Mustang Leo: Die wundersame Wandlung
Etwas über vier Wochen ist es her, dass ‚Stallgeflüster‘-Redakteurin Elke Stamm den Mustang Leo zuletzt in Liederbach besuchte.
Er gehört zu den zweiundzwanzig Wild-Pferden, die aus den USA kamen und hier innerhalb von 90 Tagen für das Mustang Makeover in Aachen vorbereitet werden sollen. Bis zu ihrer Landung in Frankfurt hatten sie kaum menschlichen Kontakt.
Mustang Leo tat sich zunächst nicht ganz leicht mit der ‚Zivilisation‘, Anfassen lassen, Hufe aufnehmen – all das waren Dinge, die er zwar über sich ergehen ließ, aber Wachsamkeit und ein gewisses Misstrauen waren nicht zu übersehen.
Es ist bei unserem dritten Leo-Besuch wieder ein brüllend heißer Tag im Rhein-Main-Gebiet. Leo ist nun seit Mai bei Luck Teunissen. Die Redakteurin kommt ein wenig zu früh in Liederbach an, denn der einkalkulierte Stau auf der Autobahn war ausgeblieben. Also auf, zu dem Paddock, auf dem Leo steht. Doch der ehemalige Paddock existiert nicht mehr – kein Leo weit und breit. Nun denn, suchen wir erst einmal Luuk Teunissen. Es ist so heiß hier in Liederbach, dass sich die Stallgeflüster-Redakteurin erst einmal auf eine schattige Bank vor Luuks Boxen-Reihe fallen lässt und wartet. Schließlich wird er ja sicher von selbst hier auftauchen. Da, ein Rascheln hinter mir. Da steht doch tatsächlich ein ‚blondes‘ Pferd in der Box. Ich stehe auf und das ‚Blondie‘ schaut neugierig heraus, kräuselt bei meinem Anblick leicht die Nüstern und begrüßt mich mit einem leisen, freundlichen Wiehern. Das ist Leo, ganz eindeutig, auch wenn ich das nicht glauben will. Rasch rufe ich mir das Tier von vor vier Wochen ins Gedächtnis, denn beinahe wäre ich nach dieser freundlichen Einladung zu ihm gegangen und hätte ihn gestreichelt.
Dann kommt Luuk. Nach der Begrüßung holt er ein Halfter, nimmt Leo völlig selbstverständlich aus der Box und bindet ihn davor an. Hier fahren noch Autos vorbei, teilweise mit Anhänger, das stört weder Leo noch Luuk. Ordentlich putzen, Hufe der Reihe nach säubern, Leo hält die Füße hin, wie eine Dame bei der Pediküre. Er genießt die Pflege ganz offensichtlich.
Schließlich kommt der Sattel, die Trense – alles ganz normal. Binnen kürzester Zeit ist Leo arbeitsfertig und geht mit Luuk über den Hof. Als ich ihn vor Wochen besuchte, fuhr er noch im Anhänger zum Roundpen, weil Luuk befürchtete, dass er sich losreißen und auf der in unmittelbarer Nähe gelegenen Autobahn landen könnte.
Als wir den Roundpen erreichen, regnet es gerade – die Sprinkler-Anlage läuft auf vollen Touren. Luuk und Leo gehen zum Verteiler-Kasten und beenden den Regen.Dass dabei eine angelehnte Mistgabel umfällt, interessiert niemanden so wirklich.
Ob Leo sich denn schon reiten lässt? „Ja, ich reite ihn jetzt seit genau neun Tagen“, erzählt uns der Trainer. Leo und Luuk haben gemeinsam eine Woche Strand-Urlaub in Holland gemacht. „Da habe ich viel Zeit für ihn gehabt, habe ihn täglich geritten und er konnte auch mal laufen. Hier longiere ich ihn erst ab, dann setzte ich mich drauf.“ Gesagt, getan. Stallgeflüster-Redakteurin Elke Stamm darf sich davon überzeugen, dass Luuk Teunissen zwar vorsichtig, wie bei einem jungen Pferd üblich, aber ansonsten ganz normal auf den treu und brav da stehenden Leo steigt. Und das Reiten, das klappt für die neun Tage unter dem Sattel schon richtig gut. Was für eine Wandlung!
„Im Anschluss an unseren Urlaub waren wir auch in Aachen auf dem CHIO. Dort haben insgesamt fünf Trainer ihre Mustangs vorgeführt und Leo war einer der besten. Er hat sich überhaupt nicht am Publikum gestört – ich konnte alles so abrufen, wie zu Hause“, erzählt uns Luuk ein wenig stolz. In der nächsten Woche fahren die beiden zur Eurocheval nach Offenburg und werden dort ihre Fortschritte präsentieren.
Doch zuvor werden die beiden heute Abend noch, wenn Leo sich ausgeruht hat und nach einem kühlen Bad in der Abspritzbox wieder getrocknet ist, ausprobieren, wie das mit dem Springen klappt. Schade, dass die ‚Stallgeflüster‘-Redakteurin Elke Stamm da schon wieder am Schreibtisch sitzen muss.
Das große Event in Aachen
Mustang Leo: Glück im Unglück?
‚Stallgeflüster-Redakteurin‘ E. Stamm besuchte Leo und Luuk in ihrem zeitweiligen zu Hause in Aachen. Doch welche Enttäuschung!
Die beiden, die so toll zusammengewachsen sind, durften nicht an der Trainer-Challenge teilnehmen, denn Leo ging ‚nicht ganz klar‘. Man sah es kaum, und es stand auch nicht fest, was er hatte. „Vielleicht ist ihm das alles in den letzten Wochen ein wenig viel geworden“, meinte Trainer Teunissen und wollte zunächst einmal abwarten.
Leo kam also nicht zur Auktion.
Dennoch, in der Abschlussrunde der Trainer-Challenge durften die Beiden sich im Schritt präsentieren. Und Leo bewies inmitten der vielen Menschen und des Lärms, dass er viel gelernt hat und seinem Trainer voll vertraut.
So war also die Chance auf ein neues zu Hause bei anderen Menschen zunächst vertan. Doch vielleicht ist es auch ein Glück für Leo: Kurz vor Redaktionsschluss fragte ‚Stallgeflüster‘ bei Luuk Teunissen nach und erfuhr: „Wenn alles klappt, kaufe ich Leo selbst.“
Ende gut, alles gut? Es wäre sicher ein großes Glück für den wilden Mustang, wenn er bei dem Menschen bleiben dürfte, zu dem er in so kurzer Zeit so viel Vertrauen gefasst hat: Bei Luuk in Liederbach. Letztendlich entscheidet das wieder mal das liebe Geld. Luuk Teunissen: “Es ist eine rein finanzielle Frage.“
„Stallgeflüster“ / E. Stamm