Die „jungen Wilden“ und was aus ihnen wurde…
Von Zeit zu Zeit stellt ‚Stallgeflüster’ vielversprechende junge Nachwuchstalente vor. Deshalb fragt ‚Stallgeflüster’ ab und an einmal nach, was denn aus ihnen geworden ist. In unserer Ausgabe 11, April/Mai 2009 stellten wir Ihnen Roberto Scherneck vor. Der 19jährige war damals ein vielversprechendes Vielseitigkeits-Talent und hatte seine Ausbildung zum Pferdewirt ‚Haltung und Service’ in Dillenburg begonnen.
Seither ist er viel herumgekommen – in diesem Jahr sogar bis nach Rio zu den Olympischen Spielen.
2010 ergab sich die Gelegenheit, die Ausbildung statt im Landgestüt Dillenburg bei Frank Ostholt fortzusetzen, eine Möglichkeit, die der junge Mann ergriff. „Bei Ostholt habe ich mich um alle Pferde gekümmert, war als Bereiter und Pfleger angestellt, stellte die jungen Pferde in Springpferde- und Geländepferde- sowie Eignungsprüfungen vor und beendete dort meine Ausbildung“, erzählt er ‚Stallgeflüster.
2013 nahm Scherneck ein Stelle im Therapie- und Bewegungszentrum Püning-Schopmann an, betreute die Therapie-Pferde und setzte mit dem Reiten aus. Als der Betrieb dann von Everswinkel nach Bawinkel umzog, war das dem inzwischen Wahl-Nordrhein-Westfalen zu weit von seinem Wohnort in Milte entfernt. Doch wie so oft im Leben: „Die eine Tür ging für mich zu die Andere auf.“ Seit 2016 arbeitet Roberto in der Tierklinik Telgte, ein Arbeitsplatz, der ihm wieder mehr Zeit zum Reiten lässt. Nebenbei hatte er immer wieder bei seinen Freunden, Züchterfamilie Boememann mit geholfen und ihre jungen Pferde angeritten. Dort entdeckte er ein „tolles Pony. Ich habe sie 3jährig zusammen mit Heike Boememann angeritten, nicht öfter als zwei bis drei Mal pro Woche. Dann entschlossen wir uns, dem Pony eine Pause zu gewähren. Wir haben sie dann Ende ihres vierten Lebensjahres wieder angeschoben und trainierten sie schonend weiter. Seit Dezember 2015 reite ich sie regelmäßig und bilde sie aus, sodass die Tochter sie später mal übernehmen kann.“
Robertos Begeisterung für das Pony ist groß: „Ich bin Familie Boememann sehr dankbar, dass sie mir so ein tolles Pony zur Verfügung stellen, denn ohne die richtigen Besitzer, die hinter einem stehen, geht nix.“ Und das Pony macht sich gut: „Sie macht einen Super-Job, hat uns noch nie enttäuscht und gewann in Emsdetten ihre erste Eignung mit Gelände mit einer Note 8.0.“
„Auch im Stil A konnten wir schon eine Platzierung holen. In Milte war sie mit 7.7 Dritte. In Hamm-Heessen lief sie ihre erste Springpferde und wurde erste Reserve. Wir haben vor, sie in diesem Jahr schonend auszubilden und nicht für das Bundeschampionat zu qualifizieren. So bleibt mir der Druck erspart und ich kann sie weiterhin locker ausbilden. Da ich als Pfleger mit Sara Algotsson-Ostholt nach Rio fahre, hat sie dann auch mal wieder Pause und geht erst im August wieder weitere Prüfungen.“
Roberto Scherneck erzählt von Rio
Nach dieser Zusammenfassung seiner Erlebnisse nach 2009 sprach Stallgeflüster erneut mit Roberto Scherneck, nachdem dieser aus Rio zurückgekehrt war. Schließlich wollten wir wissen, wie die persönlichen Eindrücke des Begleiters der schwedischen Vielseitigkeits-Equipe bei den Olympischen Spielen waren. „Von den Olympischen Spielen selbst haben wir als Begleiter nicht so sehr viel mitbekommen“, berichtet Roberto. Er war ebenso wie seine Kollegen bereits einen Tag vor den Pferden angereist, um die Boxen und Stallungen für die Vierbeiner vorzubereiten.
„Da war eine echte logistische Hochleistung bereits im Vorfeld erforderlich“, berichtet der gelernte Pferdewirt. „Alles, was wir mitnehmen wollten, musste im Vorfeld schriftlich aufgelistet und mit dem jeweiligen Preis beziffert werden. Das begann beim Sattel und endete bei der Trense. Hinzu kam, dass man nur 250 kg mitnehmen darf – und die sind rasch erreicht. Also muss im Vorfeld bereits alles genau bedacht und kalkuliert sein – man nimmt nur das mit, was man wirklich braucht.“
„Die Stimmung in Rio war super – sowohl unter den Reitern als auch in den geräumigen nigel-nagel-neuen Ställen unter den Pflegern. Man half und unterstützte sich, wo es nur ging. Das war schon ein Erlebnis, die Zusammenarbeit mit Menschen so vieler unterschiedlicher Nationalitäten.
Auch das Klima war super. Obwohl wir Temperaturen von 30 bis 35 Grad hatten, machte das den Tieren nichts aus – auch uns selbst nicht.“ Das Einzige, was das Erlebnis Rio bei Roberto ein wenig trübte, war das Essen. „Das war schon recht gewöhnungsbedürftig, jeden Tag gab es Reis“, meint der geborene Thüringer und hat sich nach seiner Rückkehr erst einmal eine ‚ordentliche’ westfälische Mahlzeit gegönnt.
„Stallgeflüster“ / Elke Stamm