Mustang Makeover: Die unglaubliche Schau der Wildpferde
Die Idee vom ‚Mustang Makeover‘ kommt aus den USA.
Dort werden diese Veranstaltungen seit 2007 regelmäßig durchgeführt – inzwischen sowohl in Kentucky als auch in Texas. Ins Leben gerufen wurden die Events von der Mustang Heritage Foundation, deren Ziel es ist, möglichst viele Pferde, die in den staatlichen Auffangstationen leben, zu vermitteln.
Im vergangenen Jahr fand erstmals in Aachen ein deutsches Pendant zu diesem amerikanischen Spektakel statt. In diesem Jahr war ‚Stallgeflüster‘ vor Ort, um sich selbst ein Bild von dem Ereignis zu machen. Regelmäßige ‚Stallgeflüster‘-Leser werden sich daran erinnern, dass wir Mustang Leo und seinen Trainer Luuk Teunissen seit Leos Ankunft in Deutschland begleitet haben. Denn jeder der 22 Trainer hatte 90 Tage lang Zeit mit seinem Mustang zu arbeiten, bevor es nach Aachen ging.
Dort stellten die Trainer ihre Pferde im Rahmen einer Trainer Challenge in vier Kategorien vor: der Handling Class, dem Trail, einer Dressur/Horsemanship-Aufgabe und dem Freestyle Finale. Bewertet werden die Einwirkung des Trainers, das Verhalten des Pferdes und nach harmonischer Teamarbeit. Dabei haben alle Pferde eine unterschiedliche Ausbildung genossen, vom Western bis zum klassischen Reiten oder Working Equitation. Für die Youngsters unter den Mustangs gibt es eine separate Prüfung, in der die Trainer zeigen, was mit ca. zweieinhalbjährigen Pferden möglich ist. Diese nach amerikanischem Vorbild gestaltete Challenge hebt die vielseitige Verwendbarkeit des Mustangs und seine Lernfähigkeit besonders hervor.
Drei Tage dauert die Veranstaltung, deren Höhepunkt nach der Siegerehrung, die von Mustang-Interessenten fieberhaft erwartete Auktion am späten Sonntag Nachmittag ist. ‚Stallgeflüster‘-Redakteurin Elke Stamm macht sich am frühen Sonntag Vormittag auf den Weg zum CHIO-Gelände und staunt nicht schlecht: Trotz des glühend heißen Sommertages – die sommerliche Hitzewelle hatte auch vor der Stadt im Dreiländereck nicht halt gemacht – ist das Gelände voll von Menschen, selbst die Tribünen des Deutsche Bank Stadion sind am frühen Vormittag schon bestens belegt. Gegen Mittag wird’s noch voller – lange Schlangen bilden sich an den verschiedenen Erfrischungsstationen und auch die nicht gerade kleine Industrie-Ausstellung ist so gut besucht, dass manch ein Aussteller den Wunsch nach einem bestimmten Produkt abschlagen muss: “Tut uns leid, ist ausverkauft.“
Fairness, Fitness,
Partnerschaft
Rund um den Außenplatz, unter dem Motto ‚Pferdewissen 360°‘ drängt sich das Publikum, um beispielsweise Themen zu zuhören und zu schauen, wie ‚Kommunikation statt Konditionierung‘, ‚Fitness für Reiter‘ oder ‚Fair und Fit zum Erfolg‘. Bei allen Themen, auch denen in der Albert-Vahle-Halle, stehen Fairness, Partnerschaft und Wissen rund ums Pferd – vom passenden Sattel bis zu Muskelaufbauprogrammen – im Vordergrund des Geschehens. Sportliche Höchstleistungen sind hier kein Thema.
Während draußen die diversen Vorträge und Demo-Vorstellungen stattfinden, gibt es im Stadion diverse Shows und natürlich die letzte Trainer-Challenge vor dem Finale am Nachmittag.
Unser ‚Stallgeflüster‘-Freund Leo ist leider ausgeschieden, hören wir schon bei unserer Ankunft. „Er lief beim Vet-Check nicht ganz rund“, erklärt uns Luuk Teunissen. Auch Pocahontas und Trainerin Maja Hegge schieden wegen ähnlicher Probleme aus. Sonja Kutter beschloss ihren Hoka Hey gar nicht erst nach Aachen zu bringen, denn zum einen hatte sie ihn vor dem Event bereits selbst gekauft und zum anderen hatte er einen starken Wachstumsschub, so dass sie ihn bei der Hitze lieber zu Hause ließ. Auch drei weitere Pferde waren bereits im Vorfeld verkauft und kamen nicht zur Auktion.
