Araber – eine ganz besondere Pferdewelt
Ein Gestüt, das Arabisches Vollblut züchtet – und das ganze mitten im Hochtaunus, das war eine Information, die ‚Stallgeflüster’ neugierig machte. Also vereinbarten wir einen Termin, um uns das Ganze einmal näher anzuschauen. Was wir fanden, ist klein aber sehr fein. Das Gestüt Alfaras ist kein Massebetrieb, sondern eine kleine Hobby-Zucht, über die sich Besitzer und Gründer Egbert Neugebauer viele Gedanken macht.
„Für mich bedeutet Zucht die genaue Selektion nach dem Kriterium, was soll das Fohlen haben? Wir möchten auf unserem Gestüt keine sich exponiert darstellenden Araber, sondern Reitpferde züchten“, erzählt der Westernreiter, der inzwischen auf 29 Fohlen zurückblicken kann. „Natürlich spielt bei der Araberzucht der Typ auch stets eine wichtige Rolle und wir haben mit unseren Pferden früher auf Shows auch immer recht gute Ergebnisse erzielt. Aber im Vordergrund steht für mich das Reiten.“
Urvater der Alfaras-Zucht ist Meiran, ein ägyptisch/tunesisch gezogener Hengst, ein echter Asil, also auf rein arabische Blutslinien zurückgehender Vererber, der durch Ausdauer, Widerstandsfähigkeit und schnelles Regerationsvermögen nach Anstrengungen bestach. Die Urmütter des Gestüts sind zwei rein polnisch gezogene Stuten, Piowa und Arminia de Dymon. „Die polnischen Araber aus den Staatsgestüten wie beispielsweise Janów Podlaski, haben ein deutlich kräftigeres Fundament als die Ägypter. Diese sind graziler, und stehen viel mehr im Original-Araber-Flair mit ausgeprägtem Hechtskopf (Dish). Die polnischen Araber haben geradere Stirn- und Nasenlinien. Aber für mich spielte das kräftigere Fundament die Hauptrolle bei der Wahl der Stuten. Schließlich wollte ich reitbare Araber züchten.“
Die Pferde von Alfaras, neun an der Zahl, sind Englisch oder Western ausgebildet. Sie kommen hauptsächlich in Freizeitbereich aber auch im Distanzreiten zum Einsatz.
Etwa alle zwei Jahre erblicken hier Hochtaunus ein bis zwei Fohlen das Licht der Welt und wachsen in familiärer Atmosphäre, sehr menschennah auf. „Wir holen unsere Pferde abends in die Boxen und bringen sie dann morgens raus“, erzählt Saskia Limbeck, die 27jährige Tochter des Hauses, zu deren Aufgaben auch das Einreiten der Youngster gehört, wenn sie denn groß genug sind – und das sind sie nach Saskias Auffassung erst mit vier oder fünf Jahren. „Nach meiner Meinung sind Knochen, Sehnen und Bänder erst sechsjährig wirklich fertig“, meint die gelernte Physiotherapeutin, die jetzt von der Menschen-Therapie auf Pferde umsatteln will.
Ihre große Liebe gilt dem gegenwärtigen Zuchthengst des Gestüts, Malik. „Durch ihn hat sich meine Beziehung zu Pferden und dem Reitsport deutlich verändert. Früher stand für mich immer der sportliche Aspekt mehr im Vordergrund – heute ist es der partnerschaftliche“, erzählt Saskia. „Als er Zum Einreiten kam, war er noch Hengst. Zu der Zeit hatte ich jedoch, nach diversen schlechten Erfahrungen, eine regelrechte Hengst-Phobie. Also habe ich mit Malik ganz vorsichtig angefangen zu arbeiten, viel kleinere Schritte gemacht als sonst üblich und mir für die Grundausbildung sehr viel mehr Zeit gelassen als sonst. In dem Maß, in dem sein Vertrauen zu mir wuchs, schloss er sich mir immer mehr an, ist enorm lernbegierig, brav und unkompliziert zu reiten.“
Mittlerweile hat Saskia eine Reihe Zirkuslektionen mit Malik eingeübt, geht Distanzritte mit ihm – und wer die Beiden sieht, spürt genau: Das sind nicht Mensch und Pferd, sondern das ist ein Team. Ein Verhältnis also, das im arabischen Raum und unter Araber-Fans als das Besondere an dieser Rasse so sehr geschätzt wird: Menschenbezogenheit, Intelligenz, Eleganz, Leistungswillen bis zum Umfallen und unwandelbare Treue gegenüber dem Besitzer.
„Stallgeflüster“ / Elke Stamm