Gästegespräche
Wer Juist besucht, der kommt unweigerlich am Kurplatz vorbei, entweder auf dem Weg zum Hafen oder vom Hafen oder aber, wenn er das Nationalpark-Haus besuchen will. So geht es auch ‚Stallgeflüster’. Die kleine gepflegte Anlage lädt ein zu einer kleinen Pause, man möchte gerne einen Augenblick verweilen und dem bunten Treiben rund um den Hafen zu schauen.
So geht es aber offensichtlich nicht nur der Redaktion. Gleich neben uns lässt sich ein Ehepaar mit Labrador an der Leine nieder. Und, statt, wie man es aus der Großstadt kennt, stumpf und wortlos nebeneinander zu sitzen, kommen wir sofort ins Gespräch. Aber vielleicht liegt das ja nicht an der Atmosphäre hier, sondern eher am Hund?
Rainer Podszun und seine Frau kommen, wie viele Gäste hier, aus Nordrhein-Westfalen und sind im Kreis Soest zu Hause. „Wir waren schon als Kinder jedes Jahr in den Ferien hier, inzwischen sind es 47Jahre, die wir nach Juist kommen“, erzählen die beiden. „Wir haben auch schon mal zehn Jahre lang ausgesetzt – aber danach waren wir wieder regelmäßig einmal im Jahr hier. Das Schöne an den Ferien hier ist, man gibt sein Auto am Hafen in Norddeich ab. Es ist seltsam, aber in dem Moment, in dem man die Fähre betritt, fährt der Reaktor schon runter und der Urlaub beginnt schon auf dem Schiff.“
Rainer Podszun arbeitet als Industriemeister in der Metallbranche und das, was er am allermeisten auf der Insel schätzt, „das ist die Ruhe. Das Klappern der Pferdehufe bringt einen beruhigenden Rhythmus in den Tagesablauf, den ich zu Hause nicht finde. Im Berufsleben rasen elektrisch betriebene Gabelstapler um mich herum – eine Geräuschkulisse, die nervös und unruhig macht. Hier auf der Insel gibt es Gott sei Dank keine solchen Fahrzeuge. Sie hat ihr Flair und ihren Charme über die Jahre hinweg erhalten können“, schwärmt das Ehepaar.
Natürlich wollen wir noch kurz wissen, wie das mit dem Hund so geht – ein Labrador zählt ja nicht unbedingt in die Kategorie Schoßhund. Aber selbst der etwas weit abgelegene Hundestrand stört nicht. – „Wir hatten noch nie Probleme mit dem Hund.“
Ein wenig später treffen wir Tina von Ketteler. Auch sie kommt aus Nordrhein-Westfalen, aus der Nähe von Warendorf. Sie besucht seit 45 Jahren auf die Insel, ist ‚hier groß’ geworden ebenso wie ihre Kinder und jetzt, so hofft sie, auch die Enkel, denn mittlerweile gehört der Familie eine Eigentumswohnung in direkter Strandnähe. „Für Kinder ist das hier eine Attraktion, denn hier ist die Welt noch heil. Du kannst Dich mit ihnen an den Kurplatz setzen, da gibt es immer etwas zu sehen. Und dann natürlich der Freiraum am Strand und in den Dünen.“
Auch Tina von Ketteler hebt, ebenso wie die anderen Gäste, den Rhythmus der Insel, der durch die Hufe der Pferde geprägt wird hervor: „Das erste, was man morgens hört, ist das Trappeln der Pferde auf dem Weg zum Hafen. Das ist zunächst ungewohnt – aber nach kurzer Zeit gehört es einfach dazu. Das ist auch im Winter so, wenn sie die Baufahrzeuge ziehen.“
Von Ketteler kommt ursprünglich aus der Marketing-Branche und bringt das, was sie am meisten schätzt, in fachsprachlichem Jargon auf den Punkt: „Die Pferde sind das Merkmal dieser Insel und sie geben ihr das besondere Flair. Hier gibt es keine kuschelige Reetdach-Romantik oder andere Kuschel-Dinge.
Flair und Atmosphäre dieser Insel werden von den Pferden bestimmt.“ Und, wer es so mit den Pferden hat, für den ist natürlich „die schönste Tageszeit auf der Insel nachts um 2.00 Uhr, wenn all die großen Pferde auf den großen Salzwiesen stehen.“
„Stallgeflüster“ / E.St