Festhalle Frankfurt: Wiedersehen nach zweijähriger Pause
Lange Jahre war es für viele Hessen ein fester Termin im Kalender:
Am Donnerstag, eine Woche vor Weihnachten, traf man sich im festlich strahlenden Ambiente der Frankfurter Festhalle beim internationalen Reitturnier. Alte Bekannte noch einmal im alten Jahr treffen, ein ‚Schnackes‘ halten, ein bisschen Fachsimpeln und schauen, was die Vereine im Umkreis so treiben.
Dann zwei Jahre lang nichts – zumindest nicht für den Besucher, der nur ein wenig shoppen oder schwätzen wollte. Die Finales im ‚großen‘ Sport fanden auf dem Schafhof in Kronberg statt – doch so schön es dort auch ist – es fehlte die gewohnte, altehrwürdige Umgebung mit ihrer speziellen Atmosphäre.
Doch in diesem Winter stand das große Ereignis erneut auf dem Programm: Drei Tage lang Spitzensport vom Allerfeinsten und natürlich nicht zu vergessen, der Hessentag am Donnerstag. „Ob wohl alles wieder so wird, wie es war?“
Ja, es wurde so, wie war. Die Prüfungen am Donnerstag, vor allem für den Nachwuchs unter den Reitern, und am frühen Morgen auch für den vierbeinigen Nachwuchs im Spitzensport, standen alle wieder auf dem Ablaufplan. Klar, dass auch das Ambiente die Erwartung der Besucher nicht enttäuschte. Gewohnt festlich hatte sich Frankfurt’s ‚Gudd Stubb’auch in diesem Jahr herausgeputzt, um den Besuchern eine stilvolle vorweihnachtliche Atmosphäre zu bieten und die Möglichkeit noch ein paar hübsche Kleinigkeiten für das Fest einzukaufen.
Ähnlich wie immer, war der Besucher-Andrang am Donnerstag vormittag noch ein wenig verhalten – hier trafen sich als Zuschauer für die Einlaufprüfung der Nürnberger Burg-Pokal hauptsächlich Fachleute. Danach gab es eine Team-Dressur zu sehen, bestehend aus je einem Ponyreiter, einem Junior und einem Jungen Reiter. Doch schon bei der Quadrille für Mannschaften nahm die Zahl der Zuschauer zu und die Halle füllte sich. Schließlich brachten viele der Starter auch Freunde, Bekannte, oder Verwandte mit, die sich den ‚großen Auftritt‘ ihrer Lieben nicht entgehen lassen wollten.
Sport und Spaß für hessische Reiter
Mit Spannung verfolgte man die Stil-Springprüfung der Dieter-Hoffmann-Stiftung, deren vier beste Reiter sich für das Finale II, etwa zwei Stunden später qualifizierten und den Nürnberger Burg-Pokal der hessischen Junioren, den Nele Bansa von der Pfungstädter PfSpG auf Momo Bellini für sich entscheiden konnte.
Gleich darauf gehörte die Bühne wieder den jungen hessischen Spring-Reitern. Die vier besten aus dem Finale I des Preises der Dieter-Hofmann-Stiftung trugen jetzt noch einmal den Wettbewerb um die endgültige Platzierung aus. Anders als früher Jahren fand hier kein Pferdetausch mehr statt. Stattdessen wurde getrennt gerichtet. Dabei gesellten sich erfahrene Reiter und Richter in jeweils drei getrennten Gruppen zusammen. So wurden Hansi Dreher, Philipp Schulze Topphoff und Sophie Hinners nicht nur zu Richtern, sondern gaben den Reitern auch gleich noch wertvolle Tipps bei der Beurteilung der Ritte mit auf den Weg. Sarah Gruber vom Tannhäuser PSV Brombachtal gelang es mit Billypso die Richter zu überzeugen. Geschmeidiges, einfühlsames Reiten, ein gutes Einschätzungsvermögen für Weg und Tempo – das waren u.a. Kriterien, nach denen hier bewertet wurde. Platz zwei, drei und vier belegten Cara Zillmann vom Bad Homburger Reitverein mit Casallus, Melina Schwarz vom RFV Groß Zimmern mit Charming Girl und Elias Hohler vom RFV Viernheim mit Corsino.
