Fahrsport als Turniersport, zur heutigen Zeit überhaupt noch zu stemmen?
Der Fahrsport als solcher erfreut sich immer mehr an Beliebtheit,
Allein in Hessen haben wir einige erfolgreiche Fahrer und auch in der Vergangenheit sind u.a. Frank Kunz, Fred Freund, Michael Freund, um nur einige zu nennen, erfolgreich im Turniersport unterwegs gewesen. Frank Kunz z.B. hat nach fast 30 Jahren Turniersport, davon alleine 20 Jahre im internationalen Wettbewerb, ins Trainerlager gewechselt. Seine Tochter hat sich gegen das Fahren und für das Reiten entschieden – nicht zuletzt, wegen des hohen Zeitaufwandes, den das Handling mit Pferden und Kutschen mit sich bringt. Warum ist das so, dass immer mehr Kutschfahrer dem Turniersport fernbleiben? Sind es die explodierenden Kosten, der immense Zeitaufwand, das Team, das man benötigt, das aber immer schwerer zusammen zu bekommen ist, oder ist es die logistische Herausforderung, alles, was benötigt wird, auch an den Turnieraustragungsort zu bekommen?
Nach Befragung einiger Fahrer, unter anderem Frank Kunz, Claudia Weinbrecht, Anne-Catrin Blaß, Alexandra Hopfauf, Markus Wertenbroich, Sabrina Schneider und Silke Habermehl, wie auch einiger Fahrer bei der Ehrung am Hessentag in Frankfurt, konnte ich mir einen kleinen Überblick verschaffen. Frank Kunz, Träger des Golden Fahrabzeichens sowohl als Zweispänner Fahrer, als auch mit dem Vierspänner, war Jahrzehnte lang im Turniersport aktiv, seinerzeit nur mit von seiner Familie selbst gezogenen Hessenpferden. Vor ca. zehn Jahren änderte er seine Zucht vom Hessenpferd zum Schweren Warmblut, alles Rappen, da er ja nicht mehr auf internationaler Ebene fährt und diese etwas gelassener und ruhiger sind. Auch die Größe der Tiere war ein Argument für die Veränderung. Er steigt auch immer wieder gerne in den Sattel und ist selbst nicht gerade klein. Die Problematik des Fahrsports als Turniersport war ihm schon damals bewusst und ohne die zeitliche und finanzielle Unterstützung seiner Familie wäre seine Karriere so nicht möglich gewesen. So geht es außer ihm auch einigen weiteren Fahrern.
Die hohen Kosten der FN, FEI, die Pflichtimpfungen, das Einstallen der Pferde, die Nenngelder und vor allem aber die Pferde, deren Unterhaltung und die Ausstattung zerren am Geldbeutel. Um am Turniersport teil zu nehmen, bedarf es mindestens zweier Kutschen und zwei Satz Geschirre. Für einen Zweispänner hat man meist drei Pferde, für einen Vierspänner meist fünf Pferde im Training. Das kostet sehr viel Zeit und will neben dem Beruf gestemmt sein. Da bleibt oft für Freunde, Familie und andere Hobbys keine Zeit mehr. Hinzu kommt das logistische Problem, alles das, was an Ausrüstung, Kutschen, Futter und natürlich Pferden benötigt wird, aufs Turniergelände zu bekommen. Dazu braucht es ein eingespieltes Team, einen Beifahrer neben dem Fahrer, im Zweifelsfall für jedes Pferd sogar einen Helfer, da die Tiere ja alle unterschiedlich sind. Das eine muss vielleicht etwas länger abgefahren werden, das andere Pferd eher longiert werden, der eine braucht eine halbe Stunde bis Stunde länger Vorbereitung als der andere. Um das für einen erfolgversprechenden Start leisten zu können, braucht es mehrere helfende Hände.
Auch will das ganze Geschirr, die Kutschen und natürlich auch die Pferde zwischendurch gereinigt bzw. versorgt werden. Im Vergleich zu alle dem sind die Preisgelder sehr gering, decken nicht mal die Kosten für ein Turnier, geschweige denn den für das Drumherum. Trotzdem würde keiner der befragten Kutschfahrer auf seinen Sport verzichten, alle vereint die Liebe zum Fahrsport und den Pferden. Sie sind eins mit ihren Gespannen, die Pferde sind ein Teil ihrer Familie. Das Vertrauen zwischen den Fahrern und ihren Pferden ist das A und O im Sport, die Leidenschaft der Motor, was viele Fahrer, trotz all dieser Herausforderungen, an ihrem Sport festhalten lässt.
Alle aber sind Sie sich auch einig: Der Turniersport sollte mehr Anerkennung erfahren. Und stets steigenden Kosten, die den Fahrern durch jährlich immer höher geschraubte Anforderungen und Vorschriften der FN an Kutschen und Ausrüstung entstehen, schaden den Sport enorm.
Im WBO-Bereich versucht die FN Vorschriften und Anforderungen etwas verträglicher zu gestalten – „wieso ist das im LPO-Bereich nicht auch möglich?“, fragen sich viele. Die Kosten, die derzeit jeder zu spüren bekommt, der im Pferdesport tätig ist, explodieren. Für einen Fahrer eine noch bedeutendere Rahmenbedingung als für Reiter. Denn er hat mehrere Pferde, mehrere Kutschen und mehr Ausrüstung zu transportieren. Dazu kommen mehr Nennkosten bzw. Eintragungskosten bei der FN – im Gegenzug erhält er weniger Preisgelder. Trotzdem würden alle Fahrer den Turniersport weiterempfehlen, nicht zuletzt wegen des Zusammenhaltes untereinander und natürlich wegen der Partnerschaft und Liebe zu ihren Pferden.
Damit dieser Traditionssport nicht dem Kostendruck zum Opfer fällt muss sich dringend etwas ändern!
„Stallgeflüster“ / A. Höhler