Dressur-Richten ist kein Würfelspiel
„Die Trainingsgrundsätze in der Dressur-Reiterei bleiben immer gleich – weltweit“, so Christof Umbach während einer PM-Seminar-Veranstaltung im Rahmen des Frankfurter Festhallen-Turniers. Hier hatten sich rund fünfzig interessierte FN-Mitglieder eingefunden, um vom Fachmann zu hören und zu lernen, ‚Was der Richter sehen will‘.
Christof Umbach ist internationaler Richter, Trainer und gelernter Pferdewirtschaftsmeister, der genau weiß, wovon er spricht. Einen Groß-Teil der Pferde, deren Vorstellung im Finale des Nürnberger Burgpokals er an diesem Samstagvormittag für sein Publikum kommentiert, kennt und beobachtet er bereits seit längerem auf unterschiedlichsten Turnieren.
Zwar bleiben die Trainingsgrundsätze gleich – das steht für Umbach fest. Doch dass es in der Reiterei auch gewisse Trends gibt, gesteht er unumwunden zu und verweist in diesem Zusammenhang auf Rembrandt, mit dem eine Trendwende hin zu leichterem Reiten eingesetzt habe. Davor habe man eher schwer eingesessen, die Hand stehen lassen und von hinten herangetrieben.
Nach den ersten Vorbemerkungen beginnt die Prüfung – und Umbach scheint nichts, aber auch gar nichts zu entgehen. Die Zufriedenheit des Pferdes am Gebiss beispielsweise ist ihm ganz wichtig. „Denn die Zufriedenheit im Maul beeinflusst auch die Rückentätigkeit und damit die Dynamik von hinten.“
Eine sichere Fußfolge im Schritt, eine vertrauensvolle Dehnung ans Gebiss, das Pferd lässt sich nach beiden Seiten gleichmäßig stellen und biegen – so möchte Umbach Pferde im Viereck sehen. Denn „das macht ein reell ausgebildetes Pferd aus, selbst wenn es kein Bewegungsüberflieger ist.“
Aber auch die Entwicklung des Tieres während der Prüfung wird genau beobachtet. So bemerkt Umbach sehr wohl, dass die Rückentätigkeit bei einem der Kandidaten nach diversen Übergängen deutlich besser und geschmeidiger wird. Natürlich berücksichtigt Umbach auch Größe und Gebäude des jeweiligen Pferdes. „Ein großes Pferd hat natürlich mehr Probleme mit der Balance als ein kleineres“, merkt er an. „Und natürlich muss eine Galopp-Pirouette bei diesen jungen Pferden so angelegt werden, dass sie diese auch tragen können. Schließlich handelt es sich bei dieser Prüfung noch um junge Pferde.“
Weitere Aspekte, auf die Umbach seine Zuhörer hinweist, sind aktives, klares Abfußen in Schritt und Trab sowie auch beim Rückwärts richten. Daneben achtet er genau darauf, ob die Pferde auf der Diagonalen möglicherweise hinten ‚breit‘ werden und wünscht sich Biegung bei der Traversale.
Ebenso präzise, wie der erfahrene Richter jede Bewegung wahrnimmt und kommentiert, so stimmen auch die von ihm geschätzten Wertnoten mit denen der diensthabenden Richter nahezu punktgenau überein. Und dennoch gesteht er offen ein: „Wir können nur die Momentaufnahme bewerten, den wir gerade sehen, nichts anderes.“
„Stallgeflüster“ / E. Appenrodt