Unkompliziert und schnell: Pferdeleute helfen Pferdeleuten in der Ukraine
Eigentlich kaum vorstellbar in unserem friedlichen, bis auf Corona, doch sehr gemütlichem Europa: Krieg, so, wie ihn unsere Eltern bzw. Großeltern erlebt haben. Viele Menschen trauen sich nicht mehr aus ihren Kellern, haben Wohnung, Haus und Hof im Bombenhagel verloren. Sie stehen vor dem nichts. Auch vielen Pferdeleuten, die bislang für den Sport trainierten, oder ein Freizeitpferd hatten und an nichts Böses dachten, geht es so.
Das Futter wird knapp – die Versorgung ist schwierig. Die Hilfsbereitschaft der im Frieden lebenden ist groß. Zunächst sammelte man Kleider, half mit Unterbringungsmöglichkeiten etc., etc. Auch Stallgemeinschaften taten sich zusammen und sammelten, um die Hilfstransporte zu bestücken. Man glaubt es kaum, einer kleinen Stallgemeinschaft in Wehrheim im Taunus gelang es innerhalb von nur drei Tagen zwei Touareg bis zum Dach zu füllen und zu einer Sammelstelle zu bringen.
Doch auch weit größere Hilfsprojekte stampften die Pferdeleute förmlich aus dem Boden. Während eines Gesprächs mit Manfred Herrmann vom Reitsportzentrum an der Nassburg erfuhr ‚Stallgeflüster‘ von der Aktion der Delegierten des Verbandes der Berufsreiter und -fahrer hier in Hessen. Die beiden Delegierten Ralf Hartmann und Stefan Lange hatten im Gespräch kurz über die Situation geredet und sich überlegt, ob man den ukrainischen Kollegen nicht ganz praktisch und unbürokratisch helfen könne.
Daraufhin startete Hartmann am Abend des 6. März in der ‚What’s App‘-Gruppe der hessischen Berufsreiterquadrille eine Anfrage und war überrascht, wie schnell die Kollegen reagierten. „Innerhalb weniger Stunden waren die Antworten da. Wir konnten zwei große Lkws stellen, Futtermittel, Einstreu etc. Schon am 14. März konnten wir den ersten Konvoi zur polnisch-ukrainischen Grenze starten. Wir hatten zwei große Pferdetransporter mit Anhängern sowie zwei Sprinter, ebenfalls mit Anhängern dabei. Viele Kollegen hatten ihre Lieferanten angesprochen, die ebenfalls kräftig spendeten.“
„So starteten wir schon acht Tage nach der ersten ‚What’s App‘ nach Polen zum Reitsportzentrum Lesna Wola. Das liegt nur 90 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt und man hat inzwischen auf dem Turnierplatz Stallzelte aufgebaut, die als Lager dienen. Wir trafen dort dann auch gleich ukrainische Kollegen, die unsere Vorräte auf ihre Lkws luden und zurück nach Hause starteten. Damit sind wir sicher, dass die Dinge auch tatsächlich dort ankommen, wo sie gebraucht werden.“
„Insgesamt waren wir acht Leute, die mitgefahren sind. Die Abfahrt war am Sonntag um 18.00 Uhr und wir kamen am Dienstag um 10.00 Uhr wieder hier an. Die Strecke hin und zurück ist 2400 Kilometer lang. Den nächsten Transport starten wir am Ostersamstag. Da nehmen wir dann hauptsächlich Sägespäne und Heu mit.“
Da kann man nur sagen: Hut ab, vor so viel Engagement und Tempo.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm