Faszination Mustang oder: Ein Traum wurde wahr
Das Mustang Makeover fand in diesem Sommer bereits zum dritten Mal in Folge in Deutschland statt. Dabei werden in einem Zeitraum von rund neunzig Tagen Mustangs, die bislang kaum Menschen-Kontakt hatten, von Trainern für die große ‚Show‘ in Aachen und damit auch für die anschließende Auktion vorbereitet. Im vergangenen Jahr hatte ‚Stallgeflüster‘ eines der Tiere während der 90tägigen Ausbildung begleitet und beobachtet. Auch über die Auktion hatten wir berichtet.
Jetzt wollten wir wissen, wie geht es den heutigen Besitzern mit ihren Pferden, wie kommen sie im Alltag klar. Dazu sprachen wir mit Andrea H in der Nähe von Stuttgart. Sie ersteigerte beim Mustang Makeover 2018 die 7 oder 8jährige Stute Princess By Choice.
Dabei stellt sich zunächst einmal die Frage, wann, wie und warum entscheidet man sich für ein solches Pferd? Dazu kann uns Andrea eine Menge erzählen: „Ein Mustang war schon immer mein Traum-Pferd. Das war mir eigentlich so nicht bewusst, aber mein Mann erinnerte mich daran, dass ich schon zu Beginn unserer Ehe von Mustangs geschwärmt hatte. Sie sind in der Wildnis geboren, freie Pferde, völlig unverbogen – das fasziniert mich noch heute. Ich habe bereits das erste Mustang Makeover genauestens mitverfolgt, aber damals war es wohl einfach noch zu früh für die Entscheidung. Trotzdem habe ich sofort begonnen, mir Geld zurückzulegen.“
„Als dann in diesem Jahr die Pferde vorgestellt wurden, waren drei oder vier dabei, die in mein Beuteschema passten. Eines von ihnen war Princess By Choice. Sie stand in unserer Nähe bei Yvonne Gutsche. Mein Mann und ich diskutierten heftig, schließlich hatten wir schon ein Pferd und ein Pony – aber schließlich fuhren wir dann doch zu Yvonne. Und: Es war Liebe auf den ersten Blick!“
„In den folgenden Wochen besuchten wir Princess öfter, überlegten hin und her, ja, nein, ja …. Das Geld hatte ich ja bereits zurückgelegt – also meldete ich mich schließlich an und bekam eine Bieter-Nummer. Natürlich legten mein Mann und ich im Vorfeld ein Limit fest, aber ich glaube, im Zweifelsfall hätte er das auch überschritten. Ich selbst habe die Auktion wie in Trance erlebt, geheult und gezittert. Auch das Pferd habe ich an diesem Sonntag nur einmal kurz besucht. Das Bieten übernahm mein Mann. Der erzählte mir später, dass er sich eigens dafür einen taktischen Plan gemacht hatte.“ Der ging offenbar auf, denn genau am vorher festgelegten Limit blieb die Auktion stehen, Andrea H. erhielt den Zuschlag für Ihre Prinzessin.
„Prinzess war kein ganz einfaches Pferd, das hatte Yvonne immer betont. Sie tat sich schwer mit Menschen und fremden Dingen, sonst wäre ihr Preis sicherlich höher gewesen“, erzählt Andrea weiter. Nach Aachen fuhr die Stute zunächst zurück zu Yvonne Gutsche. Dort arbeitete das Trio für einige Wochen am Kennenlernen von Mensch und Pferd – allerdings begann diese Arbeit gleich im Sattel. Zuerst bin ich an der Longe geritten, dann ohne.“ Dabei zeigte sich rasch: Zu Menschen, die die Stute kennt und denen sie vertraut, entwickelt sie ein sehr gutes Verhältnis. Ein Umstand, der auch den Umzug in Andreas Stall leicht machte: „Sie war ganz ruhig, da war kein wiehern, kein Geschrei, alles verlief ganz ruhig.“
Besonders gut kommt Prinzess mit Andreas Kindern, der Tochter und Enkelin, im Alter von ein und sieben Jahren, klar, aber auch mit dem Ehemann, der seit Prinzess zur Familie gehört, begonnen hat, sich mit einem Pferd anzufreunden, kann gut mit ihr arbeiten.
„Wir legen viel Wert auf eine möglichst abwechslungsreiche Arbeit“, erzählt uns Andrea, die im Western-Sattel zu Hause ist. „Wir gehen viel ins Gelände, machen Bodenarbeit, Doppellonge, mein Mann macht Freiarbeit mit ihr und wir suchen uns aus den verschiedenen Gymnastik-Programmen Übungen heraus, die zu uns passen.“
Prinzess macht das alles souverän mit und lernt gerne. Doch nicht nur Princess lernt, auch Andrea gibt zu, dass sie von diesem Pferd selbst eine Menge profitiert hat. „Ab und zu“, so erzählt sie, „blitzt bei Princess schon mal das Wildpferd durch. Meist wenn sie sich doll angestrengt hat. Dann kommt es am nächsten Tag zu unglaublichen Explosionen. Aber ich weiß das und lasse sie sich abreagieren – danach ist alles wieder gut. Im Gelände ist sie brav, aber hellwach. Vor allem Gebüsche behält sie genauestens im Auge. Das ist besonders interessant, wenn hier Erdbeerernte ist – da sitzen dann oft Menschen mit großen Hüten im Gebüsch – und das mag sie gar nicht. Aber: Sie erschreckt sich auf der Stelle und rennt nicht weg. Sobald sie durchschaut, dass keine Gefahr droht, beruhigt sie sich sofort.“
Mit Prinzess of Choice hat sich für Andrea H. ein Traum erfüllt – sie ist glücklich mit ihrer Mustang-Stute und sagt: „Ich kann es bis heute noch nicht fassen, wie in so kurzer Zeit eine so innige Verbindung zwischen Mensch und Pferd entstehen kann, wie zwischen Princess und mir.“
„Stallgeflüster“ / E. Stamm