Rasant oder entspannt: Skijöring im Trend
Weißer Winterwald, Schnee und traumhafte Landschaft. So zeigt sich das Vogtland im Winter. Da lockt es so manchen auf die Bretter – doch nicht nur zum Lang- oder Abfahrtslauf. Mit dem Pferd zusammen geht’s leichter voran – und wenn man will, auch recht flott. Skijöring, so nennt es sich, wenn das Pferd einen Skifahrer zieht.
„Das ist schon eine coole Sache“, schwärmt Thomas Voigtmann gegenüber ‚Stallgeflüster‘. Er ist Mit-Initiator des Skijöring im Vogtland, einer Veranstaltung mit Wettkampfcharakter, bei der es rasant ‚zur Sache‘ geht. Teilnehmer sind Reiter und Pferdebesitzer aus dem Kreisreiterbund Vogtland, die das als einen der Höhepunkte im Winter schätzen und zu feiern wissen.
Hammerbrücke im Vogtland liegt im Naturpark Erzgebirge/Vogtland, umschlossen von weiltläufigen, ausgedehnten Wäldern. Natur pur – und natürlich eine relativ schneesichere Landschaft. Kein Wunder, dass hier die Kinder mit Skiern und Schlitten aufwachsen, das Skifahren quasi zum Alltag gehört. „Wir haben Skijöring hier in Hammerbrücke schon einmal vor rund 30 Jahren gemacht. Ein Gast aus Schweden hatte uns auf die Idee dazu gebracht. Leider schlief das dann wieder ein. Vor einigen Jahren kam in unserem Reitverein die Idee auf, diesen Sport doch wieder zu beleben. Da habe ich mich auf meine alten Schneeschuhe gestellt und es erst einmal ausprobiert.“
Thomas Voigtmann hat einen Pferdehof und rund 22 Schwere Warmblüter und Kaltblüter im Stall. Seine Pferde sind also alle fahrerprobt und geländesicher. Und trotzdem: „Wenn Du das machst, musst Du schon gut und sicher Ski fahren können“, erklärt er uns. „Außerdem will das geübt sein. Schließlich kriegst Du ganz locker 30 bis 40 km/h Geschwindigkeit drauf. Vor Dir siehst Du nur den Pferdeschwanz und jede Menge Schnee, die Dir bei höherem Tempo ins Gesicht fliegt. Brille und Helm sind also Voraussetzung dabei.“
Bei der Veranstaltung Im Vogtland besteht ein Skijöring-Team aus einem Reiter auf dem Pferd und dem Skifahrer dahinter. „Schwierig ist oft die Verständigung zwischen Reiter und Skifahrer. Denn wenn der Reiter bremst, muss das auch der Skifahrer – sonst landet er bei hohem Tempo im Pferd. Das ist vor allem in engen Kurven interessant. Da muss der Reiter aufpassen, dass sein Pferd nicht ausrutscht. Und der Skifahrer darf keine allzu langen Zugstränge haben, sonst driftet er aus der Kurve in den tiefen Schnee, deshalb ist vor allem beim Bremsen schon hohe Konzentration gefragt. Skijöring ist schon sehr speziell und bedarf der Übung – aber es ist ein Riesenspaß“, begeistert er sich für diesen Sport in der kalten Pracht.
Klar, dass Voigtmann auch für das Jahr 2020 ein Skijöring-Event in Hammerbrücke plant. Ende Januar oder Anfang Februar, wenn in Hammerbrücke auf rund 700 Meter ausreichend Schnee liegt, soll’s wieder richtig Action geben – denn auch die Zuschauer kommen hier bei Glühwein und Würstchen richtig in Stimmung.
„Wir haben zwei Strecken bei denen zunächst jeweils zwei Reiter und zwei Skifahrer gegeneinander antreten. Danach dann die besten im KO-System. Die Stimmung bei den Teilnehmern und Zuschauern ist schon Klasse. Jeder kann sehen, wer erster ist – da gibt es nichts zu deuteln.“
Die Teilnehmer aus den Nachbarorten und dem Umkreis trainieren mit ihren Pferden, sobald ausreichend Schnee liegt. Skifahren kann hier fast jeder. Und die Pferde? „Bei uns machen alle mit. Vom Dressurpferd (das hat vergangenes Jahr gewonnen) bis hin zu Kaltblütern. Da sind alle Pferderassen vertreten. Übrigens war mein Schwarzwälder letztes Mal zweiter – der ist gerannt wie der Teufel.“ Skijöring als Sportart kommt ursprünglich aus den skandinavischen Ländern. Nicht als Sport, sondern als Möglichkeit weite, verschneite Strecken möglichst schnell zu überwinden, nutzten die Lappen ihre Rentiere als Zugtiere für diesen Zweck. Der Begriff Kjöring kommt aus dem Norwegischen und bedeutet fahren. Selbstverständlich wird Skijöring nicht nur mit Pferden, sondern auch mit Hunden oder Kraftfahrzeugen betrieben.
Als Wettkampfsport war es bereits seit 1911 Bestandteil im Programm der Pferderennen im schweizerischen Arosa und gehört bis heute zu den festen Bestandteilen der Rennen auf dem zugefrorenen See des Nobel-Ortes St. Moritz. Auch wenn es Bestrebungen gab, diese Sportart als internationale Wintersportart zu etablieren, gelang dies nicht. Skijöring blieb eine Fun-Sportart.
Während der letzten Jahre erlebt das Zusammenspiel von Pferd und Skifahrer wieder ein Revival und liegt auch bei uns in Deutschland voll im Trend. So mancher Pferdebesitzer nutzt es als Abwechslung von der Alltagsarbeit, manch einer genießt es, mit dem Partner und dem Pferd gemeinsam draußen in weiß verschneiter Landschaft zu entspannen und andere wieder betrachten es als Gelegenheit mit ihrem Pferd gemeinsam das Skifahren im Winter-Wald und -Feld zu genießen.
Auch ins Vogtland, zu Thomas Voigtmann, kommt schon mal der eine oder andere Tourist, der diese Sportart gerne einmal mit einem braven Pferd testen will. „Das machen wir natürlich möglich“, meint der Fuhrhalter. Allerdings haben wir deutlich mehr Nachfragen nach Kutschfahrten. „Und für Skijöring braucht es halt Zeit. Deshalb ist es in unserem Alltag eher die Ausnahme.“
Neben der Veranstaltung im Vogtland bietet mittlerweile auch der Oberharz ein Skijöring-Event mit Pferden. In Elend, in der Nähe von Braunlage findet jährlich ein Skijöring-Rennen statt.
Nähere Informationen:
www.vogtland-kutsche.de
https://www.oberharzinfo.de/service/tourist-informationen/tourist-information-elend.html
„Stallgeflüster“ / E. Stamm