Welsh Ponys – die Pferde der Kelten
Wer von Kelten spricht, denkt an geheimnisvolle Riten, Druiden, mystische Symbole etc. Doch kaum jemand denkt dabei an Pferde – es sei denn, er ist Welsh-Pony-Fan oder Züchter.
Das englische Wales, nach dem die Pferderasse benannt ist, gehörte zu den keltischen Gebieten Europas. Noch heute sind die englische und walisische Sprache formal gleich gestellt. Bereits in der Antike zogen die keltischen Stämme unter Führung ihrer geistigen und politischen Chefs durch ganz Europa, bis hin nach Delphi in Griechenland.
Da dies zu Fuß nicht möglich war, gehörten, so die Vermutung der IG Welsh e.V., die Kelten möglicherweise zu den ersten Pferdezüchtern der Antike. Schriftliche Belege mit Ratschlägen zur Pferdezucht gibt es in Wales bereits um die Zeit von 900 n.Chr. Klein, hart, ausdauernd und leichtfuttrig – das waren die Attribute, die ein Tier brauchte, um in den nördlichen Tundren zu überleben und dem Menschen als Last- und Tragetier zu dienen.
Von der Geschichte zurück zur Gegenwart: ‚Stallgeflüster‘ besuchte am vorletzten Juni-Wochenende die Regionalschau der IG Welsh Regionalgruppe Hessen für Sie. Doch zuvor musste sich ‚Stallgeflüster‘-Redakteurin Elke Stamm ein wenig theoretisches Wissen über diese Pferde aneignen. Denn da geht es schon ein wenig anders zu, als bei den üblichen Zuchtschauen. Grund dafür sind die vier verschiedenen Sektionen, in die diese Pferde eingeteilt werden. Sie richten sich nach Größe, aber auch Exterieur. Die aktuelle Zuordnung nach den vier Sektionen wurde 1931 neu geordnet. In die Sektion A gehört das Welsh A (Welsh Mountain Pony) mit einem maximalen Stockmaß von 1,22 m. Es ist keltischen Ursprungs, lebhaft, aber gutmütig. Typische Merkmale sind ein kleiner, trockener Kopf, große Augen, breite Stirn und kleine Ohren. Seit rund zweihundert Jahren wird in der Zucht gezielt auf die Eignung als Reitpony für kleinere Kinder selektiert.
Die Sektion B (Welsh Pony) steht im Typ des modernen Reitponys und hat ein Stockmaß bis 1,37 m. Im Erscheinungsbild ähnelt es den Tieren der Sektion A und entstand durch die gezielte Einkreuzung orientalischer Blutslinien, um ein Pony zu züchten, das besonders gute Reiteigenschaften für Kinder und Jugendliche aufweist. Die Sektion C hat ebenfalls ein Stockmaß bis 1,37 m, steht aber im Typ des Cob und wird deshalb als Welsh Pony im Cob Typ bezeichnet. Es entstand durch die Kreuzung von Welsh A und Welsh Cob, ist ein muskulöses Pony mit sehr viel Substanz und energischer Trabaktion. In Typ und Ausdruck ist es dem Welsh A sehr ähnlich. Die Sektion D, der Welsh Cob beginnt ab einem Stockmaß von 1,37 und hat keine Größenbegrenzung nach oben. Er ist eine imposante Erscheinung oft um 1,50 m groß, mit kräftigem, muskulösen Körperbau sowie energischem, kraftvollem Trab mit deutlicher Aktion.
Seit 1960 ist das Stutbuch der Welsh Ponys geschlossen, allerdings hat man mit der Schließung eine weitere Klassifizierung eingeführt: Den Welsh Partbred. Diese Tiere müssen einen Welsh-Blutanteil von mindestens 12,5 Prozent aufweisen, wenn sie eingetragen werden. Einer ‚Sektion‘, wie A,B, C oder D gehören sie nicht an und man findet in Deutschland eine Reihe Sportponys, die, ohne dass es ihren Besitzern bewusst ist, Welsh Partbreds sind.
Genug der Theorie. in der Praxis, die wir in Grünberg erleben durften, war die Regionalschau ebenso vielfältig, wie die Sektionen der Welsh Ponys. Da gab es in der Zuchtschau nicht nur Fohlen, 1- und 2-jährige oder Stuten und Hengste 3-j. und älter. Hier in Grünberg wurden die jeweiligen Klassen innerhalb der einzelnen Sektionen vorgestellt. Hinzu kamen noch die Welsh Partbreds. Es ist schon eine riesige Bandbreite an Ponys, bzw. Cobs, die sich uns hier überaus beeindruckend präsentierte. Angefangen vom Welsh A-Fohlen, das dazu animiert, es sofort mit nach Hause auf die Couch zu nehmen, bis hin zum ca. 1,50 m großen Cob Hengst, der durch sein Temperament, den kräftigen, muskulösen Körperbau überaus imposant und wesentlich größer auf uns wirkt. Hier wurde eine überaus beeindruckende Pferde-Vielfalt vorgestellt.
