Bunte Rassevielfalt auf der Heppenheimer Kaltblutschau
Einen bunten Überblick über Pferde verschiedenster Rassen und unterschiedlichste Disziplinen in der Arbeit mit ihnen bot in diesem Jahr wieder einmal die Heppenheimer Kaltblutschau.
Zwar kamen dabei die wirklich ‚Schweren‘ ein wenig kurz – nur zwei Rassen waren hier vertreten – dennoch erhielten Pferdefreunde einen breiten Überblick über die Dinge, die sich so mit Pferden tun lassen.
Mini-Shettys vor der Kutsche – ein süßes Bild, von dem sich vor allem die kleinen Besucher der Schau bezaubern ließen.
Eine Dressur-Kür von Sarah Wüst vom Heppenheimer Reitvereins stellte den klassischen Dressursport vor. Doch dann wurde schon ein wenig exotischer: Anna Camilleri stellte gemeinsam mit ihren Töchtern Chiara und Antonina ihre Murgesen in einem Pas de Trois vor. Ein schönes Bild, diese drei barocken Pferde, die außerhalb Italiens kaum bekannt wurden. Dabei gibt es diese Rasse bereits seit dem 13. Jahrhundert. Der Murgese ist ein Pferd mit einem Stockmaß von ca. 150 bis 168 Zentimetern, gilt als trittsicher und gebunden in seinen Bewegungen und verfügt über ausgezeichnete Reiteigenschaften. Lebhaftes Temperament kombiniert mit einem ausgeglichenen Charakter, Ausdauer und Lauffreudigkeit sowie hohe Intelligenz und Arbeitsbereitschaft charakterisieren das Interieur. Während des 19. Jahrhunderts wurden diese Pferde, deren Heimat rund um Murgia, Apulien liegt, vielfach in der Forstwirtschaft eingesetzt. Mittlerweile werden viele von ihnen in ihrem Zuchtgebiet zu Polizeipferden ausgebildet oder aufgrund ihres ruhigen Charakters im Reittourismus eingesetzt. Die typischen Farben der Murgesen: Schwarz ohne Abzeichen oder Mohrenkopfschimmel von denen einer auch bei der Kaltblutschau bewundert werden konnte.
Wie man einfühlsam ein junges Dressurpferd auf seine künftigen Aufgaben vorbereiten kann, das zeigte Daniel Köck vom Dressurleistungszentrum Walldorf. Der sechsjährige Golden Oak hatte hier seine Premiere im Viereck vor zahlreichem Publikum und meisterte dies ausgezeichnet. Schließlich konnte er sich hier beim ersten Mal ohne zusätzlichen Leistungsdruck und Turnierstress präsentieren.
Dann kamen endlich die Tiere zum Zug, von denen zwar nur wenige vertreten waren, die jedoch der Veranstaltung urspünglich ihren Namen gaben: Die Kaltblüter.
Zwei stattliche Pfalz Ardenner zeigten sich mit ihrem Chef, Hubertus Assmann, vor einem über hundert Jahre alten Kutsch-Wagen und gaben dem Publikum einen Eindruck von der Kraft und Wendigkeit der ‚starken ,Pferde‘. Sie fragen sich sicherlich ebenso wie wir von der Redaktion ‚,Stallgeflüster‘, was ein Pfalz Ardenner ist. Wir haben deshalb einmal nachgeschaut.
„Der Pfalz-Ardenner ist eine vergleichsweise junge Pferderasse, die um 1900 entstand. Die züchterische Basis der Rasse Pfalz-Ardenner war und ist auch heute noch durch Zuchttiere der französischen Kaltblutrassen wie insbesondere Lothringer, Comtois und Ardenner, sowie durch Belgier, Rheinisch-Deutsches Kaltblut und Süddeutsches Kaltblut gekennzeichnet“, so kann man das im Online-Lexikon Wikipedia nachlesen. Früher wurden diese Tiere in der Landwirtschaft als kräftige Zugpferde eingesetzt, werden sie vor allem als Fleischlieferanten gezüchtet. Seit einiger Zeit kommen sie auch wieder in der Forstwirtschaft zum Einsatz. Sie gelten als zuverlässig, freundlich und robust und trotz ihres Gewichts von 800 bis 1000 kg als agil und lebhaft.
Ein Musterbeispiel an Gelassenheit und Gehorsam – so präsentierten sich gleich darauf die Noriker von Peter Giegerich. Er präsentierte seine Verlade-Schau, bei der sicherlich so manchem Warmblutbesitzer das Herz ein wenig blutete: Vorwärts in den Anhänger: Gar kein Problem, rückwärts lassen sich die Tiere ebenfalls bestens auf den Anhänger dirigieren – egal, ob allein oder zu zweit. Und frei nach dem Motto ‚Besser schlecht gefahren, als gut gelaufen‘, holten sie den Anhänger tatsächlich auch noch ein, als der bereits fuhr.
Noriker sind eine Öster reichische Gebirgs-Kaltblutrasse und erfreuen sich in Deutschland vor allem im Freizeitbereich zunehmender Beliebtheit. Im Mittelalter wurden sie als Saumpferde für den Warentransport über die Alpen ebenso genutzt wie als Reitpferde. (Vgl. ‚,Stallgeflüster‘ Ausgabe 73, September / Oktober 2019).
Neben den ‚besonderen‘ Pferderassen bekamen die Zuschauer auch allerlei Show-Effekte zu sehen. Hierfür scheinen sich die iberischen Pferde, wie Lusitanos oder PREs besonders zu eignen. Von der Freiheitsdressur bis zum Pas de Deux mit der Garrocha, kleinen Geschichten mit Pferden, wie die ‚Zauberfeder‘ der BM-Ranch Eich, einer Springquadrille und der Vorführung der Voltigierer des RuF Heppenheim hatte das zahlreiche Publikum von morgens bis abends ein spannendes Programm, von dem man kaum sagen kann, was hier am Schönsten war. Spektakulär auf alle Fälle war die Vorstellung des Showteams Allegra, eine Show mit berittenem Bogenschießen und viel Temperament – ein ästhetischer Genuss die Nibelungen Quadrille Odenwald, deren Fahrer Pferde und Ponys vielfältiger Rassen eingespannt haben, vom Freiberger, Schwarzwälder über den Friesen bis hin zum Welsh B-Pony.
Alles in Allem: Die Kaltblutschau war auch in diesem Jahr wieder einen Besuch wert. Ein tolles Programm, gute Bewirtung an unterschiedlichen Stellen, so dass sich keine Schlangen bildeten und last but not least das Ganze auch zu zivilisierten Preisen, bei denen eine mehrköpfige Familie nach dem Event nicht vor dem finanziellen ‚Aus‘ steht.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm