Der Hufschmied mit der Hammer-Stimme
Eine feste Uhrzeit mit Marco Schumertl zu vereinbaren, ist nicht leicht:
„Kommt drauf an, wie die Pferde heute Lust haben,“ sagt der Heuchelheimer, der bei der Castingshow „The Voice of Germany“ Coaches, Studiopublikum und TV-Zuschauer gleichermaßen vom Hocker riss. Nach seinem furiosen Ausflug ins Showbusiness ist der angehende Hufschmied mit der Hammer-Stimme nun wieder mit seinem Chef Jürgen Gotthardt im Westerwald von Gestüt zu Gestüt unterwegs.
Und dann klingelt das Telefon überraschend schon um 16 Uhr. Marco ist im Auto, auf dem eineinhalbstündigen Heimweg – die beste Zeit für ein Interview, sagt er. Denn auch abends ist Marco mit seiner Band “The Muskmelons“ und seinem Projekt „Das Eventduo“ ein viel beschäftigter Mann. Die Pferde, hatten sie heute denn Lust? Marco lacht: „Drei waren‘s, nichts Besonderes. Normaler Beschlag, vier Eisen, einer hinten ein bisschen verbreitert.“ Er liebt seinen Beruf, den ganzen Tag unterwegs, an der frischen Luft, das ist ganz nach dem Geschmack des Vollblutmusikers, der es bis zum Halbfinale bei „The Voice“ geschafft hatte.
Das ganze Brimborium um seine Sangeskünste und sein mitreißenden, energiegeladenen Auftritte ist ihm eher ein wenig unangenehm. „Ach, das ist doch alles Show,“ winkt Marco Schumertl bescheiden ab. Er sei nicht so der geborene Frontmann, der es genieße, zu performen. Deshalb sitze er bei den „Muskmelons“ auch lieber hinterm Schlagzeug: „Da steht man nicht so im Vordergrund. Das ist viel entspannter.“
Die Idee, Hufschmied zu werden, kam ihm nach seiner Bundeswehrzeit, als sich die Frage stellte, was er beruflich machen möchte. Was Handwerkliches sollte es sein, auf alle Fälle. „Mein Großonkel hat ein Gestüt bei Wehrda. Ich konnte schon immer gut mit Pferden und bin auch geritten. Nichts Ambitioniertes, aber ich hatte die Connections, dass ich ein Pferd haben und in den Wald ausreiten konnte. Irgendwann ist mir dann mal eine Kunstschmiedeausrüstung zugefallen, von einem entfernten Verwandten, und ich habe angefangen, Schmiedearbeiten zu machen.“ Ende des Jahres wird Marco seine Ausbildung zum Hufschmied abgeschlossen haben: „Mein Chef ist ganz locker gewesen und stand voll hinter mir, als ich bei ‚The Voice‘ mitgemacht habe. Der hat mich immer unterstützt und auch freigestellt, als ich immer weiter gekommen bin,“ sagt Marco dankbar.
Bereits mit 14 spielte Marco Gitarre in einer Schülerband, hat in vielen Musikprojekten mitgearbeitet, auch im Frankfurter Raum. Eine Karriere als Profimusiker wäre bei allem Talent keine Option für ihn: „Am liebsten wär‘ mir Fifty-Fifty, Musik machen und Pferde beschlagen,“ sagt er ganz bodenständig. „Musik muss man mit Leidenschaft machen. Das geht verloren, sobald Zwang dahinter ist, weil man Geld verdienen muss.“ Als selbstständiger Hufschmied könne er sich die Zeit perfekt einteilen, was sich super mit Musik machen vereinbaren lasse. So in zehn Jahren, sinniert er, könne er sich vorstellen, unter der Woche jeden Tag so zwei bis fünf Pferde zu machen, ganz entspannt. Und sich nebenbei mit seiner Partnerin und dem gemeinsamen Musikprojekt „Das Eventduo“ ein zusätzliches Einkommen aufzubauen.
„Das Eventduo“ gibt Dinnerkonzerte, spielt auf Hochzeiten, Firmenfeiern und Vereinsfesten. „Wir machen stilvolle Cover- und Instrumentalmusik, spielen beide mehrere Instrumente und singen. „Wir kommen mit einem kleinen Schlagzeug, einem Piano, zwei Gitarren.“ Musik und Pferde beschlagen, beides gehe er auf professioneller Ebene an: „Sowohl beim Hufe machen als auch beim Musik machen habe ich hundert Prozent Fokus, da bin ich wie im Tunnel. Der große Unterschied: Auf der Bühne spielst du eine Rolle. Auch wenn du mal schlecht gelaunt bist oder nicht so richtig Lust hast merkt das keiner.“ Beim Beschlag sei das anders: „Da musst du mit Kopf und Körper voll bei der Sache sein, sonst wird es gefährlich.“ Klar hat er auch schon ein paar Tritte abbekommen: „Das tut weh, aber mit jedem Tritt wird man erfahrener und weiß besser, wie man sich geben muss.“
Mittlerweile wird Marco Schumertl immer öfter erkannt, was er völlig uneitel zur Kenntnis nimmt und zu verhindern weiß: „Ich trug bei ‚The Voice‘ Kontaktlinsen. Sobald ich die Brille aufsetze, bin ich ein völlig anderer Typ. Da erkennt mich keiner, da fliege ich wie Superman unterm Radar.“ Ob er lieber mit Menschen oder mit Pferden zusammenarbeitet? Marco denkt kurz nach: „Eher mit Pferden. Die stellen meine Expertise nicht infrage,“ sagt er und lacht. „In der Musik gibt es viel mehr Punkte, wo man sich uneinig werden kann. Außerdem kann man aufhören, wenn man mal keinen Bock mehr hat, die professionelle Ebene verlassen und nur noch so ein bisschen vor sich hin dudeln. Bei den Pferden geht das nicht. Da musst du das Ding durchziehen und die Arbeit einfach fertig machen.“ Beim Beschlagen zu Singen, das würde dem Hufschmied mit der Hammer-Stimme jedoch niemals in den Sinn kommen.
Das Eventduo.de
@muskmelons.band
© Fotos: Privatarchiv Schumertl
Stallgeflüster/ K.Pohl