Linderung und Heilung durch Strahlenbehandlung aus der Humanmedizin
Strahlentherapie ist für Tiere neben OP und Chemo die neue Säule in der Krebsbehandlung.
Auch bei Tumoren, Arthrose, Spat, Sehnenproblemen und Fesselträger wird sie eingesetzt. Für die Pferde gibt es einen extra konstruierten Behandlungstisch.
Was bei vielen Menschen noch Hoffnung weckt, war für Pferde bisher nicht möglich. Das hat sich geändert. Im hessischen Linsengericht, nur rund 50 Kilometer von der Metropole Frankfurt entfernt, gibt es eine europaweit fast einmalige Einrichtung, die sich auf die Behandlung vierbeiniger Patienten spezialisiert hat. Und: Die Behandlungskosten sind für Herrchen und Frauchen erschwinglich.
‚Stallgeflüster‘ stattete diesem neuen onkologischen Zentrum für Veterinärmedizin, der Equinox Healthcare im November einen Besuch ab und sprach mit der leitenden Tierärztin Dr. Janine Brunner. Dr. Brunner, selbst Hundebesitzerin und Reiterin, führt uns zunächst durch die Klinik mit einer technischen Einrichtung von beeindruckendem Ausmaß. Hier wird nichts, aber auch gar nichts dem Zufall überlassen, denn die Behandlung mit den unterschiedlichen Strahlen erfordert millimetergenaues Arbeiten. Deshalb erhalten alle Patienten, ob groß oder klein, eine Kurzzeit-Narkose für die wenigen Minuten, die sie an einer zuvor exakt definierten Körperstelle der benötigten Strahlung ausgesetzt sind.
Bei kleinen Patienten ist das Einschlafen und richtige Positionierung kein großes Problem. Bei Pferden erfordert es allerdings ein deutlich aufwändigeres Verfahren. Dazu gibt es eine größenverstellbare Einschlafbox, in der der Patient so ausgerichtet wird, dass er sich bei Einsetzen der Narkose nicht verletzen kann und mit der Hebevorrichtung in exakter Position auf dem Behandlungstisch platziert werden kann. Allein schon die Konstruktion dieses Tisches ist für den Laien beeindruckend. Nicht nur, dass hier jeder Patient Platz findet, er ist u.a. auch durch Computer steuerbar, so dass die zu behandelnden Stellen exakt unter dem Strahlengerät ausgerichtet werden kann – ohne dass ein Mensch den Strahlenraum betreten muss.
Auf dem Weg in die Stallungen, in denen die Pferde stationär untergebracht werden, erzählt Dr. Brunner von den verschiedenen Erkrankungen, bei denen die Strahlentherapie zum Einsatz kommt. In der Krebstherapie ist sie neben dem chirurgischen Eingriff und der Chemotherapie die dritte Säule in der Krebstherapie, z.B. wenn ein Tumor nicht vollständig entfernt werden konnte. Aber auch bei Tumoren, die operativ nicht entfernt werden können, kommt sie zum Einsatz. „Das sind beispielsweise solche am Auge oder auf dem Auge, generell am Kopf oder aber auch an den Beinen, für die wir hier die beste Option sind.“
Doch nicht nur in der Krebstherapie bringen die Strahlen Heilung oder Linderung. Das zweite Einsatzgebiet für diese Behandlungsmethode ist, sehr zu unserem Erstaunen, die Schmerztherapie. „Eine niedrig dosierte gutartige Bestrahlung hilft beispielsweise bei Arthrose, Hufrolle, Spat, Sehnenproblemen, Fesselträger etc.“, berichtet Dr. Brunner. „Sie verändert das Schmerzempfinden und hemmt langfristig die Entzündung. Wir hatten hier schon einige Patienten-Besitzer, die recht erstaunt waren, wie sich ihr Pferd plötzlich auch mental verändert hatte, nach dem es schmerzfrei war.“
Pferde werden generell stationär in der Klinik aufgenommen – Hunde und Katzen dürfen nach der Behandlung und dem Aufwachen in einem eigens dafür eingerichteten Aufwachraum sofort mit Herrchen oder Frauchen nach Hause. Für die Pferde stehen drei gut gepolsterte Aufwachboxen bereit. Sie können von oben durch die beiden Tierärztinnen oder die tiermedizinischen Fachangestellten eingesehen werden, so dass auch der Aufwachprozess unter Kontrolle erfolgt.
Im Equinox Healthcare-Zentrum arbeiten derzeit neben den beiden Tierärztinnen und drei tiermedizinischen Fachangestellten zwei medizinisch-technische radiologische Assistenten. Sie kommen aus dem Bereich der humanmedizinischen Strahlentherapie, da es für Pferde, außer in Cambridge, europaweit bislang keine derartige Einrichtung gab. Auch Dr. Brunner selbst bildete sich nach ihrem Studium in der Anwendung und Planung der Bestrahlungstechnik in der Humanmedizin weiter. „Ich wusste, dass dieses Zentrum im Aufbau war und hatte mich bereits während des Studiums in Zürich mit dem Thema Onkologie befasst. Da lag es natürlich nahe, die Ausbildung im Hinblick auf die Strahlentherapie zu ergänzen.“
Neben den ständig angestellten Mitarbeitern arbeiten in Linsengericht auch ein Physiker, zur Qualitätssicherung und der Absicherung einer millimetergenauen Bestrahlung. Die Behandlungskonzepte, wie beispielsweise die Dosis, werden mit vier externen Mitarbeitern, alle Radio-Onkologen aus der Humanmedizin, abgestimmt. Zu ihnen zählt u.a. Prof. Dr. Med. Dipl.-Phys. Bernd Kober, der viele Jahre als Arzt und Professor in Heidelberg tätig war.
„So viele Experten, die Ausstattung mit dem Linearbeschleuniger, die Möglichkeit zur dreidimensionalen CT-gesteuerten Bestrahlungstechnik – kann sich denn ein Pferde- oder Hundebesitzer eine solche Behandlung leisten?“, fragt ‚Stallgeflüster‘ den Geschäftsführer der Equinox Healthcare GmbH, Thomas Voeste, im Anschluss an das Gespräch mit der leitenden Tierärztin. „Unser Konzept ist es, den Behandlungspreis erschwinglich zu halten“, erklärt Voeste. „Die Kosten für einen stationären Behandlungs-Aufenthalt des Pferdes liegen in etwa in ähnlicher Höhe wie die für eine Kolik-OP, die für die ambulante Behandlung von Hund und Katze im dreistelligen Bereich. Auch bieten wir unseren Patienten-Besitzern eine Ratenzahlung an und sind mit den einschlägigen Tierversicherern im Gespräch. Die Tierkrankenversicherung übernimmt derzeit in der Regel bereits die Kosten für eine Strahlentherapie. Die OP-Versicherung allerdings nur dann, wenn die Therapie im Zusammenhang mit einer vorangegangenen Operation erforderlich ist.“
Da kann man nur hoffen, dass künftig die OP-Versicherung auch die Behandlung durch Strahlentherapie in ihr Leistungspaket mit aufnimmt. Denn letztendlich ist es aus ‚Stallgeflüster‘-Sicht oftmals besser, zu erhalten, als zu entfernen.
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Email: info@equinox.vet
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An der Wann 8- 10
63589 Linsengericht
„Stallgeflüster“ / E. Stamm