Very British:
Vom Führzügel über die First Ridden Class bis zur Sattelklasse
Doch die Zuchtschau war in Grünberg nicht das Einzige, was die Regionalgruppe Hessen des IG Welsh e.V. hier auf die Beine gestellt hatte. Welsh Ponys – vor allem die der Sektionen A und B gelten als die idealen Kinder- und Jugendponys. Klar, dass im Rahmen der Zuchtschau die Pferde nicht nur vorgestellt wurden, sondern auch im praktischen Einsatz ihre besonderen Eigenschaften unter Beweis stellen durften.
So hatte die Regionalgruppe Hessen u.a. einen Führzügel-Wettbewerb, einen First Ridden Klasse und einen Sattelklasse-Wettbewerb ausgeschrieben – Wettbewerbe, die sich an englischem Vorbild orientieren. Während ‚Stallgeflüster‘-Redakteurin Elke Stamm sich ein wenig auf dem Gelände umschaut, trifft sie da eine Reihe Reitvereine, die eigens zu diesen Wettbewerben angereist sind. Da ist beispielsweise Anne Wöhlert vom Schwanenhof in Frankfurt. Gleich acht Welsh-Ponys und eine Menge Kinder hat sie mitgebracht. „Unsere Reitschüler können hier ein wenig Turnier-Erfahrung sammeln“, erklärt sie uns.
Während die Kinder noch mit dem Tausch oder Umkleiden in ihre schwarz-weiße Turnierkleidung beschäftigt sind, hat der erste Führzügel-Wettbewerb bereits angefangen. Da staunen wir nicht schlecht. Während sich Führer und Kinder vom Schwanenhof an diesem heißen Tag in ihre Stiefel mühen, sieht so manches Paar in der Bahn ganz anders aus: Im Kostüm, bzw. Kleid, mit Ballerinas und Hut – so führen hier die eine oder andere Dame die Ponys. Und die kleinen, künftigen Reiter? Jodhpur-Hose und kariertes Jackett. Ein kurzer Blick in die WPO der IG Welsh bestätigt, was wir vermuten: Tatsächlich sind hier für Damen in der Führzügel-Klasse ausdrücklich Kostüm, Kleid oder Rock/Hose mit Jacke, Hut und Handschuhen erwünscht – very British eben.
Auch in der First Ridden Class, für Kinder, die der Führzügel-Klasse entwachsen sind, gibt es keine schwarz-weiß oder Stiefel-Pflicht. Jodhpur-Hose mit dazu passendem Jackett und Stiefeletten sind durchaus erlaubt. Eine vorgeschriebene Aufgabe gibt es nicht. Stattdessen gehört das Reiten in der Abteilung im Schritt und Trab zu den Anforderungen im ersten Prüfungsteil. Danach weisen die Richter die Kinder jeweils einzeln an und lassen sie auch auf beiden Händen angaloppieren. Interessant bei der Bewertung: Es werden zwar ebenso, wie in anderen Prüfungen auch Sitz und Einwirkung des Reiters beurteilt, darüber hinaus aber auch das Zusammenpassen von Reiter und Pony. Darüber hinaus wird das Pony bewertet auf Eignung als Kinderpony, Charakter, Temperament, Gehorsam, um nur einige der Bewertungskriterien in dieser Prüfung zu nennen.
Auch die Sattelklasse hat andere Anforderungen, als wir es von ‚normalen‘ Turnieren gewohnt sind. Es gibt ebenfalls keine feste Aufgabe. Hier in Grünberg wird der Vielseitigkeitsplatz genutzt, um die Pferde, so wie es die WBO vorsieht, zunächst im Pulk auf Weisung der Richter zu reiten. Da geht es schon ein wenig heftig – aber dennoch überaus kontrolliert zu. Im Anschluss an den Gruppenritt, wird einzeln auf Weisung der Richter geritten. So weit so gut – danach jedoch gibt es einen Fremd-Reiter, der das Pony oder Cob auf die Fragestellung „Welches Pferd ist bei genügend Temperament einfach und komplikationslos nachzureiten?“, überprüft. Denn schließlich ist es Sinn und Zweck dieser Prüfung festzustellen, dass ‚die Pferde geeignet sind, einem Gastreiter zum Ausritt angeboten zu werden, und diesem dabei ein sicheres und angenehmes Reitgefühl vermitteln.‘
Der Ausflug nach Grünberg hat bei uns eine Menge Eindrücke hinterlassen – angefangen von den unterschiedlichen Welsh Ponys und Cobs bis hin zu den Wettbewerben, die zunächst ein wenig fremd anmuten. Doch bei genauerer Überlegung, ist es für einen Zuchtverband vielleicht gar nicht so schlecht, neben dem Exterieur auch Interieur und Rittigkeit zu bewerten.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm