Gespannpflügen der Kraftpakete: Je akkurater die Furchen, umso besser
Mitte Oktober im Hessenpark in Neu-Anspach stand ein Wettbewerb der besonderen Art an: Die Deutschen Meisterschaften im Gespannpflügen. Ein sportlicher Wettbewerb, bei dem es auf Exaktheit und Genauigkeit ankommt und bei dem der Erhalt eines Kulturguts im Vordergrund steht.
Bei unserer Ankunft staunen wir nicht schlecht – insgesamt 23 Gespanne zählen wir auf dem großen Feld vor dem Park-Gelände. Dort sind die Pflüger mit ihren Pferden schon fleißig bei der Arbeit, die wir uns erst noch einmal genau erklären lassen.
Doreen Hanßmann, 1. Vorsitzende der IGZ Hessen (Interessengemeinschaft Zugpferde), und Matthias Mengel, als 2. Vorsitzender erklären uns den Wettbewerb genauer: Hier geht es nicht – wie heute vielfach üblich – um Zeit, sondern, um den schönen altmodischen Begriff ‚Akkuratesse‘. Jeder Pflüger hat ein am Abend zuvor ausgelostes 10 x 40 m großes ‚Beet‘, das er nach strengen Kriterien umpflügen muss. Bewertet werden die Geradheit der Furchen, wie sauber sie ausgeräumt sind und ob sie alle exakt gleich tief sind. „Jeder Pflüger hat einen Helfer dabei, der eingreifen kann und darf, wenn es bei der Arbeit mit den Pferden Probleme gibt“, erklärt Mattias Mengel, „denn Sicherheit steht hier an erster Stelle.“
Das gilt auch für die Anspannung der Pferde: „Die Brustverbindung des Gespanns darf auf keinen Fall starr sein, sondern muss sich auf Anhieb mit einem Messer lösen lassen, die Anhängung am Pflug hat einen offenen Haken, der leicht gelöst werden kann.“
Neben der Qualität der Arbeit geht bei diesem Wettbewerb auch die Art der Arbeit mit den Pferden mit in die Bewertungsnote ein. Sie sollen Ruhe und Gelassenheit, dabei aber Arbeitswillen zeigen, alles in allem: Hier wird die Harmonie zwischen dem Pflüger und seinem Gespann bewertet.
Und die, die wir hier in Neu-Anspach beobachten können, zählen zu den besten Pflügern Deutschlands. Sie kommen aus zehn Landesverbänden der IGZ und wurden von ihrem jeweiligen Landesverband für die Deutsche Meisterschaft nominiert. „Der gastgebende Verein darf vier Starter nominieren, jeder andere lediglich zwei“, erklärt Doreen Hanßmann. „Sie werden von den jeweiligen Landesverbänden in Landesmeisterschaften ermittelt. Das heißt, hier im Taunus treten die Meister der jeweiligen Landesverbände gegeneinander an.“ Mit diesem frisch erworbenen Wissen wenden wir uns wieder der Arbeit der Pflüger und ihrer Gespanne zu. Es ist schon ein beeindruckendes Bild, das sich da bietet. Schwere, große Pferde, wie die weißen Percherons von Peter Wolf aus Hessen oder die schwarzen ‚Krahner Sterne‘ aus Brandenburg gibt es hier ebenso bei der Arbeit zu beobachten, wie Norweger, ein Welsh oder ein Schwarzwälder-Gespann. Alle sind sie prachtvoll – oft in den Farben des Bundeslandes, das sie vertreten – geschmückt und toll herausgebracht. Schade nur, dass der ausgetrocknete Boden so staubt.
Auch die Zuschauer, die sich hier überaus zahlreich versammelt haben, kommen keineswegs nur aus Hessen. Hier werden unterschiedlichste Dialekte gesprochen und Matthias Mengel erzählt, dass die Besucher aus Brandenburg sogar einen Bus gechartert haben.
„Der Hessenpark im Rhein-Main-Gebiet liegt für die Zuschauer recht günstig, denn er ist sowohl aus dem Norden als auch Süden gut zu erreichen“, meint Mengel. „In den letzten Jahren haben wir die Deutschen Meisterschaften in stärker ländlich strukturierter Umgebung durchgeführt, da wir mit dieser Veranstaltung ja eher ein ländliches Publikum ansprechen und dort das Bewusstsein dafür wecken wollen, dass Landwirtschaft mehr ist, als einen gro-ßen Schlepper zu besitzen. Denn schließlich geht es bei der Arbeit mit dem Pferd um den Erhalt eines Kulturguts. Darüber hinaus haben Pferde einfach eine bessere Öko-Bilanz. Sie tragen nicht zur Bodenverdichtung bei.“
Die Deutschen Meisterschaften im Gespannpflügen werden alle zwei Jahre ausgetragen und wer glaubt, dass dieser Wettkampf eher etwas für ältere Teilnehmer ist, der irrt. Der jüngste Starter im Hessenpark war gerade mal 18 Jahre alt – der älteste 78. Gleiches gilt auch für die Pferde. Hier war der jüngtse Teilnehmer erst vier, der älteste 28 Jahre alt.
Den Titel, und damit den Pokal holte sich in diesem Jahr ein Hesse. Daniel Hoffmann aus Kirchheim-Frielingen erreichte 96,81 Punkte von 100 und wurde wurde neuer Deutscher Meister im Gespannpflügen. Der zweite und dritte Platz gingen nach Baden-Württemberg und Sachsen Anhalt an Thomas Kurfiss und Walter Heuer.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm