40 Jahre Reit- und Fahrverein Wintermühle
Der Name Wintermühle steht heute für den Inbegriff eines modernen Reitsportzentrums. Dazu gehören Reithallen, Außenplätze für Springen und Dressur sowie aller Luxus, den moderne Sport-Pferde heutzutage so brauchen – von der Führanlage über das Laufband bis zum Solarium …
Als der Verein vor 40 Jahren gegründet wurde, sah das alles noch ganz anders aus. Die Wintermühle war ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich peut à peut von der Milchproduktion zurückzog und den Pferden zuwandte. „Freizeitpferde – das ist die Zukunft“, war Kurt Winters Credo. Der Landwirt hatte erkannt, dass die Milchproduktion auf der Wintermühle nicht beliebig, den damaligen EWG-Wünschen entsprechend, zu steigern war. So setzte der Pferde-Narr schon recht früh auf das richtige Pferd und schaffte einige Reitpferde an. Die Klientel: Hauptsächlich Frankfurter Reiter, die den Taunus hoch zu Roß genießen wollten.
Aus diesen Anfängen entwickelte sich bald eine größere Gruppe von Freizeitreitern, die nicht nur in Feld, Wald und Wiesen unterwegs sein wollte, sondern auch sportliche Ambitionen hatte. Für das Training im Winter wurde der Anspacher Reit- und Fahrverein tat- und geldkräftig beim Bau der Reithalle am Steinchen unterstützt. Dennoch gehörten zahlreiche Reiter, die hier am Rande des Tals mit ihren eigenen oder den Schulpferden neben ernsthaftem Training die Natur und anschließende Geselligkeit im Clubraum mit Gleichgesinnten genossen, keinem Reitverein an. Das allerdings war und ist bis heute die Voraussetzung für jeden, der an einem Reitturnier teilnehmen will. So kam es unter den Winter-Reitern zur Diskussion darüber, wie man einerseits diesem Mangel abhelfen, andererseits als Gruppe zusammenbleiben konnte. Das nächstliegende war es, sich als eigenständige Gruppe dem vorhandenen Anspacher Reit- und Fahrverein anzuschließen. Dieser jedoch lehnte das Ansinnen der relativ großen Winter-Clique ab. So gründeten die Winter-Reiter dann kurz entschlossen am 22. Juni 1977 ihren eigenen Verein, der noch im gleichen Jahr eine Reitschule einrichtete und sein 100. Mitglied begrüßte.
Bereits im Gründungsjahr des Vereins rief die Wintermühle gute, noch heute gepflegte und stetig weiter entwickelte Veranstaltungs-Traditionen ins Leben: So fand beispielsweise die erste Reit-Veranstaltung, eine Fuchsjagd, schon im September statt, der erste sechswöchige Lehrgang (Reitabzeichen in Silber und Bronze) endete am 9. Dezember 1977. 1978 richtete der Verein sein erstes Turnier, Klasse C aus.
„Die Steckenpferde der jeweiligen Vorstandsmitglieder und die Neigungen der Mitglieder spielten bei der Entwicklung unserer Anlage natürlich immer eine wesentliche Rolle“, erzählt Arnold Winter. Da war zunächst das Hobby seines Vaters Kurt, das Jagreiten. Also gab es in jedem Jahr neben einem Dressur- und Springturnier eine traditionelle Herbstjagd.
Auch Western-Belange setzte sich zeitweilig durch und brachten Western-Turniere auf die Anlage. Als ein begeisterter Fahrer in den Vorstand berufen wurde, richtete der Verein zusätzlich bald Ein- und Zweispänner-Turniere aus, bis hin zu den hessischen Meisterschaften. Auch eine recht erfolgreiche Horseball-Mannschaft rekrutierte sich aus den Vereins-Mitgliedern in den 90er Jahren. Im Lauf der Zeit wechselten die Mitglieder und Interessen weiter. Barockreiten wurde ein neues Thema, das schließlich in spektakulären Barock-Festivals auf der Wintermühle mündete und im Jahr 2000 durch das erste Dressur-Festival abgelöst wurde.
Die vielfältigen Aktivitäten in diesem lebendigen Verein forderten natürlich nicht nur dessen Mitglieder, sondern auch die Eigentümer des ursprünglich landwirtschaftlich geprägten Betriebes. Großer Vorteil des Vereins: Sowohl Kurt Winter als auch sein Nachfolger Arnold Winter waren selbst leidenschaftliche Reiter. Sie kannten bzw. kennen die Bedürfnisse und Anforderungen an die Infrastruktur einer modernen Reitanlage. Arnold Winter absolvierte bereits 1979 seine Prüfung zum Reitwart, wurde 1984 Amateur-Reitlehrer und bildete sich selbst kontinuierlich weiter, sodass er Ende der 80er Jahre bereits Berufsreiter war. Im Jahr 1981 wurde ein Dressur-Außenplatz fertig gestellt und der Springplatz ausgebaut. 198s entstand eine moderne neue Reithalle – nicht viereckig, wie gewöhnlich, sondern in L-Form und damit nutzbar als 60x20m-Halle oder geteilt in zwei 40x20m Vierecke. Arnold Winter, heute erster Vorsitzender des Reit- und Fahrvereins, legte 1992 seine Meisterprüfung in Warendorf ab und bildet seither junge Talente in Pferdezucht, Haltung & Service sowie Pferdewirte mit Schwerpunkt Reiten auf der Anlage aus.
Mittlerweile steht der Dressursport im Vordergrund des Geschehens auf der Wintermühle. Allerdings, wie fast immer, nicht ausschließlich. Regelmäßig finden hier auch Veranstaltungen anderer Reitweisen oder Pferderassen statt. So nutzen beispielsweise die Lusitano-Züchter die mittlerweile noch um eine weitere Reithalle, weiträumigen Springplatz und modernisierten Dressurplatz erweiterte Anlage für ihre Zuchtschauen. Und auch jüngeren Pferdesportarten, wie beispielsweise dem Working Equitation steht man hier aufgeschlossen gegenüber. Regelmäßig finden hier Lehrgänge, aber auch Turniere in dieser Sportart statt. Denn schließlich: Platz für Pferde ist hier inzwischen genug.
Stallgeflüster / Elke Stamm