Knabstrupper, heute vielfach belächelt – früher einmal die Pferde der Könige
Im ‚modernen‘ Reitsport bzw. der Reitpferdezucht wurden Tigerschecken lange Zeit eher belächelt. Doch das war nicht immer so.
Heute befriedigen viele ‚Wohlhabende‘ ihre Lust auf Luxus mit Luxus-Karossen im Automobilbereich. Während der Barock-Zeit setzten die Königshäuser Europas ebenfalls auf Fortbewegungsmittel, allerdings auf besondere Pferde: Außergewöhnliche Farben spielten da eine große Rolle. Sehr beliebt zu dieser Zeit, waren u.a. Tigerschecken ebenso wie die sogenannten Weißgeborenen d.h. Pferde, die von Geburt an weiß waren und im Gegensatz zu Schimmeln ihre Farbe während ihrer gesamten Existenz nicht veränderten.
Eiszeitliche Höhlenmalereien wie in der Höhle von Peche Merle belegen, dass getigerte Pferde bereits vor tausenden von Jahren weltweit verbreitet waren: gerade ihre aussergewöhnliche Färbung wirkte als Tarnfarbe, als sich die Eismassen zurückzogen! Zur Zeit des Barock erfreuten sich Tigerschecken aufgrund ihrer besonderen Farben äußerster Beliebtheit – schließlich war diese Farbgebung auch damals nicht gerade alltäglich. Allerdings folgen die braunen oder schwarzen ‚Flecken‘ im Fell keinem festen Muster, so dass sich mit Knabstruppern, so heißen die bunten Pferde aus Dänemark, nur schwer ein repräsentatives d.h. möglichst gleichfarbiges Gespann zusammenstellen ließ. Und so bevorzugten die ‚Hohen Herrschaften‘ dann doch eher die so genannten ‚Weißgeborenen‘, die bei den Knabstruppern immer wieder vorkommen.
Ursprünglich geht diese Pferderasse auf das Gestüt Frederiksborg zurück. Bereits 1660 existierte dort ein namentlich genannter, getigerter Stammhengst, dessen Gene in die Zucht der berühmten dänischen Frederiksborger-Weißgeborenen eingingen. Im Jahr 1798 übernahm Major Villars Lunn das Gut Knabstrupp von seinem Vater und etablierte dort mit einigen Frederiksborger Stuten sowie einer zugekauften, gefleckten spanischen Stute in der ersten Hälfte des 19. Jhh. eine gefestigte Knabstrupper-Zucht. Viele von ihnen wurden in den schlesischen Kriegen (1848 bis 1850) eingesetzt.
Doch der Höhepunkt in der Zucht der reinen Tigerschecken war bereits gegen Ende des 19. Jh. überschritten. Bereits 1870 waren nur noch wenige der Zuchttiere auf Gut Knabstrupp tatsächlich gescheckt – ein Brand, bei dem 22 Zuchttiere starben, führte dazu, dass auf dem Gut mit Hengsten aus fremdem Besitz weiter gezüchtet wurde. Darüber hinaus waren viele der Tigerschecken über das Land verstreut – die Bauern brauchten Pferde zur Arbeit und kreuzten deshalb häufig schwerere Rassen ein. Im militärischen Bereich änderten sich während des Klassizismus ebenfalls die Anforderungen an die Pferde, mit Aufkommen der Kampagne-Reiterei wollte man eher unauffällige Tiere haben, als die auffälligen Tigerschecken.
So kam es, dass zu Beginn des 20. Jh. zwar viele Pferde aufgrund ihrer Farbe oder ihrer Abstammung als Knabstrupper bezeichnet wurden, jedoch unkontrolliert gezüchtet worden waren. Erst Anfang der 70er Jahre des 20. Jh. wurde in Dänemark der ‚Knabstrupperforeningen for Danmark KNN“ als landesdeckender Verein gegründet. Dieser ist EU-anerkannt und stellt das Mutterbuch, nach dem sich alle anderen Verbände richten müssen. In Deutschland gründete sich während der 80er Jahre die IG Knabstrupper. Dort versuchen Liebhaber des barocken Knabstrupper das Fortbestehen dieser besonderen Pferderasse zu sichern, denn weltweit existieren nur noch wenige hundert ‚echte‘ Tiere dieser Art.
„Derzeit existieren drei große Zuchtlinien des Knabstrupper Pferdes“, erklärt Melanie Enk gegenüber ‚Stallgeflüster‘. Sie züchtet diese Rasse gemeinsam mit ihrem Mann Mathias seit rund zwanzig Jahren. „In Dänemark werden häufig Warmblüter eingekreuzt, um ein Pferd im Sport-Typ zu erhalten, es gibt eine Knabstrupper Pony-Zucht und schließlich den klassischen Typ nach den Gründungskriterien der Knabstrupper-Zucht.“
Bei Familie Enk wachsen Knabstrupper des klassischen Typs heran. „Wir haben unsere ersten Fohlen zunächst nicht verkauft, sondern erst einmal selbst behalten, um zu sehen, was sie können, wozu sie sich eignen. Schließlich wollten wir Pferde mit ausgeglichenem Interieur – keine, die sofort wegspringen, wenn sich etwas bewegt, aber auch keine, die man vorwärtstreiben muss, ohne Ende.“
„Glücklicherweise haben wir relativ früh Richard Hinrichs kennen gelernt, der unsere Pferde mit betreute und ausbildete bis hin zu den ‚Schulen über der Erde‘. Unser Zucht- und Ausbildungsziel ist der originalgezogene Knabstrupper in klassischer Ausbildung mit barocken Elementen.“
Natürlich behält Familie Enk inzwischen nicht mehr alle Pferde, die hier auf dem Gestüt im westfälischen Petershagen-Friedewalde geboren werden. „Unsere Kunden“, so erzählt uns Melanie Enk, „sind hauptsächlich Menschen, die in der barocken oder akademischen Reitweise zu Hause sind und einen gewissen Anspruch haben. Aber auch ältere Reiter, die einen gewissen Sitzkomfort zu schätzen wissen, interessieren sich häufig für die bunten Pferde, die nicht nur eine eigenwillige Farbe, sondern auch einen ebenso eigenwilligen Charakter haben.“
„Sie sind sehr intelligent und gelehrig“, berichtet die Züchterin. „Dabei kommt es natürlich schnell vor, dass sie unbeabsichtigt etwas Falsches lernen und das dann umsetzen. Allerdings sind unsere Pferde extrem menschenbezogen und freundlich. Und wenn ein Knabstrupper eine Aufgabe hat, die er verstanden hat, dann setzt er sich zu hundert Prozent dafür ein. Das ist beispielsweise in einer Sportart wie dem Working Equitation von großem Vorteil.“
„Stallgeflüster“ / E. Stamm