Giftpflanzen – Eine lauernde Gefahr für Pferde -Teil 2
Giftpflanzen finden sich überall in der Natur, aber nicht alle sind für Menschen und Tiere in gleichem Maß schädlich.
Jakobs-Kreuzkraut (Senecio jacobaea)
Das häufig unterschätzte Jakobs-Kreuzkraut (Jacobaea vulgaris) oder Jakobs-Greiskraut enthält, wie alle Greiskräuter (Senecio), hochgradig giftige Pyrrolizidin-Alkaloide, wie Seneciphyllin, Senecionin, Jacozin, Jacobin, Jacolin und Jaconin, die beim Pferd eine chronische, irreversible Leberschädigung verursachen können. Eine Vergiftung durch den im Heu schwer erkennbaren Korbblütler (Asteraceae) kann sich kumulativ steigern, weil sich das Gift im Körper anreichert. Da die Pflanze auch auf Weiden wächst, kann ein Pferd geringe Mengen (40 Gramm täglich) über Wochen zu sich nehmen, ohne dass es zunächst bemerkt wird. Eine wirksame Behandlung gibt es dann leider nicht mehr. Die tödliche Dosis beträgt je nach Größe des Pferdes zwei bis vier Kilogramm.
Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus)
Das Rosengewächs (Rosaceae) erreicht eine Wuchshöhe von bis zu vier Metern. Vergiftungssymptome sind vermehrter Speichelfluss, Reizungen der Schleimhäute, Magen- und Darmstörungen, Unruhe, Atemprobleme bis zur Atemlähmung. Etwa 500 bis 1.000 Gramm der Blätter können für ein Pferd tödlich sein, da sie blausäurehaltige Glykoside enthalten.
Lebensbaum (Thuja spec.)
Das beliebte Heckengewächs, das ausgerechnet bei vielen Reitturnieren als Dekoration Verwendung findet, ist bei einem Verzehr von etwa 500 Gramm tödlich für ein Pferd. Insbesondere die Zweigspitzen und Zapfen des Zypressengewächses (Cupressaceae) sind durch das im ätherischen Öl enthaltene Thujon (Absinthol) giftig.
Liguster (Ligustrum spec.)
Der Gemeine Liguster (Ligustrum vulgare) gehört zur Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae) und erreicht als beliebte Strauchpflanze eine Wuchshöhe von etwa drei Metern. Nach Vergiftungserscheinungen wie Schleimhautreizungen, Pupillenerweiterung, Herzrasen, Anstieg der Körpertemperatur und Durchfall kann beim Pferd der Tod eintreten.
Oleander (Nerium oleander)
Das Hundsgiftgewächs (Apocynaceae) findet gerne Verwendung als Kübelpflanze oder in Parks. Die Pflanze enthält das Glycosid Oleandrin, das herzschädigend wirkt. Bei tragenden Stuten kann es schon nach dem Verzehr von geringen Mengen Oleander zu Fehlgeburten kommen. Die tödliche Dosis für Pferde liegt bei nur 15 bis 20 Gramm der frischen Blätter.
Robinie oder Scheinakazie
(Robinia pseudoacacia)
Die Blätter, Früchte und besonders die Rinde des schnell wachsenden Baumes enthalten die stark giftigen Eiweiße Robin und Phasin sowie verschiedene toxische Glykoside, die für Pferde lebensbedrohlich sein können. Auch Hufrehe kann die „Falsche Akazie“ hervorrufen. Für Menschen liefert die Robinie aus der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae) den sehr begehrten Akazienhonig.
Schachtelhalme (Equisetum spec.)
Zahlreiche Schachtelhalm-Arten wachsen auf feuchten Böden oder im Wasser. Am bekanntesten dürfte der Acker-Schachtelhalm (Equisetum arvense) sein, der auch als Zinnkraut bezeichnet wird und eine Wuchshöhe von 50 Zentimetern erreicht. Der Verzehr von Schachtelhalmgewächsen (Equisetaceae) kann bei Pferden zur sogenannten Taumelkrankheit führen. Infolge der Zerstörung von Vitamin B1 durch das Enzym Thiaminase kommt es zu Stoffwechselstörungen, Krämpfen und Lähmungen. Außerdem können Abmagerung, Magen-Darm-Entzündungen, Durchfall, Schreckhaftigkeit, Muskelzittern, Pupillenerweiterung und eine völlige Erschöpfung bis zum Tod auftreten.
Schierling (Conium spec.)
Der Gefleckte Schierling (Conium macalatum), ein Doldenblütler (Apiaceae), der dem Wiesen-Kerbel, dem Kümmel, der Schafgarbe und der Petersilie sehr ähnelt, kann bei Pferden nach dem Verzehr von etwa zwei Kilogramm zum Tod durch Atemlähmung führen. Die sehr stark giftige Pflanze kann auch das Fohlen tragender Stuten schädigen oder sogar töten.
Tollkirsche (Atropa spec.)
Die Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna), das bekannteste Nachtschattengewächs (Solanaceae), ist häufig in Wäldern und an Waldrändern zu finden. Die bereits im Mittelalter sehr beliebte Heil- und Zauberpflanze enthält die hochtoxischen Tropan-Alkaloide Hyoscyamin, Atropin und Scopolamin sowie Apoatropin, Belladonnin und Scopoletin. Bei Pferden können sie zu einer Lähmung des zentralen Nervensystems und in höherer Konzentration zu Atem- oder Muskelstillstand führen. Die für Pferde letale Dosis beträgt ungefähr 180 Gramm, Vergiftungen treten aber schon nach einer Aufnahme von 60 Gramm der Blätter auf.
Weitere zu beachtende Giftpflanzen sind: Adonisröschen (Adonis vernalis), Buchsbaum (Buxus sempervirens), Engelstrompete (Brugmansia spec.), Ginster (Cytisus scoparius), Kreuzblättrige Wolfsmilch (Euphorbia lathyris), Maiglöckchen (Convallaria majalis), Rizinus (Ricinus communis), Schöllkraut (Chelidonium majus), Schwarzes Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), Seidelbast (Daphne mezereum), Stechapfel (Datura stramonium) u. v. a.
Beim Thema Vergiftungen für Pferde darf zum Schluss auch nicht die Warnung vor einer schleichenden Gefahr durch die intensive Landwirtschaft fehlen. Der zunehmende Gebrauch von Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden sowie die steigenden Nitratwerte (NO3) bei der Nahrungsaufnahme der Pferde stellen ein häufig unterschätztes oder gänzlich unbeachtetes Gefahrenpotential dar.
Weiterführende Literatur:
Arnold, Dietbert: Pferdewirtprüfung, Bd. 10: Giftpflanzen, Norderstedt 22018
Lochstampfer, Marina und Uwe: Giftpflanzen. Was Pferde nicht fressen dürfen. München 32018
Jutta Reichwein-Weil und Dr. Bernd Weil