Jungpferdeaufzucht – Auf den richtigen Start kommt´s an
Noch bis vor einiger Zeit war die Fohlenaufzucht hauptsächlich den großen Gestüten vorbehalten, da sie durch ihre großen Weiden und Stallungen meistens über optimale Bedingungen verfügten und die Pferdezucht professionell im Haupterwerb betrieben.
So konnten die Youngsters artgerecht aufwachsen. Heute sieht es auf Grund der veränderten Situation ganz anders in der Pferdezucht aus. Mit Ausnahme von einigen großen Zuchtbetrieben und Landgestüten sind es überwiegend Liebhaber, die mit ein oder zwei Stuten züchten.
Deshalb ist es wichtig, dass sich die frischgebackenen stolzen Fohlenbesitzer mit den notwendigen Details auseinandersetzen, um den Youngsters einen möglichst optimalen Start in sein künftiges Pferdeleben zu ermöglichen.
In der Natur ist es so geregelt, dass die Stuten im Abstand von einem oder zwei Jahren ein Fohlen zur Welt bringen. Die Stutfohlen bleiben auch nach dem natürlichen Absetzen (dass etwa nach einem Jahr, bevor das nächste Fohlen fällt stattfindet) in der Herde und wachsen dort zusammen mit den anderen Stuten aus den verschiedenen Jahrgängen auf. Sie übernehmen in der Herde oft die Funktion einer „Tante“ und passen auf die kleinen Fohlen Ihrer Mütter, oder den Nachwuchs der anderen Stuten auf. Stutfohlen behalten oft ein Leben lang eine enge Bindung zu Ihren Müttern.
Die Hengstfohlen werden dagegen im Alter von 12 bis 18 Monaten bevor die Geschlechtsreife einsetzt, von dem Leithengst aus der Herde vertrieben und schließen sich zu „Junggesellengruppen“ zusammen.
Deshalb sollte jeder verantwortungsbewusste Pferdezüchter seine Hengstfohlen unbedingt in sogenannte „Junghengstgruppen“ zur Aufzucht geben. Hier lernen die „Halbstarken“ durch spielerische Rangordnungskämpfe am besten ihr natürliches Sozialverhalten.
Sie müssen innerhalb der Gruppe die Erfahrung machen, sich durchzusetzen und sich unterzuordnen. Diese Grundregeln, die wesentlich zur gesunden Wesensentwicklung des Jungpferdes beitragen, kann kein noch so umsorgter Mensch seinem Pferdenachwuchs beibringen.
Da die Fohlen im natürlichen Herdenverband immer etwa ein Jahr bei der Mutter bleiben, ist es enorm wichtig die Fohlen nicht zu früh abzusetzen, um daraus resultierende Verhaltensstörungen der Jungtiere zu vermeiden. Das oft praktizierte Absetzten der Fohlen im Alter von vier Monaten ist deshalb aus tierschutzrelevanten Gründen abzulehnen.
Um ungewollten Nachwuchs auszuschließen, sollte man die abgesetzten Fohlen spätestens mit einem Jahr nach Geschlechtern trennen.
Das Ausleben des angeborenen, natürlichen Herdenverhaltens eines Pferdes sollte in der erfolgreichen Aufzucht von Jungpferden beachten werden, um Fehler zu vermeiden die das Pferd in seiner Entwicklung schaden und oft ein Leben lang prägen und handicapen.
Die gute Aufzucht beginnt genau genommen schon mit der Planung des Fohlens. Wählt man den Decktermin der Stute zu früh, fällt das Fohlen zwar schon in den ersten Monaten des Jahres. Dadurch erhoffen sich manche Züchter Wettbewerbsvorteile, weil die Fohlen zur Fohlenschau bereits weiterentwickelt sind, als die der Konkurrenten, die Ihre Stuten erst im April oder Mai belegen lassen.
Allerdings haben diese frühen Fohlen in den ersten Monaten oft zu wenig Bewegungsmöglichkeiten und einen Vitaminmangel durch zu wenig Sonneneinstrahlung, weil sie auf Grund der Witterung im Stall gehalten werden und noch keinen dauerhaften Weidegang haben. Zusätzlich hat die Muttermilch durch den fehlenden Weidegang nicht die optimale Zusammensetzung, die das Fohlen zur gesunden Entwicklung benötigt. Außerdem hat sich der scheinbare Vorteil der ersten Lebensmonate schnell relativiert. Denn einem erwachsenen vierjährigen Pferd sieht man nicht mehr an, ob es im Januar oder im Mai des Jahres geboren wurde.
Die beste und natürlichste Haltungsform für Jungpferde ist die Aufzucht auf der Weide. Wenn das Futterangebot zu gering, oder das Wetter im Winter zu schlecht wird, hat sich die Gruppenhaltung in Laufställen mit angrenzendem Paddock bewährt.
Im ersten Winter ist eine ausgewogene Fütterung notwendig, um eventuell stressbedingte Wachstumsdefizite, die durch das Absetzen entstanden sind, auszugleichen. Da das Pferd mit einem Jahr bereits etwa 80% seines Größenwachstums erreicht hat, muss neben einem guten Grundfutter auch auf eine ausreichende Vitamin- und Mineralstoffversorgung geachtet werden.
Zweijährige Jungpferde benötigen in der Regel neben dem Weidegang nur wenig Zusatzfutter, da sie schon etwa 90% des Endgewichts erreicht haben.
Um frühzeitigem gesundheitlichen Verschleiß des Pferdes vorzubeugen sollte dem Jüngling genügend Zeit zum „Erwachsen werden“ gegeben werden. Das gilt sowohl für die notwendige körperliche, als auch für die geistige „Reife“.