Einmal Fell Pony – immer Fell Pony
Queen Elisabeth reitet zeit ihres Lebens.Inzwischen ist die Monarchin 94 Jahre alt und reitet noch immer. Doch, wer glaubt, dass die Queen ein hochgezüchtetes ‚blütiges‘ Reittier nutzt, der irrt. Elisabeth II benutzt für ihre täglichen Ausritte in den Parkanlagen von Schloss Windsor ein typisch britisches Pferd, ein Fell Pony.
Mit einem maximalen Stockmaß von 142 Zentimetern, kleinem trockenem Kopf, großen Nüstern, breiter Stirn und intelligenten Augen entspricht es dem robusten britischen Ponytyp. Der kräftige Rücken mit ausgeprägtem Widerrist sowie die gute, schräge Schulter mit einem stark bemuskelten Schulterblatt, muskulöse Lenden sowie tiefer Rumpf und quadratische Hinterhand ermöglichen diesen Pferden einen raumgreifenden, sicheren Tritt, der für ihren Einsatz in der nördlichen Hügellandschaft Englands von Nöten war.
‚Stallgeflüster‘ war neugierig auf diese spezielle Pferderasse, die man nicht so häufig antrifft, und sprach mit einer hessischen Züchterin über diese interessanten Tiere. „Fell Ponys zeichnen sich zwar durch ein dichtes Haarkleid aus und haben einen langen Kötenbehang – bei den Briten nennt man das Federn – aber der Name Fell Pony hat damit nichts zu tun,“ erklärt sie uns. „Er kommt ursprünglich aus dem skandinavischen – schließlich waren die Kelten nach England vorgedrungen. Das Wort für Hügel hieß ‚Fjell‘ und wurde ins englische übernommen. Fell Ponys kommen aus den Hügeln um Cumbria, wo sie noch heute in halbwilden Herden in den Bergen leben. Da ihr Lebensraum oberhalb der Baumgrenze ist, sind sie sehr robust gegenüber Wind und Wetter und haben harte feste Hufe“, erklärt uns Simone Albrecht, bei der der einzige Bundesprämienhengst Deutschlands zu Hause ist.
„Das besondere an diesen Ponys ist ihr Verhältnis zum Menschen“, erzählt die Züchterin, bei der die Liebe zu dieser Rasse in jedem Satz deutlich spürbar ist, weiter. „Fell Ponys sind ‚ihrem‘ Menschen gegenüber sehr loyal. Sie brauchen zunächst lange, bis sie bei ihm angekommen sind, aber dann sind sie voll bei ihm. Für wechselnde Beziehungen zu unterschiedlichen Menschen eignet sich dieses Pferd nicht – es ist also sicherlich kein typisches Schulpony. Denn zu seiner Loyalität kommt seine extreme Feinheit im Umgang. Die intelligenten Fell Ponys brauchen es nicht laut, sie wollen leise, feine Hilfen. Ihr ursprünglicher Einsatz in der Landwirtschaft der Bergbauern, als Last- und Zugtiere, die die Erze aus den Bergwerken transportierten, zeigt, dass sie sehr stark sind, also auch keine typischen Kinderponys.“
Simone Albrecht liebt nicht nur die Ponys, sondern auch deren ursprünglichen Lebensraum, die Fells in Cumbria. Dort gibt es noch heute eine Reihe Züchter, die das Recht haben, ihre Fellherden in die Berge zu treiben, wo sie auch den ganzen Winter über leben. Die typischen Fellfarben sind schwarz, schwarzbraun, braun oder Schimmel. Füchse oder Schecken gibt es nicht. Natürlich hat Albrecht dort in England auch so manche Geschichte gehört. „Die schwarzen Ponys“, so weiß sie, „wurden gerne auch als Schmuggler Ponys genutzt, denn sie haben bei Nacht und Nebel Schmuggel-Güter über die Grenze zwischen England und Schottland gebracht. Die weißen wurden von den Mönchen genutzt.“
„Leider gibt es immer weniger Züchter in England“, bedauert Albrecht die Entwicklung während der letzten Jahre. „Dem entsprechend werden auch die halbwilden Herden in England immer weniger. Das Fell Pony steht auch dort schon auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Haustierrassen. Nur rund 300 bis 400 Zuchtstuten sind in Groß Britannien bei der im kommenden Jahr 100 Jahre alten Fell Pony Society registriert.“
Apropos Zucht: Allen Ponys kann man anhand ihres Namens ablesen, wo, bzw. von wem sie gezüchtet wurden. So heißen beispielsweise die Pferde der Queen alle Balmoral xxx, während die von Simone Albrecht alle Breuerberg xxy heißen. Das gilt auch für die Namen aller anderen Gestüte, von denen es auch in Deutschland einige wenige gibt.
„Ein wenig schwer tun wir Fell Pony Züchter uns seit Groß Britannien aus der EU ausgetreten ist. Der Import von Pferden ist mittlerweile extrem teuer geworden, aber auch die rechtliche Lage, was die Eintragung in Zucht- und Hengst-Register der Fell Pony Society in England betrifft, muss erst noch geklärt werden“, erzählt Albrecht von den Auswirkungen der großen Politik‘ auf das Zuchtgeschehen.“
Doch zurück zum modernen Gebrauch der kräftigen kleinen Pferde. Simone Albrecht zitiert hier zunächst ein englisches Sprichwort: „There is no wrong job for a Fell“ (es gibt keine falsche Arbeit für ein Fell Pony). Sie selbst fährt ihre Ponys und hat ihren Focus auf der Zucht. Eine ihrer Stuten wurde kürzlich erst in Hüttenberg in einer Dressurprüfung A-platziert. Doch auch springen ist ein Sport in dem die kleinen Pferde durchaus mithalten können – wenn auch nicht in den hohen Klassen. „Zu niedrige Hindernisse nehmen sie jedoch nicht wirklich ernst“, erzählt Albrecht grinsend – da kann man als Pferd auch durchlaufen.
Unser Fazit zu diesen besonderen Pferden: Ein Allrounder auf allen Gebieten, zäh und robust, allerdings ein Tier, das ‚seinen‘ Platz bei ‚seinem‘ Menschen haben und behalten will. Dafür tut es dann alles.
Weitere Informationen zu Fell-Ponys erhält man unter der E-Mail-Adresse:
s.albrecht@fellpony-hessen.de
„Stallgeflüster“ / E. Appenrodt