Tschechiens ‚goldene‘ Pferde
„Ein Pferd hat keine Farbe“ – das galt früher, wenn man ein Pferd für einen bestimmten Einsatz suchte, als Grundsatz beim Pferdekauf nach alter deutscher Tradition. Allein die Qualität sollte dem künftigen Verwendungszweck entsprechen und entscheidend für den Kaufentschluss sein.
Tatsache ist allerdings: Pferde haben Farben, wir sehen sie und finden das eine oder andere ‚Outfit‘ mehr oder weniger schön. Für einige Pferderassen gelten sogar bestimmte Farbvarianten als Ausschlusskriterien für die Aufnahme ins Zuchtbuch. Ein solcher Ausschluss führte im frühen 19. Jhh. Zur Entstehung einer ganz speziellen Pferderasse, von der heute nur noch wenige Tiere existieren: Die ‚goldfarbenen‘ Kinsky-Pferde.
Die Zucht von Pferden gehörte in der böhmischen Adelsfamilie Kinsky zur Familientradition. Sie züchtete auf ihren Gütern Pferde für wirtschaftliche und militärische Zwecke – hauptsächlich Isabellen. Die Zucht der isabellfarbenen Pferde wurde über mehrere Generationen hinweg fortgeführt bis schließlich Oktavian Kinsky (1813 -1896) begann, ein eigenes Zuchtbuch zu schreiben. Der Graf, der auch maßgeblich an der Entwicklung der Parforcejagden und auch des Velká Pardubická-Rennens beteiligt war, hatte sich über die Maßen geärgert: Der in Wien ansässige Jockey Club hatte es abgelehnt, seine Isabellstute Themby II in das Zuchtbuch für englische Vollblüter einzutragen – u.a. wegen ihrer Farbe.
Graf Oktavians Zuchtziel damals war ein hochwertiges Jagdpferd (für Parforcejagden), später ein Pferd für Hürdenrennen (cross-country). „Als Begründer der Zucht gilt der Hengst Caesar, der Sohn von Themby II., nach dem englischen Vollblut Prince Djalma, der zusammen mit Leistung und konstitutioneller Härte häufig die helle Farbe weiter gab und die Basis für die Zucht des Chlumetzer Hunters schuf“, so der tschechische Verband der Kinsky-Pferdezüchter.
Logisch, dass die politischen Ereignisse nach dem zweiten Weltkrieg auch die Pferdezucht beeinflussten – und vor allem ein solch kleine, feine private Zucht. Viele der ursprünglichen Kinsky-Pferde gingen in der tschechischen unter. „Der Genpool für diese Pferde ist relativ eng“, erzählt uns Jana Jungingerová. Sie züchtet die ‚goldenen Pferde‘ in Bayern und ihre Leidenschaft gilt dem Erhalt der Rasse.
Die gebürtige Tschechin absolvierte in ihrer Heimat eine landwirtschaftliche Fachschule mit Schwerpunkt Pferdezucht und -haltung. Dort lernte sie neben Kladrubern auf dem tschechischen Nationalgestüt Kladruby und in Ostrov auch Kinsky-Pferde kennen und lieben. „Das ist eine ganz besondere, charakterstarke Rasse, von der es weltweit nur wenige Tiere gibt.“
Ursprünglich für Steeplechase Rennen und Parforcejagden gezüchtet, sind die ‚goldenen Pferde‘, vorwiegend Isabellen, Falben und Cremellos heute vielseitige Sportpferde unter denen sich auch Füchse und Braune finden. Ihr guter Charakter verbunden mit ausreichend Temperament macht sie vielseitig einsetzbar. „Wir züchten nicht für einen speziellen sportlichen Einsatz, sondern suchen vor allem nach charakterlich einwandfreien Zucht-Tieren“, so Jungingerová.
„Die Rasse ist seit 2005 in Tschechien offiziell eingetragen und hat einen eigenen Zuchtverband“, erklärt sie gegenüber ‚Stallgeflüster‘. „Doch leider erhalten die Züchter von Kinsky-Pferden keine staatlichen Förderungen bei Leistungsprüfungen und schließen sich deshalb oftmals dem tschechischen Warmblutverband an, bei dem sie mehr Vorteile erhalten. Das ist schade.“
Jana Jungingerová kann mit ihrer Kinsky-Pferde-Zucht inzwischen auch auf den einen oder anderen Erfolg bei Fohlenschauen und Leistungsprüfungen in Bayern zurückblicken. So wurde beispielsweise 2016 ihr Fohlen Mona Lisa Kinská goldprämiert und erhielt den Kinsky-Brand. Inzwischen haben fast alle ihre später geborenen Fohlen ebenfalls eine Prämierung oder sogar eine Gold-Prämierung bekommen.
Übrigens: Bei Kinksky-Pferden legt man Wert auf die Mutter-Linie. Alle Fohlen erhalten einen Namen, der mit dem Anfangsbuchstaben des Namens der Mutter beginnt.
Da wünschen wir der Züchterin noch möglichst viele erfolgreiche ‚goldene‘ Fohlen für die Zukunft, damit eine solch seltene Pferde-Rasse erhalten bleibt.
„Stallgeflüster“ / E. Appenrodt