Goldenes Reitabzeichen für Laura Ihring und Linus Georg Weber
Direkt im Anschluss an die rasante Ehrenrund der Spring-Reiter wurde es richtig feierlich in den ehrwürdigen Räumen des historischen Gebäudes. Laura Ihring und Linus Georg Weber erhielten für ihre sportlichen Leistungen das Goldene Reitabzeichen. Laura Ihring vom RFV St. Georg Oberursel-Bommersheim erritt in ihrer Dressur-Karriere zehn Siege in der Klasse S, einen darunter in der Klasse S**.
Linus Georg Weber heute 24 Jahre alt, ist den Lesern von ‚Stallgeflüster‘ kein Unbekannter. Bereits für unsere Ausgabe 03/04 aus dem Jahr 2012 hatten wir mit dem damals 13jährigen ein ausführliches Gespräch geführt. Bereits damals waren ihm die Pferde wichtiger als alles andere – ‚I am a horseman‘ – so unterschrieb der ernsthafte, zurückhaltende Schüler einen Interviewbogen für leistungssportorientierte Schüler an der Stiftsschule St. Johann, Amöneburg. Alle seine Erfolge erritt er mit Pferden, die aus der Zucht seiner Eltern Petra und Hubertus Weber stammen und, die er neben Schule früher, und heute Studium in Marburg, selbst mit ausbildet. Ein arbeitsreiches Leben nicht nur für einen Schüler, sondern auch Studenten. (Fotos: Goldenes Reitabzeichen)
Einfacher Reiterwettbewerb: Linsenhoff Förderpreis
Nach dem Festakt wurde es Zeit an die zu denken, die noch lernen müssen. Der Linsenhoff Förderpreis dient, wie der Name schon sagt, der Nachwuchs-Förderung. Die Einladung zur Teilnahme ergeht an alle hessischen Kreisreiterbünde. Allerdings gilt auch hier: Vor der Teilnahme in der Festhalle müssen sich die Junioren zunächst auf den dafür ausgeschriebenen Turnieren ihres jeweiligen Kreises qualifiziert haben.
Insgesamt vier Abteilungen mit jeweils acht Reiterinnen und Reitern durften hier in der Festhalle ihr Können im Wettbewerb Schritt-Trab-Galopp präsentierten. Hier glitzerten und strahlten nicht nur die jungen Teilnehmer, auch ihre Pferde waren liebevoll herausgebracht. So konnte man neben glitzernden Helmen und Stiefeln, Stirnbänder mit Glitzer und Glitzer am ganzen Pferd sehen, auch Sterne, Herzen und Diamanten auf den Pferden erkennen, die beim Scheren als Glücksbringer eingearbeitet worden waren.
Schauwettbewerb der hessischen Vereine
Fast so wie aus der Vergangenheit gewohnt, füllten sich die Ränge der altehrwürdigen Halle kurz vor Beginn des Abendprogramms. Denn hier lockte für viele Pferdefreunde ein besonderer Höhepunkt des Donnerstages, eine Show, für die viele Menschen sogar extra nach Frankfurt anreisen, für die man nicht Reiter oder Pferdefachmann sein muss: Der Schauwettkampf der hessischen Vereine. Er entführt seit Jahren den Besucher in eine Phantasiewelt aus Märchen und Geschichten, aus Zauber und Wirklichkeit.
Auch in diesem Jahr hatten sich wieder sechs Vereine darauf vorbereitet die ‚Halle zu rocken‘, denn anders kann man die Begeisterungsstürme der vielen Zuschauer kaum nennen. Da kamen die Islandpferde von ‚Wäller Wind‘ mit ihren beeindruckenden Gangarten und präsentierten ‚Barock ist easy‘, der Verein Diana Diersfordt entführte unter dem Titel ‚Das letzte Einhorn‘ in das Land der Einhörner und roten Bullen, der RuF Schwanenhof demonstrierte die klassische Art der Unterhaltung vor einigen hundert Jahren, als die Reiterei noch der Unterhaltung an Europas Adelshöfen diente. Unter dem Titel Groß und Klein‘ stellten sich Ponys und Lusitanos in einer nahezu perfekten Quadrille vor, während der Reitverein Lorsch mit einer spektakulären Vorstellung und der entsprechenden Musikuntermalung mit ‚zurück in die Zukunft‘ nahm. ‚Ein Geschenk des Himmels‘ brachte der Reit- und Fahrverein Wackernheim nach Frankfurt und schließlich und endlich beschloss das Showteam Nah und Fern e.V. die Vorstellungen mit den wilden Reitern der ‚Equestrians of the Galaxy‘.
