Der Lusitano: Kein Couch-Potatoe
Iberische Pferde erfreuen sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Da ist zum Einen zu nennen der spanische PRE – eine Pferderasse, die als besonders schön gilt und an den Höfen Europas Jahrhunderte lang überaus geschätzt wurde.
Zum anderen ist da der portugiesische Lusitano PSL (Puro Sangue Lusitano).
„Was macht diese Pferde aus, und warum suchen so viele Menschen heute nach Lusitanos oder PREs“, fragten wir Anne Wölert aus Frankfurt. Ihr Herz ist den, für deutsche Verhältnisse oft relativ kleinen portugiesischen Pferden (Stockmaß 1,55-1,65 cm), seit Jahren verfallen.
„Die Lusitanos gehören zu den ältesten Pferderassen Europas“, erzählt sie uns. „Sie wurden für die Arbeit am Stier gezüchtet. Ein Arbeitspferd, bei dem man weniger Wert auf das Exterieur legte, sondern mehr auf die Praktikabilität. Gefordert waren Mut, Wendigkeit und Schnelligkeit, Reaktionsgeschwindigkeit, und für die langen Strecken, die der Rinderhirte zurückzulegen hatte, natürlich auch Sitzbequemlichkeit. Es sind Pferde, die einen ungebrochenen Arbeitseifer an den Tag legen, dabei aber überaus sensibel und freundlich auf den Menschen reagieren.“
Der Lusitano ist eng mit dem Andalusier und Berber verwandt – ebenso wie die spanischen PREs. Ab 1912 gab es sogar ein gemeinsames Zuchtbuch für PRE und PSL. Das wurde allerdings 1967 getrennt. Die Zuchtschwerpunkte für spanische Pferde hatten sich verändert, nachdem Bourbonenkönig Philipp V. den berittenen Stierkampf zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Spanien verboten hatte.
„Der Lusitano dagegen blieb weiterhin ein Arbeitspferd, gezüchtet auf Zweckmäßigkeit. Auch in der Hand eines Freizeitreiters bedarf er einer geordneten, sorgfältigen Ausbildung und geregelter Arbeit. Er ist kein Koppel-Steher.“
„Dennoch sieht man zunehmend auch Lusitanos im Sport?“, fragt ‚Stallgeflüster‘ noch einmal nach. Ein Einwand, den uns Anne Wölert bestätigt. „Natürlich orientieren sich auch die Züchter sowohl in Deutschland als auch in Portugal am Markt. Tatsächlich gibt es unter den Lusitanos eine neue Zuchtlinie, die deutlich schwungvollere Gangarten zeigt, als die traditionelle klassische Linie. Die Menschen sind generell größer und schwerer geworden und brauchen dementsprechend größere Pferde. Das haben auch die Züchter erkannt und berücksichtigen dies. Dennoch wird die alte Arbeitslinie in Portugal überaus geschätzt und weiterhin nachgefragt.“
Die gestiegene Nachfrage nach den portugiesischen Pferden erklärt sich Wölert mit der zunehmenden Popularität der Working Equitation. Aber auch Menschen, die gerne auf hohem Niveau Dressurreiten wollen, allerdings keine Turnier-Ambitionen hätten, fragten ebenso häufig nach diesen Pferden, wie solche, die älter geworden seien und Sitzbequemlichkeit suchten.
Abschließend wollen wir natürlich von der Fach-Frau noch wissen: „Was muss ein Interessent beachten, der einen Lusitano kaufen will?“
„Lusitano-Züchter in Deutschland sind rar – aber es gibt einige“, erklärt Wölert. „Generell gilt, dass ein Lusitano nur dann ein Lusitano ist, wenn sowohl der Zucht-Hengst als auch die Stute gekört sind. Beide müssen im Zuchtbuch in Portugal, das übrigens geschlossen ist, eingetragen sein.“ Die Richter, der Körkommission müssen vom portugiesischen Zuchtverband (APSL – Associação Portuguesa de Criadores do Cavalo Puro Sangue Lusitano) mit Sitz in Cascais zertifiziert sein. In Deutschland findet alle zwei Jahre eine solche Körung statt, organisiert von der offiziellen Vertretung des portugiesischen Zuchtbuchs in Deutschland, dem 1992 gegründeten Cavalo Lusitano e. V. Germany.
Eine Besonderheit bei den Bränden hat Anne Wölert für uns noch auf Lager: Die portugiesischen Züchter haben, anders als in Deutschland, ihre eigenen selbst entwickelten Brände, die bei der APSL eingetragen sind. So hat ein Lusitano also oft einen Züchter- und einen Nummernbrand.
„Und wenn einmal jemand Urlaub in Portugal verbringt, dann sollte er sich unbedingt die portugiesische Hofreitschule, die Escola Portuguesa de Arte Equestre (Portugiesische Schule der Reitkunst) anschauen.
Sie ist 2015 aus dem Nationalpalast von Queluz nach Lissabon umgezogen – und das wissen die Meisten nicht und laufen daran vorbei“, gibt uns Wölert als Tipp mit auf den Weg.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm