Sommer, Sonne, Futtermangel
Viel Sonne, wenig Regen. Wie füttern, wenn Heu, Gras und Getreide knapp sind? Ein Pferd zu halten war nie ein günstiges Hobby.Man könnte pauschalisieren und sagen „großes Tier, große Kosten“.
Gerade die Ernährung stellt uns finanziell und logistisch vor Herausforderungen. Ein Jahr der Extreme wie dieses macht es uns nicht leichter.
Die Schwierigkeiten begannen bereits im Frühjahr. Nicht nur der Sommer 2018 brachte zu wenig Regen, bereits die Monate Februar und März waren deutlich zu trocken. Der Mangel an Wasser sorgte dafür, dass die Gräser unseres Grünlands wenig optimale Bedingungen vorfanden um zu wachsen. Das Ergebnis ist ein erster Grünschnitt mit deutlich reduzierten Erntemengen. Da uns auch der Sommer den Regen verweigerte, blieb es in vielen Regionen in Deutschland bei dieser einen Heuernte. In der Folge steht wenig Heu zur Verfügung, das sich der Pferdehalter mit dem Rinderzüchter und dem Milchviehbetrieb teilen muss. Konstant steigende Preise sind keine Überraschung. Leider lässt auch die Qualität des Raufutters häufig zu wünschen übrig. Der Halter steht vor der Herausforderung hochwertiges Heu zu einem erträglichen Preis zu finden. Aktuell sind Preise von 80 Euro pro Rundballen keine Seltenheit. Bei einem durchschnittlichen Bedarf von Fünf bis Sieben Kilogramm pro Tag und Tier stellt sich die Frage was kann ich tun, denn Heu als Grundlage der Pferdeernährung ist unabdingbar.
Der Mangel an Heu ist nicht unser einziges Problem. Bedingt durch die angesprochene Trockenheit hat sich selbstverständlich auch das zur Beweidung genutze Gründland schlecht entwickelt. Die Folge ist deutlich zu wenig Aufwuchs um ein Pferd oder Pony adäquat zu Ernähren. Die Weidesaison war dem entsprechend ein kurzes Vergnügen. Gras als proteinreicher Energielieferant leistet einen wichtigen Anteil daran, Pferde wohlgenährt in den Fellwechsel und den folgenden Winter zu bekommen. Wer nicht zeitig begonnen hat, auf der Weide Heu und Kraftfutter anzubieten hat spätestens im Fellwechsel eine unschöne Überraschung erlebt. Raufutter und besonders die enthaltene Rohfaser sind für die Funktion des Magen-Darm-Traktes unserer Pferde unverzichtbar. Fehlende Nährstoffe im Heu können wir jedoch durch die Gabe von Kraftfutter ausgleichen. Zwar Sind auch bei Getreide die Preise durch geringere Erntemengen gestiegen, jedoch nicht in einem Maß wie wir es beim Heu erleben. Zusätzlich hat der warme und trockene Sommer in Teilen Deutschlands für hohe Qualitäten gesorgt. Lediglich die Größe der Körner ist gegenüber anderen Jahren kleiner ausgefallen. Da wir Getreide aber in Kilogramm und nicht in Liter füttern, stellt dies für den Pferdehalter kein Problem dar. So kommen auf ein Kilogram Kraftfutter schlichtweg mehr Körner, als wir das vielleicht gewohnt sind. Das Auswiegen der Futterrationen sollte grundsätzlich von jedem Pferdehalter vorgenommen werden um akkurate Rationen zu gewährleisten. Das beliebte Maß „Schaufel“ oder „Joghurtbecher“ stellt keine tragbare Mengenangabe dar.
Im Unterschied zur Rohfaser findet die Verdauung von Getreide, um genauer zu sein von Stärke im Magen und Dünndarm statt. Grundsätzlich sollten kleine Mengen Kraftfutter über den Tag verteilt gefüttert werden. Rationen sollten nicht über 1,5 Kilogramm liegen, um die Verdauungstätigkeit des Magens optimal zu nutzen. Zusätzlich sollte auf einen hohen Anteil an Struktur im Kraftfutter geachtet werden, um die Kautätigkeit und den damit einhergehende Speichelfluss im Pferdemaul zu optimieren. Kraftfutter mit hohem Anteil an Pellets sind hier physikalisch im Nachteil, da die Anzahl der Kauschläge um diese zu zerkleinern geringer ist als bei Getreiden in ihrer natürlichen Form.
Ein durchschnittlicher Hannoveraner von 170 Zentimetern Stockmaß und einer Stunde täglicher Arbeit lässt sich so mit 2 bis 2,5 Kilogramm Kraftfutter neben der Gabe von Heu problemlos in der Masse erhalten. Die Heuration kann hier für den wichtigen Anteil an Rohfaser mit Stroh gestreckt werden, um Fresspausen zu verhindern.