Licht-Effekte, Musik, Choreografien und Kostüme – hier wurde die liebevolle, sorgsame Arbeit vieler Vereine deutlich spürbar. Und natürlich: so mancher Auftritt kam dem einer professionellen Show sehr nahe. Die Wertungen bestanden wie immer aus einer A- und B-Note für Ausführung und Choreographie, die Jury gemischt aus Fach- und Nicht-Fachleuten sowie zu guter Letzt aus dem Publikum, dass seine Wertung durch Phon-Stärke zum Ausdruck brachte.
Hatten sich in der Vergangenheit öfter einmal Differenzen zwischen der Jury-Wertung und der des Publikums ergeben, so herrschte in diesem Jahr relative Einigkeit: Hatte die Jury den Reitverein Lorsch e.V. mit ‚Zurück in die Zukunft‘ auf Platz eins gesehen – mit geringem Abstand zum zweiten Platz, der höfischen Barock-Quadrille des RuF Schwanheim, so tauschten die Zuschauer mit ihrer überaus engagierten und immerhin eine Phonstärke von 106,2 erreichende Wertung lediglich die Barock-Vorführung auf den ersten und die Reise ‚Zurück in die Zukunft‘ auf den zweiten Platz. Alles in allem: Wieder einmal ein gelungener Abend in der Festhalle, der allerdings damit noch nicht endete.
Teamspringen
Last but not least stand ein weiterer, dieses Mal wieder sportlich interessanter Punkt auf dem Programm des Hessentages: Das Teamspringen der Klassen L/M*/S*, in dem die Kreisreiterbünde jeweils eine Mannschaft mit je einem Reiter pro Klasse an den Start schicken. Beim diesjährigen Hessentag punktete unter den sechzehn vertretenen Teams die Mannschaft des KRB Lahn-Taunus mit Mannschaftsführer Jost Müller vor der des KRB Groß-Gerau mit Mannschaftsführer Volker Brodhecker und den Reitern mit Marie Bendig, Chiara Polinski und Johannes Brodhecker vor dem BRB Oberhessen Mitte mit den Reiterinnen Lea-Sophie Baberg, Pepita Jacobi und ihrer Schwester Viktoria.
Während sich im L-Springen die Reiterinnen in den Nullrunden immer wieder in der Zeit unterboten hatten, sah es in den Klassen M und im S schon ganz anders aus: Hier gab es jeweils nur zwei Nullrunden. Für den siegreichen Bezirksreiterbund Lahn-Taunus kamen alle drei Reiter vom RFV Elz e.V. Den Anfang machte Lea Huber mit „Heert“ im L Springen und legte eine souveräne Nullrunde in 62,70 sec. hin. Da die Mannschaft ziemlich am Anfang startete, riskierte sie nichts und ritt auf Sicherheit, was sich auch als richtig erwies. Es waren zwar einige Reiter schneller, doch abgerechnet wird immer am Schluss. Robin Nels ging als zweiter Reiter im M Springen mit „Ninja Warrior“ an den Start und beendete den Parcours mit 4 Fehlern und einer Zeit von 69,28 sec. Letzter Reiter der Mannschaft war Jonte Mink mit „Cantica“, der im S Springen die Nerven behielt und mit einer Nullrunde in 64,10 sec. den Parcours beendete und somit den Sieg für die Mannschaft sicherte. Und auch dieses Teamspringen wieder: Ein Höhepunkt und guter Jahresabschluss für die hessischen Aktiven im Sport.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm u. A. Höhler