚Richtlinien für Reiten und Fahren’, Kenntnisse über die klassische Reitkunst, u.a. nach de la Guérinière erforderlich, die Ansprüche an barocke Pferderassen und ihre Ausbildung sowie natürlich die Unfallverhütung“, berichtet die Trainerin aus Frankfurt.
Die praktischen Prüfungen haben es in diesem Fall ‚in sich’. Zu reiten sind entweder eine Barock-Reitaufgabe B1 oder B2. Oder aber es wird eine Kür geritten, die alle Elemente dieser Aufgaben enthält sowie barocke Bestandteile und zirzensische Übungen, wie beispielsweise den Spanischen Schritt. Die Kür muss vor der Prüfung eingereicht und genehmigt werden. „Fast alle unsere Teilnehmer haben eine Kür geritten“, berichtet Wölert.
„Neben der Dressur wird natürlich auch das Reiten über Bodenricks im leichten Sitz oder Entlastungssitz beurteilt, schließlich müssen die Teilnehmer ebenso wie beim RA IV zeigen, dass sie ein Hindernis anreiten und springen können.“
Eine absolute Besonderheit des BRA IV im Gegensatz zum ‚normalen’ Reitabzeichen IV ist ein Prüfungsteil in der Handarbeit. Hier müssen die Prüflinge unter Beweis stellen, dass sie in der Lage sind ein Pferd im Schritt und Trab an der Hand vorzuführen. In der BRA IV wird zunächst noch die Handarbeit am kurzen Zügel verlangt, bei höheren Abzeichen dann am langen Zügel. Besonders beeindruckt zeigt sich die Trainerin von der Vorstellung einer jungen Dame, die ihr Pferd zweimal auf der Mittellinie in geschlossener Stellung halten ließ. „Das ist eine überaus schwierige Lektion, von der wir ihr zunächst abgeraten hatten, die sie aber bravourös absolvierte. Das muss man erst einmal können.“
„Gerade für die Handarbeit am kurzen bzw. später langen Zügel, ist das theoretische Wissen um die Unfallverhütung natürlich ein wichtiger Punkt der theoretischen Ausbildung. Als unsere Teilnehmer montags kamen, hatten sie zunächst noch nicht viel Wissen, vor allem im Hinblick auf die barocken Grundlagen. Sie haben sich jedoch innerhalb dieser einen Woche ein Wissen angeeignet, das selbst mich erstaunte,“ kommentiert die Trainerin den Lehrgang. „Da war enorm viel Engagement zu spüren. Denn schließlich ist die Vorbereitung mit so vielen Prüfung-Elementen deutlich aufwändiger als bei einem ‚normalen’ Abzeichen.“
So konnten dann schließlich alle Teilnehmer nach einer überaus anstrengenden Woche die beiden Prüfer, die eine Zusatzausbildung klassisch-barockes Reiten haben müssen, von ihren Fähigkeiten überzeugen. Da kann ‚Stallgeflüster nur gratulieren und gespannt sein, auf die Anforderungen in höheren Abzeichen-Prüfungen in dieser Disziplin.
„Stallgeflüster“ / E. Appenrodt