Uta Gräf und Rolf Petruschke – zwei Pferdeleute im Dialog
Unter diesem Motto stand die Abendveranstaltung auf der Wintermühle, organisiert von Andrea Lauth in Kooperation mit dem Reitverein. Tipps und Anregungen für die Winterarbeit sowie zur Motivation der Vierbeiner sollte es an diesem Abend geben. Ein Thema, das ganz offensichtlich großes Interesse weckte, denn das Publikum war zahlreich und bunt gemischt. Da trafen sich Profis, Amateure, Richter, Anlagenbetreiber – eben alle die, die unmittelbar mit Pferden befasst sind.
Wer hier trockene Vorträge erwartet hatte, sah sich bitter enttäuscht – die Praxis stand im Vordergrund. So kommentierten Gräf und Petruschke die Vorstellung von Evelyn Eger, einer Auszubildenden im zweiten Lehrjahr mit der achtjährigen Stute Diva. Beim angekündigten Dialog zwischen ‚zwei Pferdeleuten’ blieb es hier allerdings nicht. Sowohl die Reiterin als auch das Publikum wurden in das Gespräch einbezogen, nachdem Evelyn die Stute im Schritt, Trab und Galopp vorgestellt hatte. Einig war man sich, dass sowohl die Reiterin als auch das Pferd ein wenig aufgeregt waren, vor so viel Zuschauern. Das Pferd knirschte mit den Zähnen und war ein wenig eng.
Mit viel Feingefühl gingen Gräf und Petruschke daran, diese Probleme auf der Stelle zu lösen. Die Veränderung von Zügelmaß und Weg – waren nur zwei einer ganzen Reihe guter Ratschläge, bei denen sich das Pferd vor den Augen der Zuschauer deutlich sichtbar entspannte und weniger knirschte. Petruschke bezog die Stangenarbeit, wie z.B. das Durchreiten einer Stangenschere, an der engsten Stelle angaloppieren, mit in die Arbeit ein. Uta Gräf ließ Schenkel weichen – aber nur so lange, bis das Pferd willig kreuzte. Nach jeder, im Ansatz gelungenen Lektion, wurde diese sofort beendet und mit langem Zügel belohnt. „Motivation ist: Nicht noch mal, wenn sich was verbessert hat“, so Gräf.
Im Anschluss daran stellte sich auch Uta Gräf mit einem ihrer Pferde den kritischen Augen von Fachkundigem Publikum und Rolf Petruschke. Auch ihrem Fünfjährigen waren die fremde Reithalle, das Publikum und vor allem die Bande nicht ganz geheuer. Petruschkes Trick: Innen visuelle Reize setzen. Kurzerhand nahm er einen Stuhl, stellte ihn in die Mitte und ließ Uta im Schritt daran vorbei reiten. Und siehe da: Auch diese Aktion war von Erfolg gekrönt. Als der Stuhl dann wieder verschwunden war, interessierte die Bande auch nicht mehr – ‚Pferd suchte nach dem Ding in der Mitte’. Petruschkes Fazit: „Schrittarbeit kann sehr nachhaltig sein, denn Pferde entspannen im Schritt.“ Sein Tipp: „Reiten Sie ruhig mal eine halbe Stunde Schritt. Und später am Tag noch einmal eine halbe Stunde.“
Nach der Pause ging es weiter. Jetzt standen die Themen Dehnung und Losgelassenheit im Vordergrund. „Der Dehnprozess kostet Kraft“, so Gräf und Petruschke unisono. „Dennoch ist Dehnung wichtig für Rückenmuskulatur und Losgelassenheit. Die Kombination aus tiefem Hals und der vorwärts schiebenden Hinterhand wölbt das Pferd im Rücken auf. Es entwickelt so die richtige Muskulatur, um sich später korrekt versammeln zu können. Deshalb arbeitet man daran, ein ‚kleines’ Dehnen zu entwickeln.“ Hilfreich dafür sind Spaziergänge am langen Zügel im Wald, im leichten Sitz rund zu galoppieren, im Gelände bergauf und bergab zu reiten oder auch mal Stangenarbeit mit in den Alltag einzubeziehen. „Das trägt in den Wintermonaten nicht nur zur Weiterentwicklung des Pferdes bei, sondern sorgt auch für ein abwechslungsreiches Programm, das Ihr Pferd motiviert“, so die abschließenden Tipps der beiden Pferdeleute.
„Stallgeflüster“ / Elke Stamm