76 Jahre – und noch immer gut in Fahrt, oder: Gekonnt ist gekonnt
Am ersten Oktober-Wochenende fand in Dillenburg zum dritten Mal das bundesweit ausgeschriebene Kaltblut-Fahrturnier in Dillenburg statt. Ausschließlich die „Dicken“ dürfen sich hier gegeneinander messen – ohne „warmblütige“ Konkurrenz. Ausgerechnet der älteste Fahrer auf diesem Turnier, Helmut Trumpfheller, hängte im Hindernisfahren die deutlich jüngere Konkurrenz haushoch ab – und das im Dressurwagen.
Gekonnt ist eben gekonnt – Helmut Trumpfheller fährt bereits seit seinem vierzehnten Lebensjahr. Allerdings zunächst nicht im Sport, sondern bei der täglichen Arbeit in der Landwirtschaft. „Unsere Felder in Michelstadt im Odenwald haben wir in meiner Jugend alle noch mit dem Pferd bearbeitet“, erzählt der Senior-Fahrer. Den eigentlichen Pferdesport begann der Landwirt zunächst im Sattel. „Ich bin in meinem Leben genug gefahren“, antwortete Trumpfheller denen, die vorschlugen, statt des Reitens lieber anzuspannen.
Doch nach und nach lockte der Fahrsport denn doch. Zuerst waren es die Warmblüter, die angespannt wurden – dann setzte sich jedoch die Liebe zum Kaltblut bzw. zu den Schwarzwäldern durch. Die beiden Pferde, die in Dillenburg das Hindernisfahren gewannen, sind Reto, heute zehn und Felix, elf Jahre alt. Beide Pferde hat Trumpfheller selbst eingefahren und behauptete sich mit dem Gespann sieben Jahre lang erfolgreich im Fahrsport – auch unter den Warmblütern.
In diesem Jahr allerdings war aus gesundheitlichen Gründen zunächst Pause angesagt: Felix und Reto hatten von Frühjahr bis Sommer Koppelzeit auf dem Michaelshof, einer Reitanlage im Odenwald, die von Tochter Nora Wörz geleitet wird. „Eigentlich sollte ich auch in Dillenburg nach zwei Operationen gar nicht starten“, erzählt der 76jährige. „Aber das habe ich nicht ausgehalten – es war mir ein Herzensbedürfnis dort zu fahren.“
Neben Felix und Reto hat der leidenschaftliche Fahrer noch drei weitere Schwarzwälder auf der Reitanlage. Zu besonderen Anlässen, wie beispielsweise einer Hochzeit, spannt Trumpfheller neben Reto und Felix auch Helena (20) und Wido (13) an. „Der Schwarzwälder-Vierspänner ist schon ein schönes Gespann“, stellt der Senior, der gerade den Boden der Reithalle auf dem Michaelshof für den Kinder-Unterricht bearbeitet hat, fest. Apropos Kinder-Unterricht: Felix geht nicht nur im Gespann, sondern wird auch geritten.
In Dillenburg bewies Trumpfheller – trotz Zwangspause und wenig trainierten Pferden – jedoch eines: Zum Fahren gehört nicht nur Training, sondern vor allem auch Erfahrung und Können. Damit gelangte der Senior in der Gesamt-Wertung, die sich aus Dressur, Hindernisfahren und Zugleistung zusammensetzt, auf den zweiten Platz. Und im IGZ Hessen Cup, einem Parallel-Standard-Hindernisfahren, bei dem sich in zwei parallel aufgebauten Hindernisparcours zwei Gespanne jeweils gleichzeitig messen, verwies er den als flotten Fahrer bekannten Uwe Hilleke mit dessen Rheinisch-Deutschen Stuten auf den zweiten und das Freiberger-Gespann des Driedorfers Wolfgang Kohlen auf den dritten Platz.
„Stallgeflüster“ / Elke Stamm