‚Stallgeflüster‘ im Gespräch mit Bundestrainer Nuno Avelar
Die Reitsport-Disziplin ‚Working Equitation‘ erfreut sich während der letzten Jahre in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Working Equitation-Turniere finden mittlerweile auch hier bundesweit statt, die Weltmeisterschaft in dieser Disziplin wird im Mai im Rahmen der ‚Pferd International‘ in München ausgetragen. Die Aufgabe, als Bundestrainer die deutsche Nationalmannschaft vorzubereiten und zu trainieren, übernahm im März 2017 Nuno Avelar.
Avelar ist dreifacher portugiesischer Meister, Welt- und Europameister. Seine Profi-Ausbildung absolvierte er am portugiesischen Nationalgestüt Coudelaria de Alter, ist derzeit in Weinheim, Kurpfalz stationiert. ‚Stallgeflüster‘ traf den Bundestrainer – ganz unspektakulär – in Weilrod im Taunus. Hierher kommt Avelar einmal monatlich und erteilt Unterricht. Wer jetzt – so wie ‚Stallgeflüster‘ zu Beginn – glaubt, dass Nuno lediglich Spitzensportler unterrichtet, der irrt gewaltig.
Bundetrainer hin, Bundestrainer her – wir treffen hier im Taunus einen freundlichen, völlig auf den Reiter und das Pferd in der Halle konzentrierten Trainer. Bei unserer Ankunft trainiert gerade eine Reiterin die fliegenden Wechsel – so hatten wir uns die Arbeit bei Avelar auch vorgestellt. Feinfühlig, aber in der Sache exakt, lässt er die Dame zunächst die Galoppsprünge zwischen den einzelnen Wechseln zählen. Ein Sprung zu viel – und das Ganze noch einmal, bis sie den Takt gefunden hat. Gleich danach: Noch einmal, aber mit weniger Sprüngen zwischen den Wechseln. Kaum ist dies korrekt gelungen, erläutert er eine bessere Einteilung auf der Diagonalen. „Weißt Du den genauen Punkt, an dem Du den ersten Wechsel springst? Wenn Du ihn eine wenig später ansetzt, hast Du beim letzten Wechsel keinen so großen Abstand von der Bande. Das sieht harmonischer und symmetrischer aus.“
Das nächste Paar im Unterricht – ‚Stallgeflüster‘ staunt nicht schlecht – eine Dame mit Islandpferd. Diese beiden sind noch nicht so weit, wie die Vorgänger – hier gibt es noch eine Menge Arbeit, bevor die beiden ein richtiges Paar sind, denn das ist das Ziel von Nuno Avelar. „Man muss den Schlüssel zum Pferd finden. Und das ist bei jedem Tier ein anderer. Schließlich kann ich mit einem Autoschlüssel auch nicht jedes Auto öffnen sondern nur ein ganz spezielles. So ist das auch bei Pferden. Jedes von ihnen hat einen speziellen Charakter, den muss man erkennen und entsprechend bei der Arbeit berücksichtigen.“ Und er macht sich daran, mit dem Islandpferd, das viel lieber töltet, als zu galoppieren, an Galopp und Geraderichtung zu arbeiten.
Natürlich fragen wir Nuno Avelar, ob die Diskrepanz zwischen den Leistungen einer Nationalmannschaft und der von Freizeitreitern nicht ein wenig groß ist. Doch da sind wir gerade richtig gekommen: „Jedes Pferd und jeder Reiter, der mich um Hilfe bittet, verdient meinen Respekt. Und wenn mich jemand nach Unterstützung fragt, dann tue ich das gerne, ganz gleich, was für ein Pferd er hat und wie er derzeit reitet. Schließlich war auch ich mal jung und hatte nicht unbedingt das Spitzenpferd zum Reiten.“
Die mittlerweile zusammengestellte Kader-Mannschaft aus der eine vierköpfige Equipe bei den Weltmeisterschaften in München die Deutschen Farben vertreten wird, trainiert er einmal wöchentlich. Zum Kader gehören in alphabetischer Reihenfolge nach Pferdenamen Aramis und Gernot Weber, Benjamim da Caniceira und Mihai Maldea, Diluvio und Birte Ostwald, Kiro und Mirjam Wittmann, Larius und Anne Burk, Macchiato und Mitja Hinzpeter, Starlight Smart Mini und Christian Laukemper, Orlando und Thomas Türmer, Santana GP und Mitja Hinzpeter sowie Violino und Brahim Brinkhaus.
Sie alle leben im ganzen Bundesgebiet verteilt, schaffen es aber regelmäßig zu trainieren. Avelars Ziel für die diesjährigen Weltmeisterschaften: „Ich möchte ein klares, gut anzuschauendes, faires und vor allem professionelles Team in München präsentieren.“
„Stallgeflüster“ / E. Stamm