Grandiose Veranstaltung: Die Heppenheimer Kaltblutschau
Wie bei einem Volksfest, so sah es in Heppenheim auf dem Europaplatz aus.
Ein riesiger Parkplatz, voll mit Autos und Menschen-Schlangen, die sich auf dem kurzen schmalen Feldweg in Richtung Reitanlage des Heppenheimer Reit- und Fahrvereins schlängelten. Groß und Klein, Jung und Alt waren hier an einem sonnigen Sonntag Mitte Juni unterwegs. Erwartungsvolle, fröhliche Gesichter rundherum, die Kinder gleich an den Ständen mit Zuckerwatte und Süßigkeiten, während die Erwachsenen lieber noch einmal nach einem passenden Hut oder Gürtel schauten.
Doch direkt hinter den vielen Verkaufsständen, die den Weg zum eigentlichen Reitplatz säumten, da blieben fast alle hängen: Dort standen die Gast-Pferde dieses Tages. Unter ihnen viele iberische Pferde, aber auch amerikanische Morgans, Haflinger, Ponys, Noriker und last but not least die absoluten Lieblinge der Kinder, die flauschigen, sanften Riesen, die Shire Horses und Clydesdales mit ihren wallenden Mähnen. Wem es gelungen war, sich selbst oder viel schwieriger, die Kinder, aus dem Paddock-Viereck zu lösen und großen Reitplatz erreichte, brauchte schon ein wenig Findigkeit, um ein möglichst gutes Blickfeld auf die ‚Bühne‘ zu finden.
Viele Zuschauer hatten sich bereits bei Beginn der Veranstaltung am frühen Vormittag ‚ihre‘ Plätze an den Biertisch-Garnituren gesichert – da blieb für manchen ‚Spätankömmling‘ nur noch die Hoffnung auf Leute, die gehen oder sich mit einem Stehplatz zufrieden zu geben. Eine Variante die viele klaglos annahmen – denn das, was hier geboten wurde, ließ schmerzende Füße und Beine komplett vergessen. Zwar waren die Akteure nahezu alle schon am Vormittag zu sehen gewesen – doch der Nachmittag brachte ohne Pause ein Highlight nach dem nächsten, kaum zu glauben, was man mit Pferden so alles machen kann.
Zunächst zeigte die Rettungshundestaffel des Deutschen Roten Kreuzes, zu welch erstaunlichen Leistungen auch die kleinsten Hunde fähig sind und begeisterten mit ihrer Sucharbeit das Publikum.
Gleich darauf ein weiterer, wie ‚Stallgeflüster‘ meint, Höhepunkt: Corinna Stirmlinger und Partnerin im Tanz mit der Garrocha. Da tat das Grußwort des Bürgermeisters richtig gut, war es doch eine kleine Pause für die Augen. Danach folgte die erlesene Quadrille der ‚Schwarzen Perlen‘, und Ursel Wiegand stellte ihre frei arbeitenden Morgans vor. Hierbei allerdings das Tüpfelchen auf dem ‚i‘: Voltigieren auf einem freilaufenden Pferd. Und weiter ging die Schau mit den Haflingern Bödi und Sandy, denen es mit ihrer Oktoberfestgaudi gelang, das Publikum zum Rasen zu bringen.
Ruhiger wurde es dann wieder bei der Zirzensik-Vorführung mit Friesen, die dann abgelöst wurden von drei Kaltblütern (Rheinisch-Deutsch, Schwarzwälder und Freiberger), die Geschicklichkeit, Wendigkeit und Unerschrockenheit ihrer Rassen im Trail unter Beweis stellten. Ein bemerkenswertes Bild, wenn ein Kaltblut eine Wippe ausbalanciert.
Nach Kraft und Tempo als nächstes wieder Schönheit pur: ‚Ein Traum in Weiss‘ – Bodenarbeit mit einem Schimmel-Pony und -Pferd, gefolgt von dem Pas de Deux der ‚Schwarzen Perlen‘. Im Anschluss an Ruhe und Schönheit nun wieder Action pur: Die spektakuläre Feuershow des Teams Allegria, der wiederum ebenso spektakulär die Schönheit und Harmonie in einem Pas de Trois des Reitinstituts Zimmermann mit ihren klassisch-barock gerittenen Lusitanos folgte.
Schließlich und endlich die Quadrille der sechs Shire und Clydesdales. Martialisch ausgestattet, vermittelten sie, wozu sie gezüchtet wurden: Im Krieg die Ritter zu tragen und den Gegner zu schrecken.
Dagegen wirkten die Pferde aus dem Schaubild des Vereins für iberische Pferde bei ihrer temperamentvollen Vorführung geradezu klein – übrigens nicht nur gegenüber den ‚Giganten‘ unter den Pferden, sondern auch gegenüber den Norikern, mit denen Peter Giegerich und Alexander Vinken, den Zuschauern eine Anmutung von der Alltagsarbeit im Wald vermittelten. Als dann schließlich gegen Abend die Ritter der Staufersaga im Kampf mit den Reitern der Shire Horses und Clydesdales den Tag beendeten, fiel es schwer zu sagen, welche Vorführung hier der Höhepunkt gewesen war. Unser Fazit: Die ganze Kaltblutschau gehört in Hessen zu den Höhepunkten der Veranstaltungen, denn sie zeigt die unglaubliche Vielfalt von Pferderassen, die in Deutschland mittlerweile vertreten sind und gibt Einblick in die unterschiedlichsten Arbeits- und Reitweisen.
„Stallgeflüster“ / E. Stamm