Spannung vor dem Finale
In der halbstündigen Pause zwischen Trainer Challenge und Freestyle Finale mit anschließender Siegerehrung und Auktion treffen wir die 14jährige Malou aus Erding. Aufgeregt mit einem Bieterschein winkend kommt sie angerannt. Sie reitet seit rund zehn Jahren, besitzt einen Lewitzer-Araber und möchte jetzt gerne noch einen Mustang ersteigern. Begleitet wird die junge Dame von ihrer Mama, deren Freundin mit Lebensgefährten und ihrer jüngeren Schwester Isa (11). Natürlich wollen wir gerne wissen, ob sie sich bereits für ein Pferd entschieden hat, denn schließlich kann man alle in ihren Ställen besuchen und unter einigen Zuschauern werden die Favoriten im Vorfeld bereits heftig diskutiert. „Nun ja,“ antwortet sie etwas zögerlich, „der Pocahontas hätte mir schon gut gefallen, aber leider geht der ja nicht klar.“ Mutter Sonja wiegelt ein wenig ab und meint, man werde erst einmal schauen. „Was willst Du denn mit Deinem Pferd machen?“, fragen wir noch ein wenig weiter. „Derzeit reite ich so ein Mittelding zwischen Western und Freizeit,“ erklärt uns der Teenager und Mutter Sonja ergänzt: „Eigentlich reitest Du einen ganz eigenen Stil.“ „Nun ja, ich reite eben auch mit Halsring und mache Freiheitsdressur. Mir ist halt die Einheit mit meinem Pferd das Allerwichtigste.“ „Und Turnierambitionen?“ „Turniersport interessiert mich überhaupt nicht – das macht mir keinen Spaß.“ Na, dann warten wir mal das Finale und die Auktion ab…
Bereits eine halbe Stunde vor Beginn ist Einlass in das Stadion und die Menschen drängen auf die Plätze. Eingeleitet von der Sängerin und Schauspielerin Diana Schneider beginnt die große Show – und das ist es wirklich. Kaum zu glauben, was die Trainer da in den 90 Tagen mit ‚ihren‘ Mustangs für die Freestyle-Vorführung erarbeitet haben. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Da wird ein Pferd durch eine Luftballonbrücke geritten, da fährt ein Krankenwagen mit Sirenengeheul und Blaulicht neben dem ehemaligen Wildpferd durch das Stadion während gleichzeitig Quads, ausgestattet mit feuerspeiender Pyrotechnik, die Sicht vernebeln. Ein anderes Bild zeigt Pegasus mit wehenden Flügeln auf dem Mustang, ein weiteres stellt Cowboy und Indianer vor, bei dem das Pferd unter dem Reiter ein Gummiboot hinter sich her zieht – und vieles mehr. Diese Vorstellungen können tatsächlich mit so mancher professionellen Pferdeshow mithalten.
Nach den Schau-Bildern, für die den Trainern jeweils drei Minuten Zeit blieb, folgt die Siegerehrung. Hier kommt Trainerin Marie Heger mit Wild Berry auf den ersten Platz. Sie hatte für ihre Final-Vorstellung eine überdimensionale Plexiglaskugel und lange blaue Fahnen zum Einsatz gebracht. Sebastian Nolewaijka, der für seine Vorstellung von Joyful Journey u.a. einen Skydancer im Stadion aufgestellt hatte, gelangte auf Platz zwei.
Die Stimmung im Stadion war bereits bei der Siegerehrung heiß – und wurde noch heißer, als Diana Schneider auf einem Truck in das Stadion fuhr und die Auktion mit einem ihrer Songs einleitete. Hier ging’s dann richtig heiß her: Es folgte Gebot auf Gebot. So mancher musste sicherlich mehr für seinen Mustang bieten, als ursprünglich geplant und so mancher auf sein Traumpferd verzichten. Auch die kleine Malou war unter den erfolgreichen Bietern: Für 16.000 Euro fuhr sie mit dem zweijährigen Heartbreaker, einem bildhübschen Falben, ausgebildet von Trainerin Janell Baader, nach Erding zurück.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm