Frauenpower an den Leinen
Bezirksmeisterschaft des RB Lahn-Dill, Kreismeisterschaft des KRB Marburg-Biedenkopf und die Vereinsmeisterschaft des Vereins zur Förderung des Fahrsports mit Pferden; Diese drei Fahr-Events ‚stiegen’ Mitte September in Schwalbach bei Wetzlar. Klar, dass ‚Stallgeflüster’ sich diesen Termin nicht entgehen lassen konnte – auch wenn gleichzeitig im Taunus die Bezirksmeisterschaft des BRB Lahn-Dill im Dressurreiten statt fand. Doch zum Pferdesport gehört bekanntlich mehr als nur reiten.
Und der Ausflug in das beschauliche Schwalbach war durchaus lohnend. Die Turnierleitung, Uwe Koch und Frank Söhngen hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Veranstaltung, zu einem Event auch für die Zuschauer zu machen. Und dieses war den beiden gelungen – trotz Doppel-Belastung, denn neben den organisatorischen Aufgaben starteten beide auch als aktive Fahrer.
Auf der weiträumigen, gepflegten Anlage traf ‚Stallgeflüster’ gleich drei vielversprechende Nachwuchstalente im Fahrsport. Da sind zunächst einmal zwei überaus erfolgreiche junge Damen zu nennen: Lena Hensel aus Wolferborn und Anne Unzeitig aus Beilstein. Anne ist erst vierzehn, aber das merkt man kaum. Die selbstbewusste junge Fahrerin ist seit Juli 2016 die neue Bundesnachwuchs-Championesse (U16) in der Klasse A, Einspänner Pferde. Mit mehr als sieben Punkten Vorsprung hatte sich Anne, die 2015 schon Zweite war, den Titel vor ihrem männlichen Wettbewerber aus Sachsen-Anhalt geholt.
Die Liebe zum Fahrsport liegt bei Anne in der Familie: Vater Adrian fährt auf internationalem Niveau, Mutter Anke Klasse S. „Ich reite, seit ich ganz klein bin“, erzählt uns Anne, die seit vergangenem Jahr auch Mitglied des hessischen Landes-Jugendkaders Einspänner Pferde ist. Dabei hat sie ihr Fahr-Abzeichen erst seit 2013. Doch obwohl sich die junge Dame auch reiterlich auf Turnierplätzen qualifiziert (Springen bis Kl. L, Dressur Kl. A), ging es im Fahrsport relativ rasch steil bergauf. Bereits 2014 qualifizierte sich Anne bei ihrem ersten A-Turnier für die Deutschen Meisterschaften und gewann die Bezirksmeisterschaften. Bei den hessischen Jugendmeisterschaften Kl. M belegte sie mit Papas Pferd Charmeur den zweiten Platz. Doch das Reiten gibt sie nicht auf. „Ich reite jeden Tag rund fünf Pferde“, berichtet sie. „Meine Stute Delina geht in diesem Jahr M-Springen, L-Dressur und A-Fahren.“ Doch trotz vielseitigem sportlichem Talent steht für Anne eines fest: „Die Schule geht vor.“ Derzeit besucht sie die elfte Klasse auf dem Gymnasium und wird in absehbarer Zeit ihr Abitur machen.
Eine weitere erfolgreiche Nachwuchs-Fahrerin treffen wir gleich darauf: Lena Hensel. Die fünfzehnjährige fährt mit ihren Pony-Zweispänner in den Klassen A und M, war bei den Deutschen Jugendmeisterschaften (U 16) in diesem Jahr dritte und 2014 hessische Meisterin. Auch Lena, ebenso selbstbewusst wie Anne, kommt aus einer Fahrer-Familie. „Wir haben viele Pferde zu Hause, schließlich fährt unsere ganze Familie.“ Erste Turnier-Erfahrungen sammelte die Realschülerin mit einem Shettland-Gespann bereits mit acht Jahren. Zunehmend größer geworden, stieg sie um auf Welsh A und spannt jetzt Welsh A x Reitpony an. Am heutigen Wochenende ist sie allerdings nicht als Aktive auf dem Turnierplatz, sondern genießt die Atmosphäre und die Fachsimpeleien unter den Fahrer-Kollegen.
Ganz anders als die beiden Mädels kommt das dritte Nachwuchstalent im Fahren nicht aus einer Pferde-Familie. Der sechzehnjährige Leon Reinhardt aus Wilsbach ist ein so genannter Spät-Einsteiger. Dennoch – auch hier hatte die Familie einen gewissen Einfluss. Leon kam durch seinen Vater zum Pferdesport. Der hatte einen Fahrkurs belegt, als Leon noch ritt. Da fand dann auch der Sohn diesen Sport ganz spannend, legte 2012 sein Fahrabzeichen ab und fuhr 2013 das erste Turnier. Und auch hier ging es rasch steil bergauf: Bereits bei den Bezirksmeisterschaften 2013 belegte Leon mit seinem Pony-Zweispänner in der Kl. A den ersten Platz und wurde auch 2014 und 2015 Bezirksmeister mit dieser Anspannung in dieser Klasse – eine Serie, die er in diesem Jahr erfolgreich auf Platz zwei fortsetzte.
Anders als die Mädels, die beide noch die Schule besuchen, hat Leon sein Hobby bereits zum Beruf gemacht. Er hat einen Ausbildungsplatz am Landgestüt Marbach und möchte langfristig seinen Traum verwirklichen: Vierspänner fahren.
Da kann ‚Stallgeflüster’ den drei erfolgreichen Nachwuchstalenten nur viel Glück bei der Verwirklichung ihrer Zukunftsträume wünschen … und vielleicht später einmal nachfragen, was daraus geworden ist. „Stallgeflüster“ / Elke Stamm