Neben Stroh sind zudem Luzerne ein probates Mittel um die Ration an Raufutter zu ergänzen. Die Aussage, das Luzerne grundsätzlich viel Protein enthalten ist schlichtweg falsch. Der Hauptanteil liegt im Blatt der Luzerne, die kein Gras, sondern ein Klee ist. Luzerne, auch Alphalpha genannt in Form von gepressten, kleinen Ballen, wie wir sie im Handel finden enthalten häufig einen sehr geringen Anteil an Blättern und sind daher arm an Protein. Eine wichtige Information, denn gerade diese eignen sich hervorragend als Ergänzung im Raufutter oder dessen Ersatz für die bekannten Robustrassen. Viele kleine grüne Bestandteile im Ballen lassen auf einen höheren Gehalt an Blättern schließen. Wer jedoch den hohen Gehalt an Protein in Luzernen schätzt und diesen einsetzt, um beispielsweise den Aufbau der Muskulatur beim Pferd zu unterstützen, greift besser auf Luzernecobs zurück. Bei der Herstellung von Cobs wird in der Regel die gesamte Pflanze verwendet. Hier hilf uns die Nährstoffangabe auf der Verpackung. Um den gewünschten Effekt zu nutzen sollte der Gehalt an Rohprotein nicht unter 14 Prozent liegen.
Wir stellen fest, dass wir fehlende Nährstoffe im Raufutter durch Kraftfutter einbringen können. Wenn uns zu wenig Heu zur Verfügung steht, können wir dieses durch hochwertiges Stroh oder Luzerne in der Ration ergänzen.
Wir müssen davon ausgehen, dass bedingt durch den Klimawandel die Durchschnittstemperatur in Deutschland weiter steigen wird, bei immer geringer werdenden Niederschlagsmengen in den Frühjahrs- und Sommermonaten. Auch wenn der Sommer in diesem Jahr ein besonderes Phänomen darstellt, so ist doch deutlich eine Veränderung des Klimas in Deutschland für uns alle spürbar.
Wir müssen uns der Frage stellen, wie wir zukünftig im Zuge der anstehenden Herausforderungen die Fütterung unserer Nutztiere gestalten wollen. Hier kann uns ein Blick in die Vergangenheit helfen.
Ein Klassiker der Pferdefütterung des letzten Jahrhunderts ist die Futterrübe. Durch ihren Gehalt an Stärke und Zucker bringt sie einiges an Energie mit. Der geringe Anteil an Rohfaser muss ausgeglichen werden. Bei kühler, aber frostfreier Lagerung lässt sich die Futterrübe zudem gut über den Winter bringen.
Betriebe die bereits jetzt wissen, dass die Heubestände maximal bis in das kommende Frühjahr ausreichen, können sich mit Grünschnittgetreiden helfen. Sofern Anbauflächen zur Verfügung stehen lässt sich Getreide im Ehrenschub abmähen wie wir es vom klassischen Grünland kennen. Anschließend kann es zu Heu verarbeitet werden, zudem lässt sich Grünschnittgetreide problemlos zu Silage verarbeiten. Bereits bekannt ist der Grünhafer, mit seinem hohen Gehalt an Rohfaser und Protein kann er ein adäquater Ersatz bei fehlendem Heu sein, umso den Mangel an Raufutter im Frühjahr zu überbrücken.
Auch der Anbau der Luzerne findet in Deutschland immer mehr Freunde. Die Königin der Futterleguminosen bevorzugt warme und sonnige Standorte, weshalb die Hauptanbaugebiete bisher in Frankreich und Norditalien lagen. Im Zuge des sich verändernden Klimas in Deutschland findet die Luzerne mittlerweile auch hier gute Wachstumsbedingungen und erfreut sich stetig wachsender Beliebtheit.
Eines der bekanntesten Futtermittel mit langer Tradition ist die Erbse. Flockiert und aufgeschlossen eignet sie sich durch ihren hohen Gehalt an Protein und Stärke gut zur Ergänzung im Kraftfutter. Nicht außer Acht zu lassen ist hier der vergleichsweise hohe Gehalt an Aminosäuren. Zusätzlich handelt sich um eine Leguminose, sie ist also in der Lage Stickstoff aus der Luft zu binden und führt diesen dem Boden zu. Durch den Anbau von Leguminosen wie der Erbse, kann der Einsatz von Stickstoffdüngern in der Landwirtschaft sinnvoll reduziert werden.
Wenn auch nur kurz beschrieben können wir feststellen, dass für die Zukunft der Fütterung unserer Pferde und auch anderer Nutztiere einiges geboten ist.
Grundsätzlich müssen bekannte Ansätze in der Fütterung regelmäßig diskutiert und überdacht werden um im Anbau, sowie in der Verwendung von Futtermitteln voran zu kommen. Das Jahr 2018 wird nicht die letzte Herausforderung für uns Pferdehalter gewesen sein. Nur durch eine stetige gemeinsame Weiterentwicklung können wir Krisen durch Knappheit von Rau- und Kraftfuttern wie in diesem Jahr zukünftig etwas entgegensetzen. Aus diesem Grund müssen wir für Neues offen sein, aus dahergebrachtem Lernen und über die Grenzen unseres Landes schauen um unseren Horizont zu erweitern.
Timm